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Mit Wohlfühl-Strategien gegen den Fachkräftemangel

Monika Kraus-Wildegger
Monika Kraus-Wildegger

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften ist derzeit der große Bremsklotz der ITK-Branche. Tausende neue Stellen sollen besetzt werden. Das verschärft den Wettbewerb um Nachwuchstalente enorm. Was müssen Unternehmen also bieten, um von den Bewerbern erwählt zu werden?

Die deutsche Wirtschaft wächst so stark wie seit 2011 nicht mehr und vielerorts verkünden Unternehmen Neueinstellungen. Vor allem die ITK-Branche plant 2014 mindestens 10.000 neuen Stellen. Denn laut Branchenverband BITKOM wollen rund zwei Drittel der ITK-Unternehmen, insbesondere Software-Firmen und IT-Dienstleister, im laufenden Jahr zusätzliches Personal einstellen. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? Aktuell fehlen in Deutschland 39.000 IT-Spezialisten. Damit ist und bleibt der Fachkräftemangel mit Abstand das größte Hemmnis in der Unternehmensentwicklung. Und er markiert einen Wandel in der deutschen Recruiting-Kultur: Firmen werben um qualifizierte Mitarbeiter – die Qual der Wahl hat jetzt der Bewerber.

 

Wertschätzung der Mitarbeiter macht Unternehmen zu besseren Arbeitgebern

Während Unternehmen um die besten Bewerber buhlen, erwählen diese den für sie besten Arbeitgeber. Doch nach welchen Kriterien? Unternehmen, die im Wettbewerb um IT-Talente nur auf großzügige Gehälter, Firmenwagen und andere finanzielle Anreize setzen, haben zu kurz gedacht. Die „Besten Arbeitgeber in der Informations- und Telekommunikationsindustrie 2014“ punkten vielmehr mit einer hohen Wertschätzung der eigenen Mitarbeiter, einem angemessenen Umgang mit der Arbeitsbelastung, mit verlässlichen Führungskräften und einem guten Teamgeist. So das Ergebnis des bundesweiten Wettbewerbs von „Great Place to Work“, einem Forschungs- und Beratungsinstitut, und der BITKOM. Branchenriesen wie Microsoft und Ebay sind demnach Vorreiter und haben sich längst auf die neuen Anforderungen eingestellt. Aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen gehen neue Wege in der Arbeitskultur. Bei den einen ist es das wöchentliche gemeinsame Frühstück, in anderen Unternehmen die Joggingrunde zur Mittagszeit, frei einteilbare Arbeitszeiten, gesunde Snacks, regelmäßige Feedbackrunden oder die Förderung von Teamprozessen – immer mit dem Ziel, den Wohlfühlfaktor im Unternehmen zu steigern.

Die Stellenanzeige als Marketinginstrument nutzen

Mitarbeiter, die sich wohlfühlen, arbeiten gern und vor allem gut. Nicht zu vergessen, dass zufriedene und motivierte Mitarbeiter wohl das wirksamste Aushängeschild für das Recruiting sind. „Wir erleben einen Wertewandel – weg vom klassischen HR-Management und hin zum People-Management“, erläutert Monika Kraus-Wildegger, Gründerin GOODplace.org. Die Internet-Plattform gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich mit eigenen Ansätzen einer Feelgood-Arbeitskultur zu präsentieren. „Die einfache Verwaltung von Arbeitskraft ist nicht mehr ausreichend, um Mitarbeiter zu finden und zu binden.“ Ein simples Beispiel dafür ist die klassische Stellenanzeige, die mit ihrer Auflistung von Mindestanforderungen an den Bewerber eher abschreckend als einladend wirkt. „Dabei ließe sich eine Jobanzeige hervorragend als Marketinginstrument nutzen“, schreibt Gabriele Korge vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in einem aktuellen Blogbeitrag zum Thema Handlungshilfen im Fachkräftemangel. Anhand der konkreten Tätigkeit könne dargestellt werden, welche spannenden Herausforderungen den Bewerber erwarten, wie viel Eigenständigkeit und -verantwortung mit der Aufgabe verbunden sind oder wie man vom Team durch Erfahrungsaustausch profitieren kann. „Das Prinzip lautet also: weniger Abschreckung und mehr Werbung.“

Authentisches Marketing lockt Kandidaten

Bei GOODplace erzählen vor allem IT- und Kreativunternehmen wie Jimdo, Wooga oder Xing ihre ganz eigenen Feelgood-Erfolgsstorys. Da geht es mal um die Ausgestaltung der Arbeitsplätze im neuen Büro – ganz nach den Wünschen und Bedürfnissen der Mitarbeiter. Mal um eine spontan durch die Belegschaft organisierte, witzige Charity-Aktion. Oder einfach um die gemütliche Büroküche, die für die Mitarbeiter Zentrum für Kommunikation und kreatives Mindset geworden ist. Das Besondere: Diese Geschichten werden durch persönliche Kommentare der Mitarbeiter bestätigt. Authentisches Marketing, das zu einem stimmigen Employer Branding verhilft und in potenziellen Bewerbern den Wunsch weckt, dazugehören zu wollen.

Doch cleveres Marketing allein hilft auf lange Sicht nicht im Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter. Eine attraktive Unternehmens- und Arbeitskultur wird immer mehr zum zentralen Kriterium der Kandidaten, nicht nur in der ITK-Branche. In Workshops oder im Praxis-Austausch bietet GOODplace Unternehmen praktische Hilfe an auf dem Weg zum eigenen Feelgood-Management. Denn es reiche nicht, sich Kompetenzfelder wie Arbeitskultur, Nachhaltigkeit, Fairness, Flexibilität oder Offenheit als hehre Ziele in die Unternehmensphilosophie zu schreiben, so Monika Kraus-Wildegger. „Jemand im Unternehmen muss den Hut aufhaben.“

 

Feelgood-Management als Führungsaufgabe

Doch kann das in den Medien häufig belächelte Feelgood-Management tatsächlich eine wirksame Strategie gegen den Fachkräftemangel sein? „Ja“, behauptet die GOODplace-Chefin und schränkt gleichzeitig ein: „Sofern die Unternehmensführung von der Arbeitskultur überzeugt ist und diese selbst vorlebt. Ein Tischkicker bringt nichts, wenn er während der Arbeitszeit nicht benutzt werden darf.“ Sie sieht Feelgood-Management als Führungsaufgabe und keineswegs, wie oft dargestellt, als Assistenzstelle, die gelegentlich die Obstschale auffüllt. „Wer stattdessen ernsthaft der Frage nachgeht, was die Mitarbeiter benötigen, um sich im Unternehmen wohlzufühlen und einen guten Job machen zu können, wird nicht nur leichter Nachwuchstalente für sich gewinnen, sondern die bereits vorhandenen fester an das Unternehmen binden.“ Denn das sei in Zeiten des Fachkräftemangels mindestens genauso wichtig, wie die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern.

(Quelle: CareerBuilder / Jobscout24)

 

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