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MOTIVATIONSSCHREIBEN UMSCHREIBEN

Gerhard Winkler, www.jova-nova.com
Gerhard Winkler, www.jova-nova.com

Was motiviert mich dazu, ein im Web gefundenes Moti-Schreiben aufzupimpen? Ist es mein ausgeprägtes Interesse an indigenen Sprachkulturen? Meine Begeisterung für die Tücken der Kommunikation? Meine hohe Identifikation mit den Produzenten von Peinlichkeiten? Oder bringe ich damit vielmehr meine ausgeprägte Dienstleistermentalität zum Ausdruck? – Egal. Hauptsache, Sie lassen sich nicht aufhalten zu lesen:

1. FEHLSTART VERMEIDEN:

Vorlage:

„hiermit möchte ich mich um einen Stipendienplatz des Erasmus – Programms für das WS 09/10 und das SS 10 bewerben.”

Über das Thema Ihres Moti-Schreibens informieren Sie im Betreff: Erasmus-Programm Valencia 2009 – 2010. Starten Sie Ihre Darlegung wie gewohnt mit Ihrem stärksten Argument:

„in meinem Studienschwerpunkt Spanisch erziele ich konstant sehr gute bis gute Leistungen.”

2. KEINE ALLGEMEINPLÄTZE AUFSUCHEN

Vorlage:

„Spanien hat mich schon als Kind durch seine kontrastreichen Menschen fasziniert: Zum einen strahlen sie pure Lebensfreude und Temperament aus, zum anderen gehen sie die alltäglichen Dinge ruhiger an als wir es in Deutschland gewohnt sind.“

Alternative:

„Dabei habe ich mich in meinen bisherigen Projekten und schriftlichen Arbeiten insbesondere mit der Dichtung von Francesco Zappa, mit der Wirtschaftsgeschichte Kataloniens und mit der europäischen Kulturarbeit von Jordi Savall beschäftigt.“

3. KEINEN ERZÄHLSTIL

Vorlage:

„Zunächst habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht, da ich auch im wirtschaftlichen Bereich sehr interessiert bin. Im Anschluss habe ich mich für ein Studium der Wirtschaftspädagogik mit dem Doppelwahlpflichtfach Spanisch entschieden.“

Alternative:

„Zu den weiteren Leistungen meines Studiums der Wirtschaftspädagogik an der Freiwilligen Universität Berlin zählen unter anderem eine Arbeit über das Subventionswesen in der europäischen Landwirtschaft sowie ein dreimonatiges Praktikum bei einem ökologisch ausgerichteten Olivenbauern in Valencia. Finanzwirtschaftliches und kaufmännisches Grundwissen erwarb ich bereits in meiner ersten Ausbildung zur Bankkauffrau am Institut für Staatlich Gedeckte Fehlspekulation in Potsdam.“

4. KEINE UMSTÄNDLICHKEITEN

Vorlage:

„Die Sprache habe ich an der Universität Berlin in 2 Semestern gelernt, da ich den zweiten von insgesamt drei Sprachkursen durch eine Sprachreise nach Salamanca und zusätzliches Lernen während der Semesterferien überspringen konnte.“

Alternative:

„Dank meiner Lernanstrengungen, vor allem meiner selbst initiierten Sprachtrainings am Institut P. Lopez in Salamanca, verständige ich mich auf Spanisch sicher in Wort und Schrift.“

5. KEIN KULTURGESTAMMEL

Vorlage:

„Während meiner Sprachreise habe ich die Gastfreundlichkeit der Spanier kennen gelernt und mein Interesse an der spanischen Kultur und ihren Bräuchen vertieft, so dass ich gerne vor Ort mehr lernen möchte. Ich möchte ein tieferes Verständnis dieser Kultur, die der Deutschen so ähnlich und teilweise doch ganz anders ist, entwickeln.“

Alternative:

„Nach meinem erfolgreichen Grundstudium möchte ich die Renaissance der windgetriebenen Olivenpressen in Spanien und die europaweite Vermarktung von Spitzenölen zu einem Thema meines betriebswirtschaftlichen Hauptstudiums bei Prof. Dr. Figueras am Lehrstuhl Mikroökonomie II machen.“

6. WIRKLICH KEIN KULTURGESTAMMEL

Vorlage:

„Da Europa immer mehr zusammenwächst empfinde ich es als sehr wichtig, möglichst viel über andere Kulturen zu wissen. Denn nur so können vorhandene Vorurteile abgebaut werden.“

Tun Sie nicht altklug. Geben Sie stattdessen an, wer Sie für klug hält: „Frau Dr. Ines Figueras (0170 8138311) und meine weiteren Referenzen bestätigen Ihnen gern mein ausgeprägtes Interesse an ökonomischen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen, mein Verständnis für den Wirtschaftsraum Spanien und meine interkulturelle Kompetenz.“

7. KEINE ÜBERZEUGUNGEN ABSONDERN, KEINE TABUS BRECHEN

Vorlage:

„Vor allem bin ich jedoch davon überzeugt, dass ein späteres Arbeiten und Leben in einem europäischen Land kein Tabu sein kann und darf. Dabei spielt Spanien als aufstrebendes Wirtschaftsland eine große Rolle.“

Alternative:

„Sehr gern erläutere ich Ihnen im direkten Gespräch, wie ich als Ihre Spanisch-Stipendiatin das Sommersemester 2010 dafür nutzen kann, um vor Ort zu recherchieren und Interviews und Gespräche mit Vertretern aus Landwirtschaft, Politik und Forschung zu führen.“

8. KEINE GUTEN ABSICHTEN

Vorlage:

„Mir ist es als angehende Dipolomhandelslehrerin (!) wichtig, meinen späteren Schülern zusätzlich zum puren Faktenwissen auch Eindrücke über ein Leben außerhalb Deutschlands vermitteln zu können. Ich möchte ihnen dabei helfen, über ihren Tellerrand hinwegzublicken und unter Umständen ebenfalls ein späteres Leben im Ausland in Betracht zu ziehen.“

Gute Absichten ersetzen keine konkreten Pläne. Deshalb argumentieren Sie besser so:

„Zudem könnte ich die Kontakte meiner Universität zum Liceo Bunuel in Valencia dazu nutzen, um mit der Übernahme eines Deutsch-Projekts für spanische Schüler weitere pädagogische Praxis zu erwerben.“

Erfinden Sie aber keine Projekte – falls es zu einem Auswahlgespräch kommt, werden Sie darauf angesprochen. Beenden Sie Ihr Schreiben mit einem erwartungsvollen Lächeln:

„Ich freue mich über Ihre Einladung zum Auswahl-Interview!“

2010 Gerhard Winkler,
jova-nova.com

Für den Inhalt der obigen Meldung ist nicht Crosswater Systems Ltd. sondern der jeweilige Autor verantwortlich.

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1 Comment

  • Sehr geehrter Herr Winkler,

    vielleicht sollten Sie auch einmal nachdenken, wie Sie Ihren besserwisserischen Schreibstil gegen einen solchen ersetzen, der bei den Lesern ein klein wenig besser ankommt … ?

    Grüße, Filo.

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