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Mann gesucht, Frau gesucht? Stereotype in Geschlechteranzeigen

Claudia Peus
Claudia Peus

Kürzlich ging ein großer Fehler durch die Bloggerinnen-Szene: Die Firma Bloopark hatte auf ihrer Webseite zwei Stellenanzeigen platziert – eine für weibliche, eine für männliche Programmierer. Was auf den ersten Blick wie ein großer sexistischer Recruiting-Fauxpas aussah, macht auf den zweiten Blick jedoch irgendwie Sinn – wenn man den Ergebnissen neuester Studien glaubt.

Frauen programmieren mit Nagellack

In der Stellenanzeige für Programmierer (m) von Bloopark war zu lesen: „Du bist seit Jahren süchtig nach PHP, MySQL und Javascript? Dein Leben macht ohne Programmieren keinen Sinn? Deine Freundin versteht nicht, warum du den fünften PHP framework lernen willst?“

Direkt darunter hatte die IT-Firma eine Ausschreibung für Programmiererin (w) gepostet, welche sich mit folgendem Text an IT-Girls wandte: „Hübsche und sexy Codes gesucht: Wir sind überzeugt, dass Frauen großartige Programmierer sind. Frauen schreiben sexy Codes: ordentlich und sauber. Viele von ihnen haben lange Beziehungen – mit PHP, MySQL und Javascript.“ Neben der Anzeige für Programmier (m) prangte eine Weltkugel, neben der Anzeige für Programmiererin (w) ein Bild von einem Nagellack.

Bloggerinnen gingen wegen dieser Stellenanzeigen innerhalb von Stunden auf die Barrikaden, sodass Bloopark seine Anzeige für Programmiererinnen schnellstmöglich von seiner Homepage nahm. Was blieb, war die Häme in der Szene – und die Frage, wie Stellenanzeigen formuliert werden sollten. Dass diese nämlich Männer und Frauen auf unterschiedliche Art ansprechen, hat eine Studie der Technischen Universität München kürzlich herausgefunden: Frauen und Männer reagieren tatsächlich unterschiedlich auf Stellenanzeigen. Und zwar nicht nur auf unterschiedliche Bezeichnungen, sondern auch auf die Adjektive, die in den Stellenbeschreibungen vorkommen.

Frauen reagieren sensibel auf „männliche Eigenschaften“ in Stellenanzeigen

In der Studie wurden 260 Testpersonen fiktive Anzeigen für Führungspositionen vorgelegt. Während Männer nicht anders auf die unterschiedlichen Formulierungen reagierten, gab es bei Frauen sehr wohl einen Unterschied: Wenn die Anforderungen mit Adjektiven gespickt waren, die als männlich konnotiert sind, waren sie weniger motiviert, sich zu bewerben. Begrifft wie „zielstrebig“, „durchsetzungsstark“, „offensiv“ und „analytisch“ haben die Frauen weniger angesprochen und weniger zur Bewerbung motiviert. Wurde jedoch eine „engagierte“, „verantwortungsvolle“, „gewissenhafte“ und „kontaktfreudige“  Führungskraft gesucht, griffen die potenziellen Bewerberinnen zum Stift.

Der Hammer: Stellenanzeigen mit Geschlechterstereotype
Der Hammer: Stellenanzeigen mit Geschlechterstereotype

Wichtiger Zwischenschritt im Recruiting-Prozess

Stereotype transportieren sich in Bewerbungen also nicht nur in männlichen oder weiblichen Bezeichnungen, sondern auch in den Eigenschaften, welche den Geschlechtern zugeschrieben werden. Diese Erkenntnis ist sehr wichtig im Recruiting-Prozess: Oft klagen Firmen darüber, nicht genug weibliche Bewerberinnen für Führungspositionen zu haben. Dass dies auch an der Art der Stellenanzeige liegen könnte, hat die TUM nun bewiesen.

Auch die Recruiting-Threads der Ratgeber-Community gutefrage.net weisen darauf hin, dass potenzielle Bewerber und Bewerberinnen Stellenanzeigen ganz genau lesen. So werden auch hier einige Begrifflichkeiten in Ausschreibungen diskutiert. „Eine sorgfältig formulierte Stellenausschreibung ist die Voraussetzung für eine optimale Personalauswahl“, folgert die Studienleiterin Prof. Claudia Peus, vom Fachgebiet für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement der TU München in der Pressemitteilung der Universität. So sollten Firmen darauf achten, Stellenanzeigen, besonders für Führungskräfte, ausgewogen auszuschreiben. Als männlich konnotierte Eigenschaften sollte nicht weggelassen werden; aber es sollten auch weibliche in der Ausschreibung vorkommen.

Die Firma Bloopark ist bei dieser Vorgabe etwas über das Ziel hinausgeschossen – hat aber im Grunde mit ihren Ausschreibungen den Nagel auf den Kopf getroffen. Sollte die Firma es schaffen, die beiden Anzeigen zu einer „Programmierer/in (m/w)“ zu verschmelzen, hätten sie ihr Ziel, Männer und Frauen gleichermaßen anzusprechen, sicher ohne die Entrüstung der Bloggerinnen-Szene erreicht.

 

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