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Warum die mobile Website meist wichtiger als die App ist

Dr. Holger Schmidt
Dr. Holger Schmidt

Von Dr. Holger Schmidt, Netzökonom

Fast 90 Prozent der Zeit, die Menschen auf ihre Smartphones schauen, verbringen sie in Apps. Nur etwa 10 Prozent dieser Zeit entfallen auf mobile Websites. Die Folgerung, dass die App daher viel wichtiger sei als der mobile Webauftritt, ist allerdings für die meisten Unternehmen aber gravierend falsch. Denn die gigantische App-Zeit entfällt weitestgehend auf wenige große Anbieter wie Facebook und Google oder auf Spiele: 78 Prozent der Verweildauer konzentriert sich auf die Top-3-Apps, zeigt eine Untersuchung von Comscore für den US-Markt, die in Deutschland aber wahrscheinlich nicht wesentlich anders ausfiele. Wird aber die mobile Reichweite als Vergleichskriterium angeführt, dreht sich das Verhältnis um:  Der Nutzerzahl der mobilen Webauftritte der Top 1000 Anbieter in den USA ist etwa doppelt so groß wie die Zahl ihrer App-Nutzer und sie wächst auch doppelt so schnell.

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Ähnlich Ergebnisse zeigen sich auch, wenn nur die Top-50-Anbieter betrachtet werden, die in der Regel einen größeren App-Anteil erreichen als die kleinen Unternehmen. Nur 12 dieser Angebote wiesen mehr Nutzer für ihre App als für ihre mobile Website auf.

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Vor allem für den Erstkontakt mit Lesern, Kunden oder Interessenten gewinnt die mobile Website weiter schnell an Bedeutung. Erst wenn es gelingt, diese erste Berührung in eine dauerhafte Beziehung umzuwandeln, spielt die (native) App ihre Vorteile aus. Zum Beispiel haben unter den Top-30 Händlern in den USA nur die Marktführer Amazon und Walmart mehr Trafficzuwachs in ihren Apps als auf ihrer mobilen Website, zeigt Morgan Stanley in einem Research-Bericht zur Google-Aktie. Das sei ein klarer Vorteil für die beiden Unternehmen, da eine große App-Nutzerschaft zu sinkenden Kundenakquisitionskosten, einer loyaleren Kundenbasis und am Ende zu einem größeren Anteil an den Ausgaben der Kunden führe. Das bedeutet natürlich auch das Gegenteil für alle kleineren Händler, deren Apps weniger populär sind. Der Median-Händler habe 6 Mal mehr Traffic (Unique Visitors) auf seiner mobilen Website als in seiner App. Bei etwa einem Drittel der Top-30-Händler sei der App-Traffic sogar unterhalb der Messbarkeitsschwelle gewesen.

Der Popularitätsvorteil der mobilen Website gilt übrigens nicht nur für Händler, sondern auch für die betrachteten Finanz- und Reiseunternehmen.

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Die Befürchtung, das Google-Geschäft funktioniere in einer Smartphone-Welt nicht mehr, treffe daher nicht zu, begründen die Investmentbanker ihre „Buy“ Empfehlung für den Konzern.

Zum Schluss noch die 25 größten Apps in den USA inklusive des Zuwachses in den vergangenen zwölf Monaten:

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Zum Beitrag auf Netzoekonom.de

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