Fachkräftemangel

Welcher Fachkräftemangel? Viele Chefs würden sich gerne von Mitarbeitern trennen.

Helge Weinberg
Helge Weinberg

von Helge Weinberg

Eine Pressemitteilung der Unternehmensberatung Baumann nehme ich zum Anlass, über Führung und Employer Branding zu schreiben. Hier die Meldung (in Auszügen):

“Rund 60 Prozent der Vorgesetzten in deutschen Unternehmen würden sich gern von einem Teil ihrer Mitarbeiter trennen, wenn dies rechtlich möglich wäre… 45 Prozent der Chefs würden bis zu zehn Prozent ihrer Mitarbeiter kündigen, elf Prozent würden sogar zehn bis 25 Prozent ihrer Untergebenen austauschen…

…Nicht einmal die Hälfte der Manager glauben, über die richtigen Mitarbeiter zu verfügen, um ihre Zielvorgaben zu erreichen. 52 Prozent der Befragten geben an, nur teilweise die geeignete Unterstützung zu haben.

 

Schuld sind die Mitarbeiter?

Dr. Michael Faller, Geschäftsführer der Baumann Unternehmensberatung Executive Search: “Führungskräfte dürfen die Verantwortung für unzureichende Ergebnisse nicht ausschließlich bei den Mitarbeitern suchen.” Schließlich haben sie selbst Einfluss auf die Auswahl der Mitarbeiter und auch auf das Erreichen der Zielvorgaben. Wichtig sei es, großen Wert auf die richtigen Auswahlverfahren zu legen…

…Auch bei Minderleistungen ihres Teams sollten Führungskräfte nach ihrem eigenen Anteil forschen… Stattdessen neigt ein Großteil der Befragten zu einem sehr positiven Selbstbild. So sehen sich acht von zehn Vorgesetzten als Vorbild für ihre Mitarbeiter. Nur sehr selten fühlen sie sich als Führungskraft überfordert: 23 Prozent geben an, den Herausforderungen immer gewachsen zu sein, 73 Prozent sagen “meistens”. Diese Aussagen stehen im Kontrast zu vielen Umfragen, bei denen Mitarbeiter ihre Chefs einschätzen…“

59 Prozent der Young Professionals wollen Job wechseln

Annekatrin Buhl
Annekatrin Buhl

Mein Kommentar: Unternehmen und Verbände beschweren sich täglich über den Fachkräftemangel. Es gibt sehr viele Studien über die Erwartungen von Bewerbern und Mitarbeitern an die Arbeitgeber.

 

Laut dem Young Professional Barometer 2014 des trendence Instituts beispielsweise wollen 59 Prozent der Young Professionals in den kommenden zwei Jahren ihren Job wechseln. Darüber hatte ich unlängst in meinen Blog geschrieben. http://blog.helge-weinberg.de/2014/fast-60-prozent-der-young-professionals-wollen-den-job-wechseln/ Zitat:

Am unzufriedensten sind die Young Professionals bei ihrem jetzigen Arbeitgeber mit dem Gehalt, es folgen die Karriereperspektiven, aber auch der Führungsstil”, so Annekatrin Buhl von trendence.

 

(Quelle: Trendence)
(Quelle: Trendence)

Der Führungsstil ist ein Hauptgrund für Kündigungen

Wenn es einen Grund gibt, warum Menschen ein Unternehmen verlassen, dann ist es der Führungsstil. Das fängt bei den Azubis an, die wegen des Ausbilders / der Ausbilderin die Ausbildung abbrechen, das geht weiter zu den Professionals, die ausnahmslos ALLE ein gutes Betriebsklima erwarten.

In den Unternehmen scheinen immer noch die Führungskräfte in der Überzahl zu sein, die sich völlig unreflektiert als Vorbilder sehen. Sie alle sollten sich einmal den Gallup Engagement Index anschauen und dann gründlich nachdenken. Die Mitarbeiter sollte man austauschen? Das ist ein Luxus in Zeiten des Fachkräftemangels. Dieser Mangel scheint bei vielen Führungskräften mental noch nicht verankert zu sein.

57 Prozent der Young Professionals erhielten Jobangebote anderer Unternehmen

Ein weiteres Zitat aus meinem Bericht zum Young Professional Barometer:

“57 Prozent der Befragten bekamen in den letzten zwölf Monaten von anderen Unternehmen ein Jobangebot unterbreitet? Wenn man das als Unternehmer liest, dann sollten die Alarmglocken angehen. Das scheint nicht der Fall, sonst würden die meisten Unternehmen eine Employer Branding-Kampagne fahren, neue Führungskonzepte einführen und Personalbindungsprogramme auflegen. Das tun auch gar nicht so wenige Unternehmen, doch die große Masse scheint noch abzuwarten.”

Employer Branding bringt nichts?

Ich muss zugeben, mit der letzten Aussage könnte ich mich getäuscht haben. Denn die große Masse scheint nicht abzuwarten, die gibt schon wieder auf. Dies zumindest scheint eine Studie von LinkedIn anzudeuten. Laut den Global Recruiting Trends 2014 http://www.presseportal.de/pm/64022/2852871/recruiting-trends-2014-employer-branding-ist-gleichzeitig-prioritaet-und-sorgenkind-nummer-1-unter klagen Unternehmen darüber, dass Employer Branding gleichzeitig Priorität und Sorgenkind Nummer Eins unter Personalern sei. Gegenüber 2013 sei das uneingeschränkte Vertrauen in das Konzept um fast zehn Prozent gesunken (von 84 auf 75 Prozent). Warum wohl?

Wenn ein Unternehmen das eigene Führungskonzept nicht wohlwollend-kritisch auf den Prüfstand stellt, wenn es seine Mitarbeiter für untauglich hält – und die Führungskrafte im Umkehrschluss für sehr tauglich, dann kann es Employer Branding für dieses Unternehmen glatt vergessen. Die Arbeitgebermarke wird von Innen aufgebaut und von Innen getragen. Das Vertrauen der Personaler in Employer Branding sinkt, weil es am Willen zur Veränderung fehlt. Ohne Veränderungen im Unternehmen wirken Arbeitgebermarken oft nicht. Soweit auch zum Leidensdruck in Sachen Fachkräftemangel.

Über den Autor

Helge Weinberg ist Berater, Blogger und Journalist aus Hamburg. Seine Agentur Strategie & Kommunikation ist spezialisiert auf Strategische Kommunikation und Arbeitgeberkommunikation / Personalkommunikation. Darüber schreibt er auch als Blogger (http://blog.helge-weinberg.de/) . Er ist Korrespondent Hamburg / Norddeutschland des PR-Journals und Mitglied der Redaktion des Crosswater Job Guide.

 

 

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