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Vision impossible?

Corinna Lütsch
Corinna Lütsch

Von Corinna Lütsch

Hat da draußen eigentlich noch jemand eine Vision? Dann melden Sie sich bitte bei mir! Ausgenommen sind Erscheinungen im religiösen Sinne oder Trugbilder.

Scherz bei Seite: Mir scheint, niemand hat derzeit mehr eine Vision. Weder in der Politik, noch in der Wirtschaft noch einzelne Menschen. Letztere vielleicht noch am ehesten.

Damit wir uns richtig verstehen: mit Vision meine ich ein Bild davon, wie die Welt aussehen sollte, wenn es nach mir geht. Bill Gates hatte bspw. einmal die Vision einer Welt, in der jeder Mensch einen Personalcomputer hat. Meine Vision ist die einer Welt, in der alle Lebewesen gedeihen können. Visionen sind in der Regel überlebensgroß und nicht dafür ausgelegt, in einem Leben und mit eigenen Mitteln realisiert zu werden. Selbst wenn Bill Gates nahe daran ist… Eine Vision verleiht dem eigenen Handeln Sinn und gibt ihm eine Orientierung. Der Vision folgen Mission, Strategie und Ziele.

 

Vision – wofür?

Meine Beobachtung ist: Frage ich Menschen, darunter auch GeschäftsführerInnen, nach ihrer Vision bzw. der ihrer Organisation, so nennen sie mir ihre Ziele. Marktführer sein wollen, eine gute Mutter und Mitarbeiterin sein, eine besonders hohe Qualität im eigenen Segment liefern, einen Jahresumsatz von x verbuchen – alles schön und gut – aber keine Spur von einer Vision. „Wofür?“ möchte ich da fragen, „wofür wollen Sie Marktführer sein??“, „wofür eine gute Mutter und Mitarbeiterin sein?“. Wenn ich die „wofür?-Frage“ stelle, privat oder im Rahmen eines Auftrags, stockt das Gespräch.

Nun kann man sich natürlich fragen, ob dies denn so schlimm ist. Wenn ein Großteil der Menschheit ohne Vision auskommt und selbst der geschätzte Helmut Schmidt fabuliert, wer eine solche habe, solle zum Arzt gehen, wofür sollte mich das Thema dann überhaupt beschäftigen?

Ich meine, dafür gibt es gute Gründe. Um nur zwei zu nennen:

Eine Vision stiftet Sinn und motiviert. Und damit Wohlbefinden und Gesundheit. Wenn ich weiß, wofür ich morgens aufstehe, arbeite, manches Bedürfnis vertage, dann tue ich das gerne, wenn ich einen Sinn darin sehe. Sinn ist somit auch eine wunderbare Burnout Prophylaxe.

Eine Vision gibt Orientierung. Hunderte von Entscheidungen müssen Menschen täglich fällen. Darunter auch schwer wiegende und die eigene Zukunft beeinflussende. Habe ich einen inneren Kompass, dann fällt es mir an vielen Weggabelungen leichter, den stimmigeren Weg zu identifizieren.

 

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Fehlt hingegen eine Vision, zeigt sich dies im Unternehmen oft anhand folgender Symptome:

  • hoher Krankenstand/Erschöpfung
  • hohe Fluktuation
  • wenig motivierte unzufriedene Mitarbeiter
  • hoher Grad an Aktionismus ohne den gewünschten Output
  • sinkende Kreativität in punkto Produktentwicklung
  • Verschleppen von Entscheidungen
  • u.a.

Vision impossible?

So stellt sich mir die Frage, woher es rührt, dass so wenige Menschen und Organisationen sich auf den Weg machen, ihre Vision zu identifizieren.

Trauen sich Menschen nicht, eine Vision zu haben, weil sie fürchten, sich und ihre Handlungen daran messen zu müssen?

Kennen sie ihre Werte nicht? Denn die braucht es, um die Vision zu finden.

Wird der Weg, die eigene Vision zu finden, als zu mühsam erachtet? Oder gilt es gar als Luxus, sich eine Vision zu leisten?

Vielleicht ist es auch so, dass Ziele, deren motivierende Wirkung belegt wurde, als „Vision light“ gerade so populär sind, dass sich niemand um eine große Vision kümmern mag?

Oder liegt alledem die Furcht zugrunde, dass man, würde man die eigene Vision finden, womöglich einiges im eigenen Leben ändern müsste? Dass man sich als Unternehmen von ein paar Produkten trennen müsste? Dass man als PolitikerIn eine geradlinige Haltung an den Tag legen müsste, um der eigenen Vision bzw. derer der eigenen Partei treu zu bleiben? Dass man als Angestellte/r das Betätigungsfeld wechseln müsste?

Ich habe keine Antwort auf diese Frage, denke jedoch, vieles hängt damit zusammen, dass Menschen in Zeiten stetigen Wandels häufig recht kurzfristig denken. Langfristige Konsequenzen von Handlungen lassen sich oft nur erahnen. Somit sind kurzfristige, konkrete Ziele greifbarer und zeitgemäßer.

Der Vision auf den Grund gehen

Allesamt nachvollziehbare Gründe. Und dennoch: Statt auf den neuesten Management Hype zu setzen oder sich mit Nahrungsergänzungsmitteln gegen die Antriebslosigkeit zu wehren, kann es zielführender und nachhaltiger sein, sich mit der eigenen Vision zu beschäftigen.

Wagen Sie es! Finden Sie heraus, was Sie in Ihrem Innersten antreibt, was für Sie wirklich Sinn macht. Damit erledigt sich eine Vielzahl an Zeit- und Energiefressern und gleichzeitig mobilisiert eine Vision ungeahnte Energien.

Als Einzelperson kann man im Rahmen eines Coachings der eigenen Vision auf den Grund gehen.

Im Organisationskontext empfiehlt sich in einem ersten Schritt eine Klärung der Vision der Geschäftsleitung und eine anschließende Visionsarbeit mit dem Führungsteam.

Einen ersten Schritt können Sie bereits heute tun: Sprechen Sie mit anderen darüber, wie die Welt aussehen soll, in der Sie leben möchten!

 

Autorin: Corinna Lütsch

Corinna Lütsch ist geschäftsführende Gesellschafterin der mentalenz GbR sowie Lehrkraft für besondere Aufgaben an der FH Kiel. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Teamentwicklung, Business Coaching sowie Selbst- und Zeitmanagement.

www.mentalenz.de

 

 

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