Jeder Zweite findet Leben ohne Internet undenkbar
Hannover, 2. März 2009
- BITKOM-Studie: Web für junge Menschen wichtiger als Auto
- Jeder zweite Nutzer von Internet-Plattformen findet Freunde
- Prof. Scheer: „Grenze zwischen Job und Freizeit ist gefallen“
- Digitale Kluft bei Über-50-Jährigen
55 Prozent der Deutschen können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Das ergibt eine neue Studie des Hightech-Verbandes BITKOM. „Das Web ist keine virtuelle Nebenwelt mehr, es hat den Lebensstil vieler Menschen verändert“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer bei der Vorstellung der Studie auf der Messe CeBIT in Hannover. Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen sagen sogar 84 Prozent, ein Leben ohne Internet sei für sie undenkbar. „Die Unter-30-Jährigen würden eher auf das Auto oder ihren aktuellen Lebenspartner verzichten als auf Internet oder Handy“, berichtet Scheer. An der repräsentativen Studie zum diesjährigen CeBIT-Leitthema „Webciety“ nahmen 1.000 Deutsche ab 14 Jahren teil.
Im Mittelpunkt der CeBIT 2009 steht, wie das Internet Leben und Gesellschaft verändert. „Unsere Studie zeigt: Das Web ist kein anonymes Medium, das zu sozialer Kälte führt“, so Prof. Scheer. Jeder zweite Nutzer von Internet-Plattformen wie Foren und Communitys findet dort neue Freunde. Jeder sechste, der solche Plattformen nutzt, lernt über das Netz Geschäftspartner kennen – acht Prozent sogar ihren Lebenspartner. „Das Web stiftet reale Beziehungen und führt eben nicht zu Autismus und Entmenschlichung“, kommentiert Scheer. „Das Internet ist ein soziales Medium par excellence.“
Charakteristisch für das Web sei sein breiter Nutzen in vielen Lebensbereichen, unterstrich der BITKOM-Präsident. So berichten 61 Prozent der Internetnutzer, sie hätten ihre Allgemeinbildung verbessert. Jeder zweite hat durch Preisvergleiche und Online-Shopping Geld gespart.
„Die Grenze zwischen Job und Privatleben ist bereits gefallen“, nennt Scheer eine weitere Kernbotschaft der BITKOM-Studie. Zwei Drittel (65 Prozent) der berufstätigen Anwender nutzen das Netz in der Freizeit auch beruflich. Gleichzeitig verwendet jeder zweite berufliche Nutzer (49 Prozent) das Web während der Arbeit für private Zwecke. „Wir appellieren an Unternehmen, diese Verschmelzung zu erkennen und in ihrer Unternehmenskultur umzusetzen“, so Scheer weiter. Interne Regeln für die Erreichbarkeit nach Büroschluss und die private Internetnutzung am Arbeitsplatz seien nötig. „Die Verschmelzung von Job und Privatleben fordert auch Tarifparteien und den Gesetzgeber“, sagte Scheer. „Auch Politik und Sozialpartner brauchen einen Culture Change.“
Beim Datenschutz sieht BITKOM ebenfalls Handlungsbedarf. Mehr als die Hälfte der Internetnutzer sagen, sie seien vor allem selbst für den Schutz ihrer Daten zuständig. 44 Prozent sehen die Hauptverantwortung beim Staat und nur vier Prozent bei der Wirtschaft. „Umso wichtiger ist es, die Debatte um ein moderneres Datenschutzrecht zu führen“, kommentiert Scheer. Sensible Informationen wie Konto- und Gesundheitsdaten müssten besonders stark geschützt werden. Im Fokus soll laut Scheer dabei die Selbstbestimmung der Verbraucher stehen.
Zwei Drittel (64 Prozent) der Deutschen ab 14 Jahren haben zu Hause Internetzugang. Der durchschnittliche Surfer nutzt das Netz aktiv 138 Minuten pro Tag – fast zweieinhalb Stunden. Auffällig ist eine digitale Kluft nach Altersgruppen: Die Deutschen bis 49 Jahre sind gut vernetzt (zu 84 Prozent), die Generation ab 50 deutlich schlechter (40 Prozent). „Wir müssen alle Altersgruppen auf Augenhöhe bringen“, sagte Scheer.
Zur Methodik: Die Daten wurden in einer repräsentativen Studie der ARIS Umfrageforschung im Auftrag des BITKOM erhoben. Dabei wurden 1.000 deutschsprachige Personen ab 14 Jahren in Privathaushalten befragt.
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