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AÜG-Referentenentwurf – Andrea Nahles muss erneut Nachsitzen

Andrea Nahles (Foto: Bea Marquardt / SPD)
Andrea Nahles (Foto: Bea Marquardt / SPD)

Als Andrea Nahles am 16.11.2015 den ersten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgelegte, war der Aufschrei groß. Angela Merkel stoppte den Entwurf höchst persönlich bereits am 04.12.2015, da der Entwurf über die Absprachen des Koalitionsvertrages hinausging.

Hinsichtlich des neuen Referentenentwurfes vom 17.02.2016, hat man nun ein Déjà-vu: Die CSU stellte erneut fest, dass auch der nachgebesserte 2. Referentenentwurf über den Koalitionsvertrag hinausgeht. Entgegen aller vorherigen absprachen, blockiert die Union den Gesetzesentwurf.

Muss Frau Nahles daher nun zum zweiten Mal Nachsitzen und ihren Gesetzesentwurf wieder anpassen? Wir sprachen dazu mit Fachanwalt für Arbeitsrecht, Dr. Kilian Friemel.

Interview mit Dr. Friemel:

DAHMEN Personalservice GmbH:

An welchen Stellen geht auch der neue Referentenentwurf über den Koalitionsvertrag hinaus?

Dr. Friemel:

Der Koalitionsvertrag regelt, eine „Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten“. Allerdings können „durch einen Tarifvertrag […] oder auf Grund eines solchen Tarifvertrags in einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung […] abweichende Lösungen vereinbart werden“. Dies nimmt der neue Referentenentwurf auf, sieht aber für Betriebsvereinbarungen eine Höchstüberlassungsdauer von 24 Monaten vor. Davon steht im Koalitionsvertrag nichts. Damit geht auch der neue Referentenentwurf eindeutig über das hinaus, was die große Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart hat.

DAHMEN Personalservice GmbH:

Ist das nur eine Abweichung vom Koalitionsvertrag oder gibt es auch rechtliche Bedenken?

Dr. Friemel:

Entleiher, die nicht tarifgebunden sind, werden durch diese neue Höchstgrenze von 24 Monaten benachteiligt. Darin wird teilweise ein Verstoß gegen die Tarifautonomie gesehen. Das neue Gesetz wäre mithin verfassungswidrig.

DAHMEN Personalservice GmbH:

Wie verhält es sich beim Equal-Pay?

Dr. Friemel:

Dr. Kilian Friemel
Dr. Kilian Friemel

Der Koalitionsvertrag besagt, „dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer künftig spätestens nach 9 Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden.“ Eine Gleichstellung soll also nur das Arbeitsentgelt betreffen und nicht auch alle übrigen Arbeitsbedingungen. Der neue Referentenentwurf regelt dagegen nun, dass der Verleiher verpflichtet ist, „dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren“. Dies könnte unter anderem auch eine Gleichstellung bei Erholungsurlaub, Sachleistungen und betrieblicher Altersversorgung bedeuten. Auch hier geht der Referentenentwurf mithin über den Koalitionsvertrag hinaus.

DAHMEN Personalservice GmbH:

Sind das alle Punkte an denen der neue Entwurf über den Koalitionsvertrag hinausgeht und ist zu erwarten, dass Frau Nahles damit durchkommt?

Dr. Friemel:

Nein, es gibt insgesamt mindestens neun Regelungen, in denen der neue Referentenentwurf die Zeitarbeit stärker einschränkt, als dies im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Angela Merkel hat im Zusammenhang mit dem ersten Referentenentwurf am 24.11.2015 auf dem Arbeitgebertag des BDA erklärt: „Sie dürfen mich einmal als Wächterin des Koalitionsvertrags verstehen […] Wenigstens in diesem Falle werde ich wachen, dass wir über den Koalitionsvertrag nicht hinausgehen.“ Wir werden sehen, ob sie Wort hält.

Änderungen antizipieren und Lösungen entwickeln

Die Neuerungen im überarbeiteten „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“ gehen bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch gibt es weiterhin Kritik von verschiedenen Seiten, wie beispielsweise der CSU.

Wir sind froh über die Entscheidung der Politik die geplanten Gesetzesänderungen zu überdenken und sehen es positiv, dass diesem Thema so viel Aufmerksamkeit und Beachtung geschenkt wird. Als Personaldienstleister sehen wir den Änderungen hoffnungsvoll entgegen und sind sicher, dass die Politik noch weiter auf die Marktsituation und die Wirtschaft eingehen wird. Obwohl verbessert, bietet der Gesetzesentwurf derzeit noch keine einschlagenden und nachhaltigen Verbesserungen für den Arbeitsmarkt sowie die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Als Unternehmen, dass sich für Tarifautonomie und die Freizügigkeit einsetzt, hoffen wir auf weitere Anpassungen, die Flexibilität ermöglichen und Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Arbeitnehmer sowie Arbeitnehmerinnen gleichsam unterstützen.

Bereits jetzt arbeiten wir an effektiven Lösungen, um sich verändernde Situationen und Gesetzeslagen proaktiv anzugehen. Die Zusammenarbeit mit Partnern wie der Kanzlei Taylor Wessing und Dr. Friemel erlaubt es uns Mitarbeitern und Kunden stets de aktuell besten Lösungen zu ermöglichen.

Hier geht es zum aktuellen Referentenentwurf.

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung:

Fabian Prudencia De Almeida
Geschäftsführender Gesellschafter bei DAHMEN Personalservice GmbH
Mobil: +49 (0)176 61 61 40 99 • f.almeida@dahmen-personal.dewww.dahmen-personal.de

Dr. Kilian Friemel
Rechtsanwalt – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Mobil: +49 (0)151 121 960 90 • k.friemel@taylorwessing.comwww.taylorwessing.com

Autor:  DAHMEN Personalservice GmbH,  26. Februar 2016

 

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