Bittere Erkenntnis: Ostdeutschland hängt wirtschaftlich weiter zurück
München – Auch ein Vierteljahrhundertnach dem Mauerfall hängt Ostdeutschland wirtschaftlich hinter dem Westen zurück. Der Abstand zwischen Ost und West bleibt seit Jahren praktisch konstant, von einem Aufholen auf Westniveau ist kaum eine Spur. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt auf dem Gebiet der DDR bei 66 Prozent der ehemaligen Bundesrepublik einschließlich Westberlins. Die angestrebte „Angleichung der Lebensverhältnisse“ hat Deutschland nicht geschafft. Von 1995 bis 2013 wuchs die Wirtschaft der Ex-DDR zwar um 20 Prozent, der ehemaligen Bundesrepublik aber um 27 Prozent. Das ergibt sich aus Daten, die das ifo Institut berechnet hat. Es ist zu befürchten, dass weite Teile Ostdeutschlands auch künftig zu den strukturschwachen Regionen gehören werden.
Ursachen für schwache Wirtschaftskraft
- rückläufige Bevölkerung
- kleinbetriebliche Wirtschaftsstruktur (kaum Großunternehmen)
- ungünstige Branchenstruktur (wenig Industrie, wenig unterneh-mensnahe Dienste)
- häufig „verlängerte Werkbänke“ mit geringer Wertschöpfungstiefe
- fehlende (regionale und sektorale) Wachstumspole
- ⇒ Rückstand in der Wirtschaftskraft ist vornehmlich strukturell bedingt und dürfte sich deswegen nur langfristig abbauen
- ⇒ Folgen:
- ⇒ niedriges Produktivitätsniveau (Totale Faktorproduktivität <80% von ABL)
- ⇒ niedriges Lohn- und Einkommensniveau (Bruttolöhne je Beschäftigten 77,6% des Niveaus von ABL)
- ⇒ geringeres Angebot an Arbeitsplätzen für gut qualifizierte Erwerbspersonen
- ⇒ Gefahr einer „Verhärtung“ von Strukturen
Lösungsansätze für Arbeitskräftemangel
- Erhöhung der Beschäftigung durch Einbeziehung von Arbeitslosen
- Erhöhung des Arbeitskräfteangebots durch Mobilisierung nicht erwerbsaktiver Bevölkerungsgruppen
– ältere Personen (Erhöhung der Erwerbsbeteiligung älterer Kohorten/Verlängerung von Lebensarbeitszeiten)
– Frauen (z.B. durch bessere Vereinbarkeitsregelungen)
– sonstige Nicht-Erwerbspersonen
- bessere Ausschöpfung des vorhandenen Arbeitskräfteangebots
– Abbau von Teilzeitarbeit; ggf. Verlängerung Wochenarbeitszeiten
– „upgrading“ von Arbeitskräften durch Qualifizierung
- Ausweitung des regionalen Arbeitskräfteangebots durch Zuwande-rung/Rückwanderung
- Verringerung des Arbeitskräftebedarfs durch Produktivitätssteige-rungen/Rationalisierung
Gleichzeitig sind aber auf nahezu allen Feldern erhebliche Fortschritte gegenüber 1989 zu verzeichnen. Die Ursachen für die Entwicklung sind zum Teil in der Geschichte der Vereinigung selbst zu suchen. Zum Teil spiegeln sie aber auch strukturelle Defizite wider, die vor und nach der Vereinigung entstanden sind. In den kommenden Jahren kommen neue Herausforderungen hinzu, insbesondere durch die demographische Entwicklung. Das ifo Institut hat aus diesem Grund die wichtigsten Grunddaten zur Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung in übersichtlicher Form zusammengestellt und mit Kommentierungen versehen. (Lesen Sie den gesamten Bericht hier: Anlage).
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Über das ifo Institut
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