Jobbörsen Nachrichten

Regionaler Rubrikenmarkt resigniert: Rhein Main Click insolvent

Eric Dauphin, Rhein Main Click
Eric Dauphin, Rhein Main Click

Als am Freitag, den 3. Juli 2009 Geschäftsführer Andreas Weis beim zuständigen Darmstädter Amtsgericht um 14:00 Uhr den Insolvenzantrag über das Vermögen der Rhein Main Click GmbH & Co. KG abgab, markierte dieser Schritt nicht nur eine juristische Formalität, er demonstrierte auch die Resignation der Gesellschafter über die Zukunftschancen des regionalen Rubrikenmarkts.  Der 34jährige IT-Spezialist Andreas Weis war erst im August 2008 zum  Geschäftsführer Technik  ernannt worden. Er kam von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, wo er zuletzt als Leiter IT-Services bei Holtzbrinck Online Services tätig war. In der Geschäftsführung von Rhein Main Click (RMC) traf er mit Eric Dauphin (43), zuständig für Märkte und Marketing auf einen alten Bekannten mit dem Stallgeruch der Holtzbrinck-Gruppe.

Doch trotz aller gut gemeinten Pläne hatte sich das Internet-Geschäft nicht wie erwartet entwickelt und das Gemeinschaftsunternehmen von fünf Zeitungsverlagen aus dem Rhein-Main-Gebiet, nämlich Medienhaus Südhessen in Darmstadt, Hanauer Anzeiger, Rhein-Main-Media in Frankfurt, Main Echo in Aschaffenburg und der Verlagsgruppe Rhein-Main in Mainz zog mit dem Gang in die Insolvenz einen Schlußstrich.

Duplikate als Konzept

Schon einmal hatte ein bundesweites Gemeinschaftsunternehmen, der Rubriken-Markt Versum.de trotz erfolgreichem Start nach langen Querelen der Verlagsfürsten das Handtuch geworfen. In der Folge zeigte es sich, daß das Konzept eines regionalen Rubrikenmarkts für Anzeigen (Jobs, Auto, Immobilien, Freunde) durchaus einen gewissen Charme ausstrahlt – in den Folgejahren etablierten sich eine Reihe von „Baby-Versums“ innerhalb einzelner bundesrepublikanischen Verlagsgruppen. So stieg die Ludwigshafener Medien-Union bei der Paderborner Jobware ein und Michael Weideneder, einer der Jobbörsen-Pioniere und Gründer der Münchner Karrierebörse stellenanzeigen.de, nahm Gesellschafter wie die Verlagsgruppen WAZ, Ippen und Holtzbrinck als Gesellschafter auf. Die Scout24-Gruppe etablierte gar eigene Portale für – Sie haben es schon geahnt – Jobs, Autos, Immobilien, Freundschaften.

Im Westen nichts Neues

Mit dem Rubrikenportal Kalaydo.de schlossen sich einige Verlagsgruppen aus dem Rheinland zusammen und entwickelten das Konzept des Rubrikenmarktes , basierend auf der technischen Software-Lösung von FinnTech AG weiter.  Unter dem Dach der Kölner Kalaydo.de konsolidierten die beteiligen Verlagsgruppen  M. DuMont Schauberg (Kölner Stadt-Anzeiger, Express, Kölnische Rundschau), Rheinische Post Verlagsgesellschaft (Rheinische Post), Neusser Druckerei und Verlag GmbH (Neuss Grevenbroicher Zeitung), W. Girardet KG (Westdeutsche Zeitung), Verlag B. Boll (Solinger Tageblatt), J. F. Ziegler KG Druckerei und Verlag (Remscheider General-Anzeiger), Bonner Zeitungsdruckerei und Verlagsanstalt H. Neusser GmbH (General-Anzeiger (Bonn)), Zeitungsverlag Aachen (Aachener Zeitung, Aachener Nachrichten) ihre Online-Rubrikenmärkte.  Seit dem 7. Juni 2008 kooperiert auch der Mittelrhein Verlag, der in Koblenz die Rhein-Zeitung herausgibt, mit kalaydo.de. Seit dem 4. Februar 2009 kooperiert auch die (Frankfurter Rundschau) mit kalaydo.de.

Und die Konzeption eines Rubrikenmarktes ist schon lange nicht mehr so gänzlich neu. Pionier und Marktführer in den USA ist Craig’s List, in Deutschland gründete der Wiesbadener Dr. Klaus Gapp schon vor Jahren eine Jobbörse und erweiterte diese zum fast schon klassischen Rubrikenmarkt namens opus Forum, das dann 2006 mit einem anderen Rubrikenmarkt zusammen gelegt wurde  und jetzt unter einem Markenname mit vielen Pünktchenbuchstaben – Kijiji – agiert. Markt.de, Gigajob.de oder Quoka.de sind weitere Wettbewerber, die sich im gleichen Segment tummeln.

Baby-Versum in Rhein-Main

Mit Rhein Main Click verfolgten regionalen Zeitungsverlage in Hessen ganz ähnliche Konzepte wie seinerzeit Versum oder jetzt Kalaydo. Norbert Rauschkolb sollte als Geschäftsführer die Vorwärtsstrategie der Gesellschafter umsetzen. Dazu suchte er zunächst die notwendige IT-Technik aus, um mit einem Anzeigen-Pool  von mehreren Verlagen regionale Rubrikenanzeigen für das Internet aufzubereiten. Priorität hatten bei der Auswahl die Datenstrukturierung bei möglichst niedrigem Nachbearbeitungsaufwand, Transparenz, Offenheit und Flexibilität für zukünftige Erweiterungen. Um den Bekanntheitsgrad des Rubrikenportals zu steigern, startete RMC eine klassische Plakat-Werbekampagne im Rhein-Main-Gebiet und versäumte auch nicht, dem Portal mittels Relaunch ein zeitgemässes Erscheinungsbild zu geben. Die Agentur Funfwerken verpasste dem Rubrikenportal eine vereinfachte Navigation, übersichtliche Contenstrukturierung und ein klares Erscheinungsbild.

Volle Kraft voraus

Im Mai 2008 standen noch alle Signale auf „Volle Kraft voraus“, im Lingo der Verlags-Vertriebler hörte sich das so an: „Der Online-Markt ist für uns regionale Tageszeitungsverlage im Rhein-Main-Gebiet ein enorm wichtiger Wachstumsmarkt geworden, den wir jetzt konsequent und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln besetzen werden“, betont Bernd Koslowski von der Verlagsgruppe Rhein-Main, Vorsitzender des RMC-Beirats. „Das Marketingbudget für die nächsten drei Geschäftsjahre ist jeweils siebenstellig, so dass wir hier massiv in die Steigerung der Markenbekanntheit und den Trafficausbau investieren“, präzisiert Geschäftsführer Eric Dauphin. Dauphin plante eine Verdoppelung des Personalbestands, hauptsächlich im Verkauf, auf nunmehr 20 Personen für 2009/2010. Starke Töne für ein Unternehmen, das im abgelaufenen Geschäftsjahr 2007 noch einen durchaus überschaubaren Gewinn von Euro 1.096,93 erwirtschaftete.

Wer sich allerdings einen Blick hinter die Kulissen gönnt wird feststellen müssen, daß bei Rhein Main Click nicht alles so schön glänzte wie es von der Geschäftsführung herbei gesehnt wurde. Bei der Besucherfrequentierung, einem der wichtigsten Erfolgskriterien im Online-Geschäft, fristete Rhein-Main-Click ein eher untergeordnetes Dasein. Die führende Position wurde hier vom regionalen Finderportal Kalaydo aus Köln eingenommen. Selbst die ausschliesslich auf Stellenanzeigen fokussierte Jobbörse der FAZ, FAZjob.net, verzeichnete eine wesentlich intensivere Besucherfrequentierung. Nur kurzfristig schaffte Rhein-Main-Click einen Anstieg in der Besucherfrequentierung, aber das Ende 2008 durch eine Werbekampagne ausgelöste Interesse verpuffte rasch wieder.

Alexa Traffic Rank im Vergleich
Alexa Traffic Rank im Vergleich

Mit ihrer Preispolitik bei Stellenanzeigen bewegte sich RMC im mittleren Preissegment, eine gestaltete Anzeige sollte 495 Euro kosten, Mengenrabatte kamen noch hinzu. Der Clou: die Laufzeit konnte kostenlos während einer Frist von 12 Monaten verlängert werden, alle 28 Tage wurde das Online-Publikationsdatum aktualisiert – um eine frische Stellenanzeige vorzutäuschen. Im April 2009 publizierte Rhein Main Click 5160 Stellenanzeigen, gegenüber dem Vorjahr musste RMC einen angesichts der Anzeigenflaute durchaus moderaten Rückgang von 10,23% hinnehmen. Immerhin rangierte damit RMC unter den Top-100 Jobbörsen in Deutschland, gemessen an der Anzahl der publizierten Stellenanzeigen (>>> Rangliste der Top-100 Jobbörsen).

Konsequenzen unüberbrückbarer Gegensätze

Der Eintritt von Eric Dauphin im April 2008 in die Geschäftsführung von RMC sorgte für Unruhe in der Führungsetage, nur wenige Monate danach warf Norbert Rauschkolb entnervt das Handtuch. „Norbert Rauschkolb hat sein Amt als Geschäftsführer des regionalen Rubrikenportals „Rhein Main Click“ zum 31. Mai niedergelegt. Schuld sind unüberbrückbare Gegensätze in der weiteren strategischen Ausrichtung des Untenehmens“, teilte RMC in einer Pressemeldung mit.

Im Juristendeutsch fiel die Meldung zum Insolvenzverfahren wesentlich nüchterner aus: „Geschäfts-Nr.: 9 IN 658/09 In dem Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der Rhein Main Click GmbH & Co. KG, Ferdinand-Stuttmann-Straße 13, 65428 Rüsselsheim (AG Darmstadt, HRA 83775), vertr. d.: 1. Rhein Main Click Verwaltungsgesellschaft mbH, (persönlich haftende Gesellschafterin), vertr. d.: 1.1. Andreas Weis, (Geschäftsführer) ist am 03.07.2009 um 14:00 Uhr gegen die Antragstellerin die vorläufige Verwaltung angeordnet worden. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Harald Silz, Adolfsallee 24, 65185 Wiesbaden, Tel.: 0611-1504-0, Fax: 0611-150452 bestellt worden. Amtsgericht Darmstadt, 03.07.2009“

1 Comment

  • Schlechte bis gar keine Führung, kein Konzept, eine durchaus optimierbare CRM gepaart mit miserablem Marketing…das Resultat ist nicht verwunderlich

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert