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Knick in der PR-Karriere mit 40?

Von Helge Weinberg

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Thomas Lüdeke, PRCC

Haben Kommunikationsexperten Angst davor, ab einem bestimmten Punkt ihrer Karriere zum alten Eisen zu gehören? Ja, 50 Prozent der Teilnehmer an einer (kleinen) Umfrage der Düsseldorfer PRCC Personal- und Unternehmensberatung zu Karrierrechancen im Alter 40plus teilt diese Befürchtung. Die andere Hälfte der Befragten erklärte hingegen: „Berufserfahrung wird umso wertvoller, je mehr man davon hat.“

Von der Überholspur auf das Abstellgleis?

Wie relevant das Thema Gehalt in Bezug auf den späteren Karriereweg ist, zeigt eine deutliche Tendenz bei der Frage, warum ältere Arbeitnehmer möglicherweise auf dem Arbeitsmarkt uninteressant werden. Rund 67 Prozent der Befragten glauben, dies liege daran, dass Arbeitgeber nicht so hohe Gehälter zahlen wollen.

Den Eindruck, dass Jüngere flexibler seien (genannt von 43 Prozent), kommentierten die Befragungsteilnehmer mit den Stichworten „aktuelle Trends und Themen“ oder „besserer Formbarkeit“, die eher den Nachwuchskräften zugeschrieben werden. Aber auch einige Branchenvorurteile beziehungsweise Problematiken kommen hier zum Ausdruck: eine „höhere Ausbeutungsbereitschaft“ bei Jüngeren und der Trend von Agenturen, sich nach außen hin besonders jugendlich zu geben, erwähnten die Befragten in den Kommentaren. Zudem sprachen sie das grundsätzliche Problem älterer Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt sowie eine generelle Abwertung von Leitungspositionen an.

Das Plus von 40plus

Eine klare Tendenz zeigt sich bei der Frage danach, womit ältere Arbeitnehmer punkten können. Dominierendes Stichwort ist hier die Erfahrung, die weitere Aspekte mit sich bringt. Dazu zählen ein umfassenderes Wissen, mehr Souveränität und Gelassenheit, ein etabliertes Netzwerk, höhere Management- und Beratungskompetenz, branchen- und kanalübergreifende Kompetenzen, eine große Weitsichtigkeit.

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Was macht beruflichen Erfolg aus?

Der Weg nach oben ist der Weg hin zu mehr Selbstbestimmung (von 87 Prozent der Befragten genannt). Die Gehaltsfrage tritt bei der Frage danach, was beruflichen Erfolg eigentlich ausmacht, in den Hintergrund (46 Prozent). Wichtiger sind ein sinnerfüllter Arbeitsalltag (65 Prozent) und persönliche Weiterentwicklung (56 Prozent).

Als wichtige persönliche Indikatoren für beruflichen Erfolg fanden sich in den Kommentaren vor allem Wertschätzung und Anerkennung der eigenen Leistungen, sei es durch Kollegen, Vorgesetze oder Geschäftspartner. Etwas, das sich wohl Erwerbstätige auf jedem Karrierelevel wünschen.

Aspekte der persönlichen Weiterentwicklung tauchten in den Kommentaren zu allen Fragen auf. Eine Bereitschaft, „im Kopf jung zu bleiben“, Neues zu lernen und sich weiterzubilden nannten die Befragten als karrierefördernd. Angst davor, in Zeiten eines immensen digitalen Wandels den Anschluss zu verlieren, haben die Umfrageteilnehmer mehrheitlich daher nicht. 83,5 Prozent sehen in der Digitalisierung eine Chance. Ein Befragungsteilnehmer fasst dies so zusammen:

„Die Kommunikationsbranche wird vielfältiger, abwechslungsreicher und damit noch interessanter. Die Silos brechen auf. So kann/könnte integrative Kommunikation wirklich umgesetzt werden. Außerdem vertrete ich den Ansatz des „lebenslangen Lernens“ und sehe die Digitalisierung – mit all den Herausforderungen, die sie mit sich bringt – als Bereicherung.“

Viele Teilnehmer differenzierten in den Kommentaren und plädierten für ein ‚Sowohl-als-auch‘. Social Media empfanden sie teilweise als Zeitfresser oder möchten sich zumindest privat nicht damit auseinandersetzen. Sie sehen den Information Overload und eine höhere Komplexität in der Zielgruppenansprache als große Herausforderung. Genauso erkennen sie die Potenziale schnellerer und differenzierter Kommunikation in Bezug auf Zielgruppen, Inhalte und Wege sowie vereinfachte Möglichkeiten der Erfolgskontrolle.

 

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DIE Kommunikationskompetenz der Zukunft gibt es nicht – ein Fazit

In der letzten Frage ging es um eine Einschätzung der wichtigsten Kommunikationskompetenz der Zukunft. Keine zwei Antworten dazu ähnelten sich. Die Befragten nannten sowohl Soft als auch Hard Skills, klassische und ‚neue‘ PR- und Kommunikationskompetenzen. Implizit ist oftmals der Ansatz der integrierten Kommunikation herauszulesen.

Aus diesen Antworten lässt sich eigentlich nur eines ableiten, was wieder zum Ausgangspunkt zurückführt. Die Kommunikationsbranche ist extrem vielfältig, es braucht die Generalisten genauso wie die Spezialisten, die Macher ebenso wie die Strategen, die Konzeptioner, die Onliner, die Texter, sei es zum Teil in Personalunion, sei es in interdisziplinären Teams. Es braucht die Young Professionals genauso wie die gestandenen Berater und Lenker, die somit alle Chancen haben, sich auf dem Arbeitsmarkt gut zu positionieren.

Details zur Umfrage:
Befragungszeitraum: 15. – 23.02.2016.
n = 95.
Geschlecht: Frauen 59 %, Männer 41 %.
Altersangaben:
Altersdurchschnitt: 44
Unter 30: 4
30 – 40: 21
41 – 50: 46
51+: 16

Über den Autor: Helge Weinberg ist Berater und Journalist aus Hamburg. Seine Agentur Strategie & Kommunikation ist spezialisiert auf Arbeitgeberkommunikation und Employer Branding. Über diese Themen schreibt er in seinem Blog (http://blog.helge-weinberg.de). Er ist Mitglied der Redaktionen des „PR-Journals“, „DPRG Journals“ und des „Crosswater Job Guide“. Zudem schreibt er als Freelancer in diversen technischen Fachzeitschriften über Arbeitgeberkommunikation, Employer Branding und Personalmarketing.

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