EU-Kompetenzpanorama soll die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bei Arbeitskräften beheben helfen
Brüssel. Die Europäische Kommission hat heute das EU-Kompetenzpanorama, eine Website mit quantitativen und qualitativen Informationen zu kurz- und mittelfristig nachgefragten und angebotenen Qualifikationen sowie Diskrepanzen zwischen beiden, offiziell gestartet. Das Panorama stützt sich auf in der EU und in den Mitgliedsstaaten erstellten Daten und Prognosen und soll die Berufe mit der höchsten Wachstumsrate sowie die „Engpass-Berufe“, in denen es viele freie Stellen gibt, in den Vordergrund rücken. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sind EU-weit derzeit rund zwei Millionen Stellen unbesetzt. Die Website umfasst detaillierte nach Branchen, Berufen und Ländern gegliederte Informationen.
Androulla Vassiliou, EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, erklärte: „Bessere Kompetenzen und Qualifikationen sind ein ganz wesentlicher Faktor für die Steigerung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Europas. Das EU-Kompetenzpanorama hat die Funktion eines einzigen Zugangspunktes zu den aktuellsten europäischen und nationalen Informationsquellen. Mit seiner Hilfe werden wir die Reaktion der Bildungssysteme auf sich verändernde Qualifikationstrends verbessern und dafür sorgen können, dass die Menschen für die Bereiche ausgebildet sind, in denen mit steigender Nachfrage nach Arbeitskräften zu rechnen ist.“
László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Inklusion, meinte: „Das EU-Kompetenzpanorama ist das erste europäische Instrument, das mit nur einem Klick Zugang zu relevanten Informationen über Trends bei den Qualifikationsanforderungen in allen EU-Ländern bietet. Es veranschaulicht Diskrepanzen zwischen angebotenen und nachgefragten Kompetenzen und wird dazu beitragen, Arbeitssuchende zu den in ganz Europa am stärksten nachgefragten Beschäftigungen hinzulenken.“
Aus dem Kompetenzpanorama ist ersichtlich, dass derzeit in der EU die meisten freien Stellen in den Bereichen Finanzen und Vertrieb zu finden sind. Arbeitskräftemangel wird auch aus den Bereichen Biologie, Pharmakologie, Medizin und verwandte Berufe, sowie in der Krankenpflege, im IKT-Sektor und in technischen Berufen gemeldet. Auf der Website findet sich der Hinweis, dass die Diskrepanz zwischen den am Arbeitsmarkt angebotenen und nachgefragten Kompetenzen in Litauen, Bulgarien, Belgien, Ungarn und Irland am größten ist; deutlich besser hingegen ist die Lage in Portugal, Dänemark und den Niederlanden.
Das EU-Kompetenzpanorama wird regelmäßig mit den neuesten Daten aktualisiert.
Hintergrund
Ein besserer Abgleich zwischen Arbeitskräfteangebot und –nachfrage ist eine der zentralen Strategien des von der Kommission im April 2012 vorgelegten Beschäftigungspakets (IP/12/380, MEMO/12/252). Erreichen lässt sich das u. a. durch eine bessere Prognose des Kompetenzenbedarfs, sodass die zuständigen Behörden und Stakeholder die Lehrpläne anpassen und optimieren und junge Menschen Berufs- und Karriereentscheidungen aufgrund fundierter Informationen treffen können.
Vor Kurzem hat die Kommission die Strategie „Neue Denkansätze für die Bildung“ veröffentlicht, in der die Mitgliedstaaten zu sofortigem Handeln ermutigt werden, um dafür zu sorgen, dass junge Menschen die vom Arbeitsmarkt benötigten Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln, und damit die Mitgliedstaaten ihre Wachstums- und Beschäftigungsziele erreichen (IP/12/1233). Das Panorama ist Teil des Follow-up zu dieser Strategie.
Bereits vorhandene Informationen zu Kompetenzen sind meist über die Länder verstreut, schwer zu finden und schwierig zu vergleichen. Daher hat die Kommission im Rahmen ihrer Europa-2020-Leitintiative Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten (MEMO/10/602) beschlossen, das EU-Kompetenzpanorama als ein Instrument einzurichten, mit dem das Monitoring der nachgefragten Kompetenzen verbessert und das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage abgebaut werden können.
Der ebenfalls heute präsentierte Europäische Bericht über freie Stellen und Personalbeschaffung (European Vacancy and Recruitment Report, EVRR) ist eine der wichtigsten Informationsquellen für das EU-Kompetenzpanorama. Dieser zweijährige Bericht, der jetzt zum ersten Mal erstellt wurde, zeigt die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Arbeitsverträge, branchen- und berufsspezifische Nachfrage sowie Qualifikationsanforderungen auf.
Darüber hinaus umfasst das Panorama
- analytische Schlaglichter zu Beschäftigungstrends sowie zu bestimmten Branchen oder bereichsübergreifenden Kompetenzen. Analysiert werden Trends bei den am stärksten wachsenden Berufen und bei den am stärksten nachgefragten Berufen. Darüber hinaus werden prospektive Analysen auf Branchenebene sowie zu spezifischen Kompetenzbedarfslagen und Unausgewogenheiten präsentiert;
- ein Verzeichnis der auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene vorhandenen Informationsquellen. Damit erhalten Nutzerinnen und Nutzer unkomplizierten Zugang zu davor verstreut angebotenen Informationen.
Die erste Version des Panoramas ist in erster Linie für Politikverantwortliche, Forscher/innen, zwischengeschaltete Stellen und Fachleute gedacht. Sie erlaubt eine Tiefenanalyse und die Entwicklung einer evidenzbasierten Politik in der Bildungs- und Ausbildungsplanung sowie bei der Ausarbeitung gezielter Maßnahmen, um die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt abzubauen. Das Panorama soll noch erweitert werden, um auch die Bedürfnisse von Arbeitssuchenden, Arbeitskräften und Studierenden abzudecken, damit sie besser informierte Karriereentscheidungen treffen können.
Das EU-Kompetenzpanorama wird unterstützt vom Netzwerk der nationalen Beobachtungsstellen für Kompetenznachfrage und Diskrepanzen zwischen Kompetenzangebot und –nachfrage, dem Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop) und der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound).
Das Panorama ergänzt andere EU-Instrumente wie den Europäischen Monitor für offene Stellen (European Vacancy Monitor), Arbeitgeberumfragen und die europäischen branchenspezifischen Kompetenzgremien. Es vervollständigt praktische Informationen wie den Europass-Lebenslauf, den mehr als 10 Millionen Europäerinnen und Europäer verwenden. Das Kompetenzpanorama soll mit Unterstützung der Mitgliedsländer und der verschiedenen Partnerorganisationen weiter ausgebaut und aktualisiert werden.
Im Rahmen von „Erasmus für alle“, dem von der Kommission vorgeschlagenen Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport mit einem Budget von 19 Mrd. EUR, soll die Zahl der Personen, die zur Verbesserung ihrer Qualifikationen Stipendien für Studien- und Ausbildungsaufenthalte sowie Möglichkeiten für eine Freiwilligentätigkeit im Ausland erhalten, verdoppelt werden, und zwar auf 5 Millionen im Zeitraum 2014-2020. Mehr als zwei Drittel des Programmbudgets sind für diese Art der individuellen Lernmobilität vorgesehen, während die übrigen Mittel für Kooperationsprojekte in den Bereichen Innovation, Politikreformen und Verbreitung bewährter Verfahren bestimmt sind.
Weitere Informationen
Europäischer Bericht über freie Stellen und Personalbeschaffung
Europäische Kommission: Allgemeine und berufliche Bildung
Website von Androulla Vassiliou
Androulla Vassiliou auf Twitter @VassiliouEU
László Andor auf Twitter: http://twitter.com/#!/LaszloAndorEU