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Gehirnwäsche Arbeitsamt: Arbeitslose klagen an – Torsten Montag im Interview

Torsten Montag

Torsten Montag war viele Jahre lang als Existenzgründerberater tätig und begegnete während dieser Jahre vielen Menschen, die von der Arbeitsagentur zu ihm geschickt worden waren, um auf ihrem Weg zur Selbstständig begleitet und beraten zu werden. Dabei hörte er viele schlimme Geschichten von den Arbeitsagenturen, wodurch seine Idee für sein Onlineprojekt arbeitslosengeld-2.de reifte. Seit 2012 berät er nicht mehr, sondern konzentriert sich ausschließlich auf seine Onlineprojekte und hat sein erstes Buch im Eigenverlag herausgebracht: „Gehirnwäsche Arbeitsamt: Arbeitslose klagen an – 77 Schikanen der Arbeitsagentur“. Heute steht er uns im Interview Rede und Antwort.

Herr Montag, wodurch reifte bei Ihnen der Entschluss, sich über Ihre Website und Ihr neues Buch für schlecht behandelte Arbeitslose einzusetzen?

Im Laufe der Jahre meiner Tätigkeit als Existenzgründerberater habe ich viele Menschen getroffen, die von der Arbeitsagentur zu mir kamen. Sie erzählten mir teilweise haarsträubende Geschichten, die sie mit der Arbeitsagentur selbst, mit ihren „Beratern“ oder in Bildungsmaßnahmen erlebt hatten. Auch als ich in Kursen für Arbeitslose bei den Bildungsträgern der Arbeitsagentur unterrichtet habe, erlebte ich vieles, das in moralischer Hinsicht sehr verwerflich ist. Die Arbeitslosen werden behandelt wie Tiere oder Menschen zweiter Klasse und werden schikaniert und ausgenutzt, wo es nur geht.

Damals reifte in mir der Entschluss, dass jemand auf diese Missstände aufmerksam machen muss. Dies wollte ich mit meinem Blog arbeitslosengeld-2.de erreichen und ich denke, das ist mir auch gelungen. Um diese vielen Schikanen auch Menschen zugänglich zu machen, die vielleicht im Internet nicht so firm sind oder gar nicht über einen Computer mit Internetanschluss verfügen, habe ich die haarsträubendsten Geschichten aus unserem Blog ausgewählt und sie in Form meines neuen Buches „Gehirnwäsche Arbeitsamt“ veröffentlicht.


Wurde eigentlich überprüft, ob die Erzählungen der Betroffenen in Ihrem Buch tatsächlich der Wahrheit entspringen?

Eine Überprüfung von unserer Seite kann an dieser Stelle gar nicht erfolgen, da die meisten Betroffenen ihre Geschichten anonym posten – sonst müssten sie ja eventuell sogar mit Sanktionen seitens der ARGE rechnen. Davon abgesehen wollen wir solche Kontrollen auch gar nicht durchführen, denn die Erzählenden haben bereits so viel durchgemacht und erlebt – das letzte, was sie brauchen können, ist wieder einmal jemand, der ihnen nicht glaubt.

Wir können natürlich nicht ausschließen, dass einzelne Nutzer von arbeitslosengeld-2.de ihre Geschichten etwas übertrieben und „ausgeschmückt“ haben. Allerdings zeigt dies nur allzu deutlich, wie groß der Ärger über die Arbeitsagentur teilweise ist. Und selbst wenn einmal eine Geschichte nicht echt sein sollte, ist dies angesichts der Vielzahl an wahren Geschichten kaum mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Ich denke, unser Ziel, die Probleme mit der Arbeitsagentur und den Bildungsträgern an den Pranger zu stellen, erreichen wir auf jeden Fall.

Welche Geschichten, die auf arbeitslosengeld-2.de geschildert wurden, empfanden Sie persönlich als am schlimmsten und haarsträubendsten?

Es gibt dort sehr viele Schicksale, die mich betroffen gemacht haben. Insbesondere wenn Kinder, Behinderte und Kranke von der Arbeitsagentur abgewiesen oder schlecht behandelt werden, steigt in mir die Wut hoch. So hatten wir hier beispielsweise die Erfahrungsberichte eines Epileptikers, dem die Gelder für den Kauf von Medikamenten verweigert wurden, oder einer Mutter mit schwerbehindertem Kind, der empfohlen wurde, das Kind in einem Heim unterzubringen. Da fragt man sich wirklich, was aus dem deutschen Staat noch werden soll, wenn in solchen Fällen so rücksichtslos vorgegangen wird.

Herr Montag, bitte ziehen Sie einmal ein Resümee über die vielen Geschichten, die auf Ihrer Seite und in Ihrem Buch veröffentlicht wurden: Was stößt den meisten Betroffenen sauer auf?

Natürlich sind die Fälle insgesamt sehr unterschiedlich. Es fällt dennoch auf, dass Langzeitarbeitslosen offenbar nichts zugetraut wird und sie wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Insbesondere die Tatsache, dass es den Beratern nicht um die Lösung von Problemen, sondern vielmehr um die Erfüllung von Quoten und Statistiken geht, fällt negativ auch. Warum sollte den Leuten geholfen werden, einen Job zu finden, wenn man sie stattdessen in sehr teure und ebenso nutzlose Bewerbungstrainings oder EDV-Kurse stecken kann?

Wie würden Sie die Arbeit in den Arbeitsagenturen gestalten, wenn Sie sie beeinflussen könnten?

Leider kenne ich die internen Strukturen der Arbeitsagenturen zu wenig, um diese Frage qualitativ beantworten zu können. Insgesamt würde ich jedoch ein zielgerichteteres Verhalten vorschlagen. Statt die Arbeitslosen in beliebige, nutzlose Schulungen zu stecken, nur weil der Weiterbildungskatalog eben gerade nichts anderes hergibt und den Statistiken Genüge getan werden muss, sollte eine Bedarfsanalyse durchgeführt werden und eine gezielte Weiterbildung in Richtung Arbeitskräftebedarf am Arbeitsmarkt vorgenommen werden. EDV-Kurse und Bewerbungstrainings sind nutzlos, da sie die Arbeitslosen beruflich gesehen nicht weiter bringen. Stattdessen sollten Umschulungen zu gesuchten Berufen angeboten werden, die später auch tatsächlich Berufschancen bieten. So könnte den Arbeitslosen tatsächlich geholfen werden, statt sie ständig nur von A nach B zu schieben und dabei Gelder zu verschwenden.

Was ist für die Zukunft geplant?

Aktuell arbeiten wir an einer Kooperation mit einem Verein, der Kinder aus Hartz-4-Brennpunktfamilien eine Chance gibt. Dieser Verein holt die Kinder von der Straße und bietet ihnen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, damit sie so etwas wie ein Miteinander erleben. Zukünftig werden die Erlöse aus dem Verkauf meines Buches an diesen Verein gespendet, sodass er seiner Sache noch besser nachgehen kann.

Herr Montag, vielen Dank für dieses informative und spannende Interview!

Kontakt:
Torsten Montag
Am Heidendolch 5
37351 Dingelstädt

Tel.: 036075 – 589 533
www.clever-clogs.de

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