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Hartz-IV-Bezug dauert häufig lange

Dr. Holger Seibert, IAB
Dr. Holger Seibert, IAB

Von den 6,2 Millionen Leistungsbeziehern bei der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 beendeten 1,5 Millionen den Bezug innerhalb eines Jahres. Innerhalb von fünf Jahren ist dies vier Millionen gelungen. Eine Million Leistungsbezieher befand sich von Januar 2005 bis Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung. Von den neu hinzukommenden Hartz-IV-Empfängern beendet dagegen die Hälfte den Leistungsbezug innerhalb eines Jahres – wenn auch nicht immer nachhaltig. Langer Leistungsbezug ist zudem nicht automatisch gleichzusetzen mit langer Arbeitslosigkeit: Rund 30 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsbezieher sind erwerbstätig. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Anhand einer Stichprobe von mehr als 20.000 Hartz-IV-Empfängern, die erstmals im Jahr 2007 Hartz IV beantragten, skizzieren die Arbeitsmarktforscher verschiedene typische Werdegänge in der Grundsicherung: Knapp ein Drittel wird zu Langzeitleistungsbeziehern mit relativ wenig Kontakt zum Arbeitsmarkt. Ein gutes Viertel kann vergleichsweise schnell und dauerhaft den Leistungsbezug mit einer bedarfsdeckenden Beschäftigung verlassen. Ein knappes Zehntel ist zwar relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert, kann aber ohne aufstockendes Arbeitslosengeld II seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. Einem weiteren knappen Zehntel gelingt erst nach längerer Zeit der Ausstieg aus dem Leistungsbezug mit einer bedarfsdeckenden Beschäftigung. Ebenfalls ein knappes Zehntel schafft nach einer betrieblichen Ausbildung den Ausstieg. Die übrigen knapp zwei Zehntel verlassen den Leistungsbezug aus anderen Gründen, beispielsweise wegen Studienbeginn, Selbständigkeit oder Renteneintritt.

 

 

 

Quelle: IAB

In Abbildung 1 ist die Entwicklung des Bestandes der Leistungsbeziehenden seit Einführung der Grundsicherung im Januar 2005 abgebildet. Basierend auf administrativen Daten zum SGB-II-Leistungsbezug (vgl. Infokasten links) können dabei vier Personengruppen unterschieden werden: Die dunkelblaue Fläche zeigt diejenigen Personen, die von Januar 2005 bis Dezember 2014 durchgehend SGB-II-Leistungen bezogen haben. Die dunkelgrüne Fläche stellt Personen dar, die im Januar 2005 Leistungen bezogen haben, aber die Grundsicherung bis spätestens November 2014 (zumindest temporär) wieder verlassen haben; sie können zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des untersuchten Zeitraums erneut Leistungen beziehen. Die hellgrüne Fläche bildet Zugänge von Personen ab, die frühestens ab Februar 2005 Grundsicherung erhalten und diese bis spätestens November 2014 wieder verlassen haben (Zu- und Abgänge); im Beobachtungszeitraum sind pro Person mehrere Zu- und Abgänge möglich. Die hellblaue Fläche beinhaltet Zugänge, die frühestens ab Februar 2005 in den Leistungsbezug eingetreten und von da an durchgehend bis Dezember 2014 in der Grundsicherung verblieben sind. Alle vier Gruppen ergeben in der Summe den jeweiligen monatlichen Bestand an Leistungsbeziehenden. Abbildung 1 zeigt, dass lange Bezugszeiten von Anfang an das Bild der Grundsicherung prägen: Von den 6,2 Mio. Leistungsbeziehenden im Januar 2005 konnten 1,5 Mio. Personen den Bezug innerhalb eines Jahres verlassen oder zumindest unterbrechen. Nach fünf Jahren ist dies etwa 4 Mio. Personen gelungen. Rund eine Million Leistungsbeziehende befand sich von Januar 2005 bis Dezember 2014 durchgehend in der Grundsicherung. Bezogen auf den Anfangsbestand im Januar 2005 verbleiben damit gut 16 Prozent zehn Jahre durchgehend im Leistungsbezug.

Unter den Personen, die schneller und nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten, finden sich mehr höher Qualifizierte, weniger Ältere, weniger Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit und mehr Personen, die in der Vergangenheit auf mehr Erwerbserfahrung zurückblicken können. Wer dagegen in der Vergangenheit bereits häufiger mit Arbeitslosigkeit konfrontiert war,  hat ein höheres Risiko, länger im Hartz-IV-Bezug zu verbleiben.

Bei jüngeren Leistungsbeziehern zeigt sich, dass der Erwerb eines beruflichen Ausbildungsabschlusses oft mittelfristig zum Verlassen des Leistungsbezugs führt. Unter den Jüngeren, die keinen Bildungsabschluss erlangen, bleibt ein hoher Anteil längerfristig auf Hartz IV angewiesen.

Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2017/kb0417.pdf.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)

Pressestelle: Wolfgang Braun, Miriam Dreschel, Sophia Koenen, Janina Müller
Regensburger Straße 100, 90478 Nürnberg
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