Nachrichten

Arbeit – Einen Begriff begreifen

Nicola Lepp

Frankfurt– Der Mensch hat seine Not mit der Arbeit: Mal ist sie zu viel, mal zu wenig, oft ist sie schlecht und manchmal gar nicht bezahlt. Die einen sind hoffnungslos überarbeitet, andere verzweifelt auf Arbeitssuche.
Die Sonderausstellung „WAS TUN? Über den Sinn menschlicher Arbeit“ nimmt sich des Themas in einer ungewöhnlichen Form an. Bis zum 16. September werden im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt mit fünf Rauminstallationen grundsätzliche Fragen an die Arbeit gestellt: Wie lassen sich Arbeit und Freizeit voneinander unterscheiden? Welchem Zweck dient Arbeit in einer kapitalistischen Gesellschaft? Wie entwickelt sich die individuelle Haltung zur Arbeit? Welche Bedeutung hat Arbeit jenseits von Macht, Geld und Anerkennung? Was sind die Optionen für die Arbeitswelt von morgen?


„Die Ausstellung legt, neben der Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklungen, großen Wert auf die Perspektiven des Individuums: die persönliche Sorge um den Lebensunterhalt, Befriedigung und soziale Anerkennung und nicht zuletzt die Funktion von Arbeit als einer sinnstiftenden Tätigkeit. Sie stellt heraus, dass Nützlichkeit nicht das letzte Argument sein kann, wenn es darum geht, den Sinn von Arbeit zu verstehen; dass Bezahlung nicht das einzige Kriterium für das Tätigsein ist oder dass Ausbildungswege, die sich allein an den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes orientieren, selten von Vorteil sind. Schließlich fragt die Ausstellung nach den Möglichkeiten einer Solidargemeinschaft, die durch eine Politik zu stärken wäre, die sich nicht hinter den vermeintlichen Zwängen der globalisierten Ökonomie versteckt“, erläutert Prof. Nicola Lepp, Kuratorin, Praxis für Ausstellungen und Theorie, Berlin. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht damit die Unverzichtbarkeit des Sozialen im Sinne einer elementaren Sorge der Gesellschaft um all ihre Glieder.

 

Dietmar Schmid, Präsident der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, zur Sonderausstellung: „Wir verwirklichen mit dieser Ausstellung einen interdisziplinären Ansatz zwischen Kultur-, Natur- und Sozialwissenschaften und gehen damit erste Schritte auf dem Weg zum neuen Kulturcampus. In der Ausstellung bieten wir raumgreifende Installationen, modernste Museumsdidaktik und viel Interaktion. Spielerische Elemente, wie ein Kartenspiel, bieten Besuchern jeder Altersklasse Anreize, Arbeit auch jenseits des Verständnisses einer Erwerbsquelle zu verstehen.“

 

Das Gesellschafts- und Gegenwartsthema „Arbeit“ bietet sich wie kaum ein anderes in hervorragender Weise für ein interdisziplinäres Experiment an – insbesondere in der Global-City Frankfurt am Main. „Neben der Ausstellung gibt es ein spannendes Begleitprogramm. Dort führen wir in Streitgesprächen und Podiumsdiskussionen viele Experten aus den Natur- und Sozialwissenschaften, aus Politik, Kultur und Wirtschaft zusammen, um mit ihnen über die Gestaltung unserer heutigen und zukünftigen Arbeitswelt zu diskutieren. Parallel findet ein Filmfestival im Kino Orfeos Erben statt, in dem deutlich wird, wie vielschichtig sich der Film der Thematik Arbeit angenommen hat“, so Dr. Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums Frankfurt.

 

Es werden kaum Exponate im klassischen Sinne gezeigt, vielmehr entfalten die Räume ihre Argumentation ausgehend von eigens entwickelten Film- und Videoinstallationen. Jede Abteilung ist in enger Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Künstlern entwickelt worden, um eine große Dichte von ästhetischer Qualität und inhaltlich-pädagogischem Anspruch zu erreichen.

 

„Diese Ausstellung musste in Frankfurt am Main zu sehen sein. Die innovative Herangehensweise der Ausstellung und die andauernde Brisanz des Themas eignen sich in hervorragender Weise für ein interdisziplinäres Frankfurter Experiment. Das Senckenberg Naturmuseum und das Historische Museum Frankfurt nehmen sich dieses wichtigen Themas im Spannungsfeld von Natur und Kultur des Menschen gemeinsam an“, so Carolina Romahn, Amtsleiterin, Kulturamt Frankfurt am Main.

 

Und unter Bedingungen von Globalisierung, internationaler Finanzkrise und den drohenden Folgen des Klimawandels verändert sich die Arbeitswelt in einem Ausmaß, dass sie ihre geläufige gesellschaftliche Funktion nicht mehr einnehmen kann: Die Vorstellung eines einmal erlernten Berufs, der den Platz des Einzelnen in der Gesellschaft markiert, sein Leben rhythmisiert und individuellen Sinn gibt, lässt sich heute kaum mehr realisieren. Mehr denn je stellt sich also die Frage: Was ist Arbeit und wofür ist sie gut?

 

„Wir freuen uns, dass die Ausstellung ‚WAS TUN? Über den Sinn menschlicher Arbeit‘ nach Frankfurt kommt. Die Ausstellung bietet den Menschen in unserer Region, besonders denjenigen, die sich in der Berufsorientierungsphase befinden, die Möglichkeit, sich auf ganz neue Weise und aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema Arbeitsumbrüchen in beruflichen Lebensläufen zu beschäftigen“, führt Peter Weißler, Geschäftsführer Arbeitslosenversicherung der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, aus.

 

Die Sonderausstellung basiert auf einer Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden. „In der Überarbeitung finden sich nun Bezugspunkte zum Senckenberg Naturmuseum und zum Historischem Museum Frankfurt. Am auffälligsten ist sicher der Bezug zur Tierwelt. So findet sich jetzt eine „Tierspur“, die durch die Ausstellung leitet und einen Bezug zu mindestens einem Tier in jedem der Ausstellungsräume herstellt“, ergänzt Christoph Wingender, Pressesprecher des Deutschen Hygiene Museums Dresden. Tiermotive werden auf den Plakaten und Bannern aufgegriffen. Der Inhalt der Ausstellung, also die Auseinandersetzung mit dem Thema „Arbeit“, wird durch den Einbezug der Tierwelt gleichzeitig intensiviert und mit einer spielerischen Note versehen.

 

Hintergründe zur Ausstellung, Rahmenprogramm und weiterführende Informationen bietet der Blog zur Ausstellung: http://wastun.senckenberg.de/

Die Erforschung von Lebensformen in ihrer Vielfalt und ihren Ökosystemen, Klimaforschung und Geologie, die Suche nach vergangenem Leben und letztlich das Verständnis des gesamten Systems Erde-Leben – dafür arbeitet die SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung. Ausstellungen und Museen sind die Schaufenster der Naturforschung, durch die Senckenberg aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse mit den Menschen teilt und Einblick in vergangene Zeitalter sowie die Vielfalt der Natur vermittelt. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert