Rezessionsspuren: Die Entwicklung des Arbeits- und Ausbildungsstellenmarktes im Juli 2009
„Die Rezession der deutschen Wirtschaft hinterlässt auch im Juli Spuren auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem gab es die üblichen jahreszeitlichen Belastungen durch die Sommerpause. Insgesamt sind die bisherigen Auswirkungen des Abschwungs aber vergleichsweise moderat; vor allem die starke Nutzung der Kurzarbeit stabilisiert den Arbeitsmarkt.“, so fasste der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-J. Weise, die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Juli 2009 zusammen.
Arbeitslosenzahl im Juli: +52.000 auf 3.462.000
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +252.000
Arbeitslosenquote im Juli: +0,1 Prozentpunkte auf 8,2 Prozent
Die Arbeitslosigkeit ist von Juni auf Juli um 52.000 auf 3.462.000 gestiegen (West: +50.000 auf 2.368.000; Ost: +3.000 auf 1.094.000). Eine Zunahme der unbereinigten Arbeitslosigkeit ist im Juli üblich. Das Saisonbereinigungsverfahren errechnet für den Juli einen Rückgang von 6.000. Hierfür hat ein Sondereffekt infolge der Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente eine Rolle gespielt; berücksichtigt man die gesamte Entlastung durch Arbeitsmarktpolitik – die von dem Sondereffekt dominiert wird – wäre die Arbeitslosigkeit saisonbereinigt im Juli schätzungsweise um 30.000 gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 252.000 Arbeitslose mehr. Der Anstieg erklärt sich mit der schweren Rezession, in der sich die deutsche Wirtschaft befindet. Entlastend wirken Kurzarbeit und das rückläufige Arbeitskräfteangebot (-151.000 im Jahresdurchschnitt 2009). Bei der Interpretation der Arbeitslosendaten muss außerdem berücksichtigt werden, dass Ende 2007 vorruhestandsähnliche Regelungen ausgelaufen sind, die die Arbeitslosigkeit reduziert hatten. Personen, die 58 Jahre alt sind oder älter und früher diese Regelung in Anspruch genommen haben, werden nun als Arbeitslose gezählt. Die Quantifizierung dieses Effekts kann nur grob erfolgen und dürfte kumuliert seit Januar 2008 bei etwa 160.000 liegen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im Juni saisonbereinigt um 36.000 gesunken. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat nach vorläufigen Daten der BA, die bis Mai reichen, saisonbereinigt um 45.000 abgenommen. Nicht saisonbereinigt ist die Erwerbstätigkeit nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes von Mai auf Juni um 27.000 auf 40,20 Millionen gestiegen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Erwerbstätigkeit um 92.000 verringert. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag im Mai nach der Hochrechnung der BA bei 27,44 Millionen; gegenüber dem Vorjahr war das ein Zuwachs von 17.000. Dabei ist der Vorjahresabstand deutlich kleiner geworden und beruht ausschließlich auf einer Zunahme bei der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung. Die anderen Formen der Erwerbstätigkeit haben sich im Vorjahresvergleich uneinheitlich verändert: Während die Zahl der Selbständigen sowie die Zahl der Beschäftigten in Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung unter dem Vorjahresniveau lag, ist die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten leicht gestiegen. Die nach dem ILO-Erwerbskonzept vom Statistischen Bundesamt ermittelte Erwerbslosigkeit belief sich in Deutschland für den Juni auf 3,23 Millionen und die Erwerbslosenquote auf 7,5 Prozent. Im Juni gingen neue Anzeigen für 204.000 Kurzarbeiter aus konjunkturellen Gründen ein. Erste Schätzungen für den Juli signalisieren neue Anzeigen für konjunkturelle Kurzarbeit für weitere 170.000 bis 180.000 Personen.
In welcher Größenordnung Kurzarbeit tatsächlich in Anspruch genommen wird, kann die BA jedoch erst zwei Monate nach Quartalsende beziffern. Das gesamtwirtschaftliche Stellenangebot lag nach der Betriebsbefragung des IAB im ersten Quartal 2009 deutlich unter dem Vorjahresniveau. Auch der BA-X, der Stellenindex der BA, signalisiert ein Nachlassen der Kräftenachfrage. Die der BA gemeldeten Stellen insgesamt (darunter auch die ungeförderten Stellen für „normale“ sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, die besser die Marktentwicklung widerspiegeln) haben im Juli saisonbereinigt um 2.000 bzw. 5.000 abgenommen. Nicht saisonbereinigt blieb der gesamte Stellenbestand im Juli unverändert bei 484.000. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Bestand um 105.000 abgenommen. Von allen gemeldeten Stellen entfielen 269.000 auf ungeförderte Stellen für „normale“ sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Das waren genau so viele wie im Vormonat und 120.000 weniger als vor einem Jahr.
Am Ausbildungsstellenmarkt zeigt sich nach den aktuellen Daten der BA noch kein klares Bild: Von Oktober 2008 bis Juli 2009 wurden der Ausbildungsvermittlung insgesamt 414.100 Ausbildungsstellen gemeldet, 31.300 weniger als im Vorjahreszeitraum, aber trotz deutlicher Rezession lediglich 3 Prozent weniger als zur Boomphase im Juli 2007. Der Rückgang betrifft betriebliche (-21.900 auf 393.900) und außerbetriebliche (-9.400 auf 20.200) Ausbildungsplätze. 494.900 Bewerber haben die Ausbildungsvermittlung bei der Suche nach einer Lehrstelle eingeschaltet, 79.900 weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Bewerber nimmt nun schon im dritten Jahr in Folge ab. Dies ist vor allem auf die sinkende Zahl von Schulabgängern zurückzuführen. Daneben zeigt sich auch ein Trend der Jugendlichen zu höheren Schulabschlüssen. Weitere Einflussfaktoren sind die verstärkten Bemühungen der BA um die so genannten Altbewerber sowie die vertiefte Berufsorientierung, die Jugendliche und Ausbildungsbetriebe früher zusammen bringt. Die Zahl der noch unbesetzten Ausbildungsstellen lag im Juli mit 99.000 um 13.900 unter dem Vorjahreswert. Als noch unversorgt zählten im Juli 156.500 Bewerber, 34.500 weniger als vor einem Jahr. Eine Bewertung des Ausbildungsstellenmarktes kann erst im Herbst nach Abschluss des Berufsberatungsjahres erfolgen.
Dieser Pressedienst wird herausgegeben von:
Bundesagentur für Arbeit
Presseteam
Regensburger Strasse 104
D-90478 Nürnberg
E-Mail: zentrale.presse@arbeitsagentur.de
Tel.: 0911/179-2218
Fax: 0911/179-1487