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Auswahlgespräch: So vermeiden Sie Fehlbesetzungen

Oskar Ehehalt
Oskar Ehehalt

Irren ist menschlich, heißt es und selbst Personalverantwortliche sind davor nicht gänzlich gefeit. Doch gerade sie müssen im Recruiting-Prozess hinter jede Fassade schauen und Kandidaten absolut richtig beurteilen können. Das Auswahlgespräch ist dafür nach wie vor eines der geeignetsten Instrumente. Vorausgesetzt, man schöpft dessen volles Potenzial aus. Wer Kandidaten nur persönlich kennenlernen will, um dann aufgrund eines positiven oder negativen Bauchgefühls eine Entscheidung zu treffen, geht hohe Risiken ein. Vor allem finanzielle, denn eine Fehlbesetzung kann das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Lesen Sie deshalb heute, welche Fehler Sie bei der Durchführung von Auswahlgesprächen vermeiden sollten und mit welchen Fragetechniken Sie ein Interview gezielt gestalten können.

Jeder hat sich schon einmal in einem Menschen getäuscht. Resultiert daraus jedoch personelle Fehlbesetzung, kann es das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Mit einem gut geführten Bewerbungsinterview können Sie das Risiko minimieren. Erfahren Sie hier, worauf es dabei ankommt.

Von 2.800 anonym befragten Personalchefs und Geschäftsführern unterschiedlich großer Unternehmen gab gut ein Drittel zu, im letzten halben Jahr mindestens eine personelle Fehlentscheidung getroffen zu haben. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Recruiting Trends 2014“ der Münchner Personalberatung Pape. Das große Problem dabei ist, dass das Irren eines Personalers das Unternehmen teuer zu stehen kommen kann – „zwischen 30.000 und 100.000 Euro“ beziffert Spiegel online. Fehlbesetzungen im Vertrieb und im Management richteten dabei den größten Schaden an.

Jedes gute Interview braucht einen Fahrplan

Das Bewerbungsgespräch ist nach wie vor eines der wichtigsten Instrumente im Recruiting-Prozess. Nach dem persönlichen Kennenlernen entscheiden sich viele Personaler für oder gegen einen Bewerber – und nicht wenige tun das aus dem Bauch heraus. Doch das Ziel eines Auswahlgesprächs sollte nicht allein ein „gutes Gefühl“ in Bezug auf den Bewerber sein. Viel wichtiger ist es, objektiv beurteilen zu können, ob er oder sie den Anforderungen gewachsen ist und sicherzugehen, die bestmögliche Besetzung gefunden zu haben. Doch häufig führen unstrukturierte Interviews ohne entsprechende Vorbereitung dazu, dass letztendlich nur der erste Eindruck, den der Personaler vom Bewerber bekommen hat, verifiziert wird. Das geschieht meist unbewusst. Denn ohne Fahrplan entwickelt sich das Gespräch situativ und in seinem Verlauf sucht der Personaler nach Aspekten, die er ohnehin erwartet. Dabei versäumt er es, dem Bewerber in allen relevanten Dingen auf den Zahn zu fühlen.

Im Vorfeld Auswahlkriterien definieren

Ebenso wichtig wie ein strukturierter Gesprächsplan ist die Definition von Auswahlkriterien, die nach dem Gespräch objektiv bewertet werden können. Fehlen diese, sinkt die Zuverlässigkeit des Interviews, denn nun können verschiedene Interviewer aus demselben Gespräch unterschiedliche Schlüsse ziehen. Die Auswahlkriterien sollten sich in erster Linie auf die Anforderungen der zu besetzenden Position beziehen und nicht nur persönliche Eigenschaften des Bewerbers beleuchten. Mit Hilfe eines solchen Kriterienkatalogs lässt sich auch vermeiden, dass der Personaler zu stark von sogenannten Kontextfaktoren beeinflusst wird – zum Beispiel durch den direkten Vergleich zum vorherigen Bewerber oder aber durch die wahrgenommene Ähnlichkeit zwischen Interviewer und Bewerber, die meist unbewusst Sympathie hervorruft.

Auswahlgespräche zielgruppenspezifisch gestalten

Nicht zuletzt gilt es auch, das Gespräch zielgruppenspezifisch zu gestalten. Ein gut geführtes Auswahlgespräch bedarf in erster Linie guter Fragen. Doch man kann nicht jeden Bewerber mit den gleichen Fragen konfrontieren. Gerade bei der Besetzung von Führungspositionen ist größte Sorgfalt geboten, denn Führungskräfte können und sollen das Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Personelle Fehlentscheidungen auf dieser Ebene können weitreichende und kostspielige Folgen haben. Deshalb müssen die Auswahlgespräche mit dieser Zielgruppe darauf abzielen, Kernkompetenzen wie Führungsmotivation, Führungstechnik und Führungspersönlichkeit klar herauszustellen. So gibt es zum Beispiel immer wieder Kandidaten, die eine Führungsposition allein deshalb anstreben, weil es der nächste logische Karriereschritt ist. Mit den richtigen Fragen im Bewerbungsgespräch findet ein guter Personaler schnell heraus, ob in dem Fall eine Spezialistenlaufbahn dem Bewerber eher liegt als eine Führungsrolle.

Gestaltungsspielraum durch Fragetechniken

Mit den richtigen Fragetechniken lassen sich in einem Bewerbungsgespräch –  egal mit welcher Zielgruppe – präzise die gewünschten Informationen ermitteln. Mit den folgenden Fragetechniken lässt sich ein Auswahlgespräch abwechslungsreich und vor allem zielführend gestalten:

Situative Fragen
Situative Fragen fokussieren eine konkrete Situation in der Vergangenheit des Kandidaten und geben dem Personaler Aufschluss auf sein individuelles Verhalten. (z.B. Was war ihre konkrete Aufgabe und wie haben Sie sie gelöst?)

Offene und geschlossene Fragen
Mit offenen Fragen (z.B.Warum ist unser Unternehmen für Sie attraktiv?) lassen sich eine Vielzahl an Informationen gewinnen. Geschlossene Fragen (ja oder nein) lassen dem Kandidaten nur wenig Spielraum und zielen auf eine klare Entscheidung ab.

Skalen und Reihenfolgen
Mit Fragen, die einen gewissen Antwortspielraum vorgeben, bringen Sie den Bewerber dazu zum Beispiel sich selbst punktgenau zu bewerten. Sie eignen sich generell auch als Einstieg in einen neuen Gesprächsabschnitt. (Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut schätzen Sie Ihre Fähigkeit ein, Konflikte zu lösen?)

Multiple Choice Fragen
Diese Auswahlfragen eignen sich sehr gut, wenn in subtiler Form eigene Vermutungen über den Kandidaten belegt oder widerlegt werden sollen. (Wenn Sie aufgrund sehr guter Leistungen die Wahl haben zwischen einer Prämie, zusätzlichen Urlaubstagen oder einem offiziellen Lob durch die Geschäftsführung – wofür würden Sie sich entscheiden?)

Hypothetische Fragen
Diese Fragetechnik lädt zum Träumen ein. Die Antworten können sowohl aufschlussreich sein, als auch aufs Glatteis führen, weil sich der Kandidat in diesem Moment in einer hypothetischen Situation befindet und kein reales Verhalten reflektiert. (Wenn Sie Ihre Wunschposition kreieren könnten, worauf würden Sie den größten Wert legen?)

Spiegelfragen
Spiegelfragen sind sehr direkte Fragen, die den Kandidaten zu einer Stellungnahme auffordern und mitunter bewusst einen Widerspruch provozieren sollen. (Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sie Aufgaben grundsätzlich lieber selbst erledigen, als zu delegieren. Habe ich recht?)

Triadische Fragen
Sie fragen den Kandidaten nach der Meinung eines nicht anwesenden Dritten und führen so eine Außenperspektive in das Gespräch ein. Damit veranlassen Sie ihn, über die Wirkung seines Verhaltens zu reflektieren. (Wenn ich Ihren besten Freund nach Ihren Stärken fragen würde, welche würde er mir nennen?)

Quelle: Jobscout24 Newsletter


(Quellen: Jochen Gabrisch, „Die Besten Entdecken“, Personalwirtschaft 4. Auflage 2013 www.spiegel.de, www.olev.de )

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