Arbeitsmarkt Nachrichten

Junge geduldete Migranten haben vor Ort unterschiedliche Chancen auf Ausbildung

 

Angela Bauer
Angela Bauer

Vor dem Hintergrund der Diskussion um fehlende Fachkräfte hat Deutschland seit 2009 den Zugang zum Ausbildungsmarkt für junge geduldete Migranten erleichtert. Die Umsetzung dieser geänderten politischen Vorgaben hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Fallstudien untersucht und festgestellt, dass es dabei vor Ort deutliche Unterschiede gibt.

Geduldete Migranten sind Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis, deren Abschiebung aber beispielsweise aufgrund von Kriegen im Herkunftsland oder fehlenden Personaldokumenten ausgesetzt ist. Für sie ist es seit 2009 einfacher, eine duale Ausbildung aufzunehmen: Ausschlusszeiten vom Arbeitsmarkt wurden abgebaut, Genehmigungsverfahren vereinfacht und die finanzielle Förderung verbessert. Die Arbeitsmarktforscher haben in Interviews mit Experten aus Ausländerbehörden, Förderprogrammen und dem Schulsystem herausgefunden, dass der Zugang zu betrieblicher Ausbildung für junge Geduldete in manchen Regionen eher ermöglicht wird als in anderen.

„Rechtliche Hürden bestehen insbesondere mit Blick auf Beschäftigungserlaubnisse und Duldungsdauern immer noch. Hinzu kommt, dass Ausländerbehörden als rechtliche Schlüsselinstitutionen vor Ort teils verschieden handeln“, erläutern die Arbeitsmarktforscher ihre Ergebnisse. Auch bei Arbeitsagenturen und berufsschulischen Angeboten zeigten sich Unterschiede.

Rechtliche Voraussetzung für eine duale Ausbildung Geduldeter ist eine Beschäftigungserlaubnis, die von den zuständigen Ausländerbehörden erteilt wird. Bei der entsprechenden Prüfung sind die Behörden bei jungen Geduldeten ohne Personaldokumente meist verpflichtet, Mitwirkung bei der Beschaffung von Papieren einzufordern. Diese Mitwirkung kann etwa darin bestehen, dass sich Geduldete bei ihren Botschaften um neue Personaldokumente bemühen oder dafür im Herkunftsland einen Rechtsbeistand einschalten. Die Forscher haben festgestellt, dass Behörden diesen Prozess in verschiedener Weise begleiten und eine Mitwirkung unterschiedlich anerkennen. Geduldete haben in der Folge regional ungleiche Chancen auf eine Beschäftigungserlaubnis.

 

Die rechtlichen Änderungen seit 2009

Die rechtlichen Änderungen der letzten Jahre haben das Ziel,

a) Hürden beim Zugang in duale Ausbildung abzubauen,

b) die finanzielle Förderung zu verbessern und

c) Perspektiven auf eine Aufenthaltserlaubnis zu eröffnen.

a) Seit 1.1.2009 wird für eine Ausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf nach einer Wartefrist von zwölf Monaten auf die Vorrangprüfung durch die BA verzichtet (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 BeschVerfV; seit 1.7.2013: § 32 Abs. 2 Nr. 1 BeschV). Seit 1.7.2013 muss die BA auch das Vorliegen eines staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberufes sowie die Ausbildungsbedingungen nicht mehr prüfen. Ebenfalls seit 1.7.2013 gibt es bei dualer Ausbildung Geduldeter keine Wartefrist mehr.
b) Geduldete können nun auch unabhängig von einer vorausgehenden eigenen oder elterlichen Erwerbstätigkeit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bzw. Bundesausbildungsförderung (BAföG) beziehen. Dazu müssen sie sich u. a. seit mindestens vier Jahren (künftig 15 Monate; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2014) im Bundesgebiet aufhalten und die übrigen, auch für Deutsche geltenden Voraussetzungen erfüllen (§ 8 Abs. 2a BAföG, § 63 Abs. 2a SGB III).
c) Geduldete, die in Deutschland erfolgreich eine Ausbildung in einem anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf absolviert haben, können einen befristeten Aufenthaltstitel („Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung“) erhalten, sofern sie eine ihrem Abschluss entsprechende und für ihren Lebensunterhalt ausreichend bezahlte Stelle finden (§ 18a Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).
Seit Juli 2011 kann darüber hinaus (schulisch) gut integrierten Geduldeten im Alter zwischen 15 und 20 Jahren eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (§ 25a Abs. 1 AufenthG).
In diesem Kurzbericht wird die zum 14.1.2015 geltende Rechtslage skizziert.

Außerdem sind die genehmigten Dauern der Duldungen unterschiedlich lang. Die kürzeste beobachtete Duldung betrug einen und die längste zwölf Monate. „Gemessen an Ausbildungsdauern von etwa drei Jahren ist beides zu kurz“, erklären die Forscher.

Unterschiede in der Verwaltungspraxis zeigten sich auch bei Arbeitsagenturen, etwa was das Wissen um die Möglichkeiten der Ausbildung Geduldeter angeht. Teils seien Agenturen unsicher, inwieweit sie zuständig sind und Förderungen in Betracht kommen. Teils gebe es schon spezifische Angebote vor Ort, mit denen Geduldete frühzeitig beraten werden.

Um die Chancen von jungen geduldeten Migranten auf dem Ausbildungsmarkt weiter zu verbessern, empfehlen die Arbeitsmarktforscher dauerhafte Beratungsnetzwerke als Schnittstelle zwischen Geduldeten, Behörden, Schulen und Betrieben. Ein gesicherter Aufenthalt während der Ausbildung würde Auszubildenden wie Betrieben entgegenkommen, so die Forscher.

Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2015/kb0115.pdf.

 

 

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Pressestelle: Miriam Dreschel, Marie-Christine Heimeshoff, Sophia Koenen
Weddigenstraße 20-22, 90478 Nürnberg
Telefon (0911) 179-1946
E-Mail presse@iab.de

 

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