Arbeitsmarkt

In Ostdeutschland sind mehr Frauen in Führungspositionen als im Westen

Dr. Corinna Kleinert, IAB

Nürnberg. In den neuen Bundesländern sind Frauen deutlich häufiger in Führungspositionen vertreten als im Westen Deutschlands, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Das gilt insbesondere für den öffentlichen Dienst. Aber auch hier bleibt der Anteil der Frauen in Führungspositionen noch deutlich hinter dem Anteil der beschäftigten Frauen zurück.

„In den letzten Jahren konnten Frauen ihre Beteiligung an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst geringfügig ausbauen“, stellt die IAB-Arbeitsmarktforscherin Corinna Kleinert in ihrer Studie fest. Bei Führungskräften in der Privatwirtschaft stieg der Frauenanteil seit dem Jahr 2000 um drei Prozentpunkte und lag 2007 bei 24 Prozent in Gesamtdeutschland, in Ostdeutschland bei 29 Prozent. Im öffentlichen Dienst verzeichnet das IAB einen noch höheren Anstieg: Um vier Prozentpunkte auf 33 Prozent in Gesamtdeutschland und um sechs Prozentpunkte auf 45 Prozent in Ostdeutschland.

Frauen arbeiten nicht nur häufiger als Männer im öffentlichen Dienst und im Gesundheits- und Sozialwesen, sondern auch häufiger in Kleinbetrieben. In diesen Betrieben ist die Wahrscheinlichkeit, eine Führungsposition auszuüben, generell geringer als in anderen. „Die Konzentration von Frauen in Kleinbetrieben ist damit zwar ein struktureller Nachteil für ihre Karrieren, aber das gilt für Frauen im Osten genauso wie für Frauen im Westen“, betont IAB-Forscherin Kleinert.

Bei einem anderen Punkt kommen dagegen deutliche Ost-West-Unterschiede zum Tragen: Im Westen unterbrechen Frauen häufiger ihre Erwerbstätigkeit für längere Zeit, um Kinder zu betreuen, und sie reduzieren nach ihrem Wiedereinstieg vielfach ihre Arbeitszeit. Sie haben dadurch geringere Chancen, in hohe Positionen aufzusteigen. Zudem überschneiden sich gerade bei Hochqualifizierten die Phasen der Familiengründung und der karriereintensiven beruflichen Entwicklung, womit Kinderbetreuungsmöglich-keiten eine bedeutende Rolle zukommt. In den neuen Bundesländern ist die Infrastruktur für Kinder aber immer noch besser ausgebaut. Zudem sind Frauen im Osten bei der Geburt ihres ersten Kindes im Schnitt jünger, so dass sich die intensiven Kinderbetreuungs- und Karrierephasen zeitlich etwas entzerren. „Hier könnten wesentliche Ursachen für die höheren Anteile von ostdeutschen Frauen an Führungspositionen liegen“, schreibt die IAB-Arbeitsmarktforscherin.

Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2011/kb0311.pdf.

Fazit

Frauen konnten ihre Beteiligung an Führungspositionen im Vergleich der Jahre 2000, 2004 und 2007 geringfügig steigern. Ostdeutsche Frauen waren in allen drei Jahren  stärker in hohen Positionen vertreten als westdeutsche – das gilt in der Privatwirtschaft wie auch, besonders deutlich, im öffentlichen Dienst. Erklären lässt sich dies vor  allem mit Unterschieden in der privaten Lebensführung und in der Arbeitszeit: Abhängig beschäftigte Frauen im Osten arbeiten seltener in Teilzeit und das Lebensalter spielt  eine weitaus geringere Rolle in der Verteilung der Chancen auf Führungspositionen.

In der Geschlechtertrennung auf dem Arbeitsmarkt finden sich dagegen so gut wie keine Unterschiede zwischen den alten und neuen Ländern: In beiden Teilen Deutschlands  sind Frauen gleichermaßen stark auf den öffentlichen Dienst, im Gesundheits- und Sozialwesen und in Kleinbetrieben konzentriert.
Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass sich die Erwerbsmuster und die Muster der privaten Lebensführung von ostdeutschen Frauen an die der westdeutschen angeglichen  haben. Während es in den alten Ländern zwischen 2000 und 2007 kaum Veränderungen in den Familienformen von Führungskräften gab, ging in den neuen Bundesländern  die Zahl der weiblichen Führungskräfte mit Kindern überproportional zurück, und Teilzeitbeschäftigung nahm bei den weiblichen Beschäftigten insgesamt überproportional zu. Im Jahr 2000 war das Zusammenleben mit einem Partner oder mit Kindern für Frauen im Osten noch weniger nachteilig für das Erreichen einer Führungsposition als für  Frauen im Westen, im Jahr 2007 war dies umgekehrt.

Nicht verändert hat sich hingegen der unterschiedliche Einfluss des Lebensalters bei Frauen in West und Ost: In den alten Ländern hatten Frauen in höherem Alter deutlich  geringere Chancen, eine Führungsposition auszuüben als Männer, in den neuen Ländern zeigte sich kein solcher Geschlechterunterschied. Vor allem ältere Frauen im Osten  scheinen also heute davon zu profitieren, dass sie öfter als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen in Vollzeit gearbeitet und ihre Erwerbstätigkeit seltener aufgrund von Kindern unterbrochen haben. Die Angleichungsprozesse in den Erwerbsmustern ostdeutscher Frauen könnten allerdings zur Folge haben, dass dieser Vorteil in Zukunft  schwindet – insbesondere wenn sich Teilzeitarbeit als vorrangige Arbeitszeitform von Frauen in der Familienphase weiter durchsetzt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich die  Angleichung fortsetzt. Erst dann lässt sich genauer abschätzen, wie sich die Chancen von Frauen auf Führungspositionen in West und Ost künftig entwickeln werden.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Pressestelle: Wolfgang Braun, Sarolta Weniger, Katja Hartosch
90327 Nürnberg
Telefon (0911) 179-1946
E-Mail wolfgang.braun@iab.de

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