Kahlschlag beim Gründungszuschuss: Bundestag verabschiedet Gesetz mit fatalen Folgen für Gründer und Selbständige
München. Am Freitag stimmt der Bundestag über das „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ ab, das vor allem auf Einsparungen beim Gründungszuschuss zielt. Es besteht kein Zweifel mehr, dass die Änderungen ab 1. November in Kraft treten werden: Bereits am Mittwoch haben alle Abgeordneten der Regierungskoalition, also CDU, CSU und FDP, im Ausschuss für Arbeit und Soziales für das Gesetz gestimmt. Die Angehörigen der Oppositionsparteien haben geschlossen dagegen votiert.
Die Folge ist ein Kahlschlag bei der Gründungsförderung: Die Ausgaben für den Gründungszuschuss, nachweislich eines der erfolgreichsten Instrumente der Arbeitsmarktpolitik, werden ab 1. November um rund 75 Prozent gekürzt. Die bei der Bundesagentur für Arbeit bis 2015 geplanten 7,5 Mrd. Euro Einsparungen gehen ganz überwiegend zu Lasten des Gründungszuschusses.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes ignorieren die Politiker der Regierungskoalition die Warnungen von Experten und Wissenschaftlern. Die Fachebene in den Ministerien und bei der Bundesagentur für Arbeit sind sich einig in der Ablehnung des Gesetzes, IAB-Direktor Prof. Joachim Möller und DIW-Forschungsdirektor Prof. Alexander Kritikos haben sich öffentlich gegen die Kürzungen ausgesprochen.
In aller Kürze zum Hintergrund des Gesetzesvorhabens:
- Abschaffung des Rechtsanspruchs auf Gründungszuschuss, Umwandlung in eine Ermessensleistung
- Zugleich Kürzung des jährlichen Budgets von 1,8 Milliarden Euro auf 400 Millionen Euro
- Kürzung der entscheidenden ersten Phase des Gründungszuschusses (in Höhe des Arbeitslosengeld I zuzüglich 300 Euro Zuschuss zur Sozialversicherung) von neun auf sechs Monate
- Verlängerung des bei Gründung erforderlichen Restanspruchs auf Arbeitslosengeld I von 90 auf 150 Tage
- Die Kürzungen werden am 1. November ohne Übergangsregelungen in Kraft treten
Mit folgenden Auswirkungen ist zu rechnen:
- Massiver Rückgang des Gründungsgeschehens in Deutschland. Der ohnehin historisch niedrige Gründungssaldo in Deutschland wird stark negativ werden; Deutschland wird in internationalen Vergleichen weiter zurückfallen.
- Negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: 2010 haben sich mit dem Gründungszuschuss 146.500 Gründer selbst einen Arbeitsplatz geschaffen. In der Folge entstehen nach Berechnungen des IAB pro Gründer durchschnittlich 0,7 zusätzliche Arbeitsplätze (102.500). Diese rund 250.000 neuen Arbeitsplätze pro Jahr sind durch die Gesetzesänderung gefährdet.
- Die Existenzgründungen erfolgen künftig unter erheblichen Druck: Eine kürzere Vorbereitungszeit führt zu qualitativen Einbußen, außerdem müssen die Gründer den Break-even drei Monate früher erreichen, was sehr viel häufiger zu einem Scheitern führen wird.
- Zögerliche Gründer erkennen die Selbständigkeit erst dann als Alternative, wenn es für eine Förderung zu spät ist. Sie verbleiben in der Arbeitslosigkeit und rutschen in den Arbeitslosengeld-2-Bezug.
- Andere Gründungswillige nehmen aufgrund fehlender Planungssicherheit Abstand von ihrer Gründung und verbleiben ebenfalls länger in der Arbeitslosigkeit, wodurch die Kosten lediglich verlagert werden.
- Der Gründungszuschuss spielt eine wichtige Rolle bei der Kofinanzierung von ESF-Mitteln. Durch die Einsparungen könnte es zum Wegfall von EU-Mitteln kommen.
- Die Details der Gesetzesänderungen führen dazu, dass junge Menschen, Frauen und Migranten besonders von den Kürzungen betroffen sein werden.
Betroffene Existenzgründer haben nur noch wenige Wochen Zeit, um den Gründungszuschuss in seiner bisherigen Form zu beantragen.
gruendungszuschuss.de ist die führende Website zum Thema Existenzgründungsförderung in Deutschland. Betreiber ist Dr. Andreas Lutz, Autor zahlreicher Ratgeber für Selbständige und der wohl bekannteste Existenzgründungsberater Deutschlands. Wir berichten häufig als Erste über Entwicklungen auf dem Gebiet der Gründungsförderung und informieren seit Bekanntwerden des Kürzungsvorhabens laufend die 90.000 Abonnenten unseres Newsletters „News2Use“ zu diesem Thema.
Für Rückfragen zu den Gesetzesänderungen und ihren Auswirkungen für Betroffene stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
Ansprechpartner:
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