Arbeitsmarkt

Arbeitsmarktentwicklung in zehn EU-Ländern vor der Krise: Mehr Chancen auf einen Job, aber auch mehr befristete Verträge

Dr. Parvati Trübswetter

Die Job-Chancen von Arbeitslosen sind in vielen Ländern Europas zwischen 1997 und 2008 gestiegen. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). In der Mehrzahl der zehn untersuchten Länder, so auch in Deutschland, haben mehr Erwerbslose eine Beschäftigung aufgenommen, ohne dass gleichzeitig mehr Menschen wieder arbeitslos wurden. Allerdings erhielten in vielen Ländern mehr Arbeitnehmer nur einen befristeten Vertrag.

 

In Deutschland fiel der Anstieg der Befristungsquote von 13 auf knapp 15 Prozent noch vergleichsweise moderat aus. In Polen verfünffachte sich die Befristungsquote hingegen von unter fünf auf mehr als 25 Prozent. Das IAB weist dabei darauf hin, dass die für Deutschland genannten Befristungsquoten von 13 bzw.15 Prozent auch die stets befristeten Ausbildungsverträge beinhalten. Ohne Auszubildende liegt die Befristungsquote in Deutschland unter zehn Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit, aus Arbeitslosigkeit in einen unbefristeten Job zu wechseln, sei im Länderdurchschnitt um fast acht Prozent gesunken, berichten die IAB-Forscherinnen Regina Konle-Seidl und Parvati Trübswetter. Deutschland verzeichnet einen Rückgang von rund sieben Prozent.

Basis der Berechnungen ist die europäische Arbeitskräfteerhebung für Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Tschechien, Ungarn und Großbritannien. Der Vergleichszeitraum 1997/98 bis 2007/08 wurde von den IAB-Forscherinnen gewählt, um die Effekte einer intensiven Phase von Arbeitsmarktreformen in den europäischen Ländern analysieren zu können, ohne dass die Ergebnisse durch die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise verzerrt werden.

Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2011/kb2511.pdf.

 

Definitionen und Datenbasis

Jeder Person im erwerbsfähigen Alter (15–64 Jahre) kann nach der internationalen Klassifikation der ILO ein eindeutiger Erwerbsstatus zugeordnet werden: erwerbstätig (Beschäftigte), erwerbslos (Arbeitslose, die Arbeit suchen) und ökonomisch inaktiv (Personen, die im Berichtszeitraum weder erwerbstätig noch erwerbslos waren, weil sie in Ausbildung, krank, erwerbsunfähig oder im Vorruhestand waren, an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnahmen oder einer unbezahlten Hausarbeit  nachgingen). Erwerbslose und Inaktive werden zusammen als Nichterwerbstätige bezeichnet, wobei die Gruppe der Inaktiven wesentlich größer ist als die Gruppe der Erwerbslosen.

 

Bei der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, dem European Labour Force Survey (ELFS), handelt es sich um einen jährlich erhobenen Personen-Querschnittsdatensatz. Zum Befragungszeitpunkt wird neben dem aktuellen Erwerbsstatus auch der des Jahres zuvor abgefragt, sodass Übergänge zwischen Beschäftigung, Erwerbslosigkeit und Inaktivität abgebildet werden können. Die Daten stellen lediglich eine Annäherung an tatsächliche Mobilitätsvorgänge dar: Da die Veränderung des Erwerbsstatus zwischen zwei zeitlich deutlich voneinander entfernten Zeitpunkten (z. B. Frühjahr 2007 und Frühjahr 2008) erfasst wird, können mehrfache Wechsel innerhalb dieses Zeitfensters nicht identifiziert werden. Wir verwenden Daten aus den Jahren 1997, 1998, 2007 und 2008 jeweils mit dem in der retrospektiven Frage erfassten Vorjahr. Es werden die Beobachtungen von 1997 und 1998 als die erste Zeitspanne und von 2007 und 2008 als zweite festgelegt, sodass sich eventuelle konjunkturelle  Verschiebungen nicht so sehr auf das Ergebnis auswirken, da das Zweijahresmittel weniger schwankungsanfällig ist. Zudem können die positiven Befunde nicht auf rein konjunkturelle Effekte zurückgeführt werden, da die BIP-Wachstumsraten im  Durchschnitt der Jahre 1997/1998 in allen Ländern – mit Ausnahme von Tschechien – gleich hoch oder höher waren als im Durchschnitt der Jahre 2007/2008.

 

Für Deutschland nutzen wir Daten aus dem Mikrozensus der entsprechenden Jahre, da die ELFS-Daten aus rechtlichen Gründen für Deutschland erst ab 2002 zur Verfügung stehen. Die Arbeitskräfteerhebung – eine Zusatzaufbereitung des Mikrozensus – bildet bereits seit den 1960er Jahren die Grundlage der ELFSDaten von EUROSTAT. Seit Anfang 2005 wird die Arbeitskräfteerhebung als kontinuierliche Erhebung in monatlichen Teilstichproben durchgeführt, sodass die Vergleichbarkeit der Daten früherer Jahre mit denen seit 2005 eingeschränkt ist.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Pressestelle: Wolfgang Braun, Sarolta Weniger, Katja Hartosch
90327 Nürnberg
Telefon (0911) 179-1946
E-Mail wolfgang.braun@iab.de

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