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Argumentieren Sie nicht, fordern Sie

Matthias Schranner (Foto: Gisela Schenker)
Matthias Schranner (Foto: Gisela Schenker)

Verhandlungsprofi Matthias Schranner spricht beim Managerinnennetzwerk EWMD in der Helaba über Verhandeln im Grenzbereich

Volles Haus bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in Frankfurt. Sie hatte zusammen mit dem Managerinnennetzwerk EWMD eingeladen, um mit dem Verhandlungsprofi Matthias Schranner über Strategien für erfolgreiches Verhandeln in schwierigen Situationen zu diskutieren. Schranner, der jahrelang mit Geiselnehmern und Bankräubern verhandelt hat, gab auf amüsante Weise seine Strategien und Taktiken weiter.

Dabei hob er auch auf unterschiedliche Verhandlungssettings bei Männern und Frauen ab und erklärte, warum es wichtig ist, Angreifehrtypen von Fluchttypen zu unterscheiden. EWMD Rhein-Main-Sprecherin und Abteilungsleiterin bei der Helaba, Katja Roth, betonte, dass Verhandeln ein ideales Thema für eine gemeinsam Veranstaltung mit der Helaba sei. „Hier bieten wir als EWMD den Frauen ein essentielles Karrierethema an und öffnen zugleich den Kreis für Unternehmen, denen Gender-Kompetenzen wichtig sind.“

 

EWMD
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Helaba-Personalleiter Karsten Bich sieht genau darin große Chancen: „Geschlechtervielfalt braucht Strategien und Maßnahmen in den Unternehmen, aber es ist auch ein Kultur- und Diskursthema. Mit dem Thema „Verhandeln und Durchsetzen“ lässt sich wunderbar über das Zusammenspiel von männlichem und weiblichen Verhandlungsstrategien – angeleitet von einem Profi – diskutieren.“

 

Wie nun erfolgreiche Verhandlungen zu führen sind, darüber berichtete Matthias Schranner anhand vieler, plastischer Beispiele. Dabei hob er hervor, dass das vermeintlich Selbstverständliche nicht systematisch genug betrieben werde: nämlich klare Verhandlungsziele, -Strategie und -Taktik. Alle Forderungen müssen vorab klar sein und sollten so ausführlich wie nur denkbar und schriftlich niedergelegt werden: Die Forderungsliste sollte so viele Forderungen wie möglich enthalten, dabei in Kategorien geclustert und nach Prioritäten verhandelt werden. Klar sein sollte auch, wo die eigene Schmerzgrenze in der Verhandlung liegt.

 

„Ganz schlecht, wenn Sie erst in der Verhandlung darüber nachdenken. Wie weit Sie bei Zugeständnissen gehen können, das muss vorher exakt festliegen. Ihre Schmerzgrenze sollten Sie aber keinesfalls ihrem Gegenüber nennen“ fügt Schranner süffisant an. Im Laufe des Abends zeigte er viele Beispiele aus Verhandlungen mit Erpressern, Entführern, aber auch aus Institutionen der Politik. Er sensibilisierte für Hürden und Herausforderungen und bezog bei der Lösungsfindung die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. So entstand eine sehr lebhafte praxisnahe Diskussion.

 

Verhandlungsprozesse: Drei Phasen

Für die Verhandlung selbst sind drei Phasen zu unterscheiden. Die kognitive Phase, in der man zur Sache kommt, scheint der vermeintlich wichtigste Teil zu sein. Schranner macht darauf aufmerksam, dass dieser Teil aber erst als Phase zwei um Tragen kommt. Für den Erfolg und gerade in schwierigen Situationen sei vielmehr die erste, affektive Phase entscheidend. Häufig seien Verhandler aber nur kognitiv gut eingestellt. Der einleitenden affektiven Verhandlungsphase werde zu wenig Bedeutung beigemessen. Dabei entscheide sich dort oft schon die Verhandlung. Wer sich am Anfang unklar, schwächelnd zeigt, oder auch massiv Druck macht, hat verloren, so Schranners Erfahrung. Auch sei es wichtig zu unterscheiden, ob man noch im einleitenden Gespräch sei oder schon in der Verhandlung.

 

Während man im Gespräch noch argumentieren kann, haben in der eigentlichen Verhandlungsphase Argumente keinen Platz mehr. „Wer in der Verhandlung argumentiert, stößt auf Gegenargumente. Stattdessen müssen Sie Ihre Forderungen auf den Tisch bringen. Das heißt aber nicht Druck aufbauen und mit der Brechstange vorgehen. Ein konjunktivisches „Könnten Sie sich vorstellen, dass…“, öffnet da mehr Optionen“, rät der Profi. Eine positive Stimmung, Lob und Betonen von Gemeinsamkeiten sind besser. Keine Kompromisse anbieten – auch Nachgeben geht nicht. Wer einmal in der Verhandlung nachgibt, hat verloren. In Stresssituation und ganz besonders in der dritten, „chaotischen“ Verhandlungsphase gegen Ende ist es wichtig, konzentriert zu bleiben, sich nicht um Kopf und Kragen zu reden. Statt im vermeintlich entspannten Ausklang noch etwas Unbedachtes zuzugestehen, gilt: Mund halten oder sich aufs unverbindliche „interessant“ zurückziehen.

Flucht- oder Angriffstyp?

 

„Wissen Sie, ob Sie eher ein Fluchttyp oder ein Angriffstyp sind“, fragt Schranner. Während alle noch in sich gehen, weiß er Bescheid. „Ich habe dafür einen Sinn und erkenne sofort, mit welchem Typen ich es zu tun habe.“ Wichtig sei zunächst, den eigenen Typ zu kennen. Dann in der Verhandlung möglichst schnell herauszubekommen, mit welchem Typen man es zu tun habe. Bei einem Fluchttypen sollten Sie beispielsweise „Nie“ und „Immer“-Sätze vermeiden. Angriffstypen hingegen kann man gut emotionalisieren durch Provokation, mehrmaliges Nachfragen aber auch durch Loben und Dummstellen.

Und was machen Frauen nun anders?

Frauen bleiben häufig länger ruhig, sie kochen innerlich, bleiben aber nach außen ruhig. „Wenn man dann den richtigen Knopf drückt, springt bei ihnen die Ampel von grün direkt auf rot. Gelb gibt es nicht. Das ist gefährlich“, warnt Schranner und empfiehlt, ruhig zu bleiben, bis drei zu zählen. Frauen argumentieren auch zu lange und zum falschen Zeitpunkt, statt zu fordern. Sie haben keine oder keine klaren Forderungen oder adressieren sie nicht. Sie geben eher nach und vermeiden Konflikte. Das alte Lied? Großhirn, Gene und Geschlecht lenken uns? Jein, sagt Schranner: Man kann Verhandeln lernen und trainieren und man sollte auch daran Spaß finden. Ein begeistertes Publikum fragte sich: Kann der Mann auch einfach nur mit Freunden sprechen und ohne Hintergedanken ein Glas Wein trinken? „Nein“, sagt er, „das kann ich nicht mehr.“ So illuster wie er vorgetragen hat, hat man ihm das dann aber nicht wirklich abgenommen.

Business geht nur zusammen

Katja Roth
Katja Roth

Die Vorstandsprecherin EWMD Rhein-Main und Abteilungsleiterin bei der Helaba, Katja Roth, hob abschließend nochmals hervor, dass EWMD in der guten Mischung von Frauen und Männern im Management eine Herausforderung sieht. Mitglieder sind deshalb sowohl Frauen als auch Männer sowie Firmenmitglieder. „Wir müssen Diversity jetzt in die Breite, zu den Männern, in die Unternehmen tragen.“ Das scheint gelungen. Denn auch Helaba-Personalleiter Karsten Bich betonte am Ende: „Diese Veranstaltung hat gezeigt, wie einfach es gehen kann, voneinander und miteinander zu lernen. Ein top Thema, ein top Referent und ein sehr diskussionsfreudiges gemischtes Auditorium“.

Hinweis: Schranners Institut SNI bietet auch einen speziellen Workshop für Frauen an: „Erfolgreich verhandeln“ http://www.schranner.com/de/women

Über EWMD:

European Women’s Management Development International Network (EWMD) ist ein internationales Business-Netzwerk das 1984 von einer Gruppe Europäischer Frauen mit Unterstützung der EFMD (the European Foundation for Management Development) in Brüssel gegründet wurde. Die wichtigsten Ziele von EWMD sind: eine bessere Sichtbarkeit qualifizierter Frauen in Führungspositionen in allen Bereichen und Organisationen; die Steigerung des Qualitätsstandards im Management; die Bereicherung der Managementkultur durch mehr Frauen und eine größere Vielfalt; die aktive Beteiligung an politischen Diskussionen sowie die Unterstützung wissenschaftlicher Arbeit zu EWMD-Themen auf internationalem Level. EWMD ist mit fast 900 individuellen und Firmen-Mitgliedern in 14 Ländern in Europa und weltweit vertreten. In mehr als 40 Europäischen Städten sind die Mitglieder in den regionalen EWMD-Chaptern aktiv. EWMD-Aktivitäten umfassen u.a. Netzwerk-Veranstaltungen, regionale Themen-Abende, nationale und internationale Konferenzen sowie sogenannte Learning Journeys. Neben den EWMD-Mitgliedern stehen die Aktivitäten größtenteils auch Gästen zur Verfügung.

Über die Helaba

Die Helaba zählt mit einer Bilanzsumme von rund 190 Milliarden Euro und ca. 6.300 Mitarbeitern zu den führenden Banken Deutschlands. Durch ihre beiden Hauptsitze in Frankfurt am Main und in Erfurt sowie ihre Niederlassung in Düsseldorf ist sie in einer der stärksten europäischen Wachstumsregionen fest verankert. Die Helaba ist eine integrierte Universalbank mit starkem regionalem Fokus, ausgewählter internationaler Präsenz und enger Integration in die Sparkassenorganisation. Ihr erfolgreiches strategisches Geschäftsmodell basiert auf drei Unternehmenssparten: Großkundengeschäft, Verbund-, Privatkunden- und Mittelstandsgeschäft sowie öffentliches Förder- und Infrastrukturgeschäft.

Pressekontakt
Sieglinde Schneider, EWMD Rhein-Main e.V. www.ewmd.org
E-mail: sieglinde.schneider@accente.de
Telefon: 0611/4080610

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