Wettbewerbskraft braucht ein leistungsstarkes Personalcontrolling
Dazu muss dieses eine neue Rolle einnehmen und dem Management als Coach zur Seite stehen.
Ein Gastbeitrag von Thorsten Ziemann zum Thema Personalcontrolling
Die Perspektive wechseln
Wie Controller generell gelten Personalcontroller in vielen Unternehmen noch als Erbsenzähler. Und weil in der Regel niemand so richtig weiß, was sie alles bieten können, entsprechen ihrem tradierten Image leider oft auch ihre Leistungen: Die Personalcontroller dürfen dem Geschehen hinterherrechnen und die Vergangenheit in Zahlen fassen.
Doch die Vergangenheit ist genauso von gestern wie der Nutzen des traditionellen Personalcontrollings. Denn unsere Wirtschaftswelt hat sich gewandelt. Globalisierung und Digitalisierung machen sie komplex und dynamisch. Moderne Unternehmen reagieren darauf mit innovativen Geschäftsmodellen und einer flexiblen strategischen Agenda.
Es geht um Schnelligkeit, Agilität und Schlagkraft. HR ist in diesem Kontext gefordert, einen maßgeblichen Wertbeitrag zu leisten und zu belegen – also die personalwirtschaftliche Wertschöpfung mit Blick auf aktuelle Business-Anforderungen zu planen, zu messen und zu steuern.
Sportsgeist zeigen
Diese proaktive „Wertarbeit“ gelingt nur auf Basis strategisch motivierter Fakten. Zuständig dafür wäre per se das Personalcontrolling. Doch mit Erbsenzählen kann niemand die Zukunft gewinnen: Das Personalcontrolling muss eine neue Rolle einnehmen.
Unternehmen brauchen heute ein Personalcontrolling, das nach vorn schaut und die strategischen Linien selbstbewusst und entschlossen in den Blick nimmt. Gefragt ist ein Personalcontrolling, bei dem es unter dem Strich nicht um Zahlen geht, sondern um Ziele, nicht um Metriken, sondern um Menschen, die gemeinsam etwas erreichen wollen. Mit diesem „sportiven“ Profil vor Augen können wir die neue Rolle des Personalcontrollings konkretisieren: Es ist die eines Coaches, der das Management fit macht, wettbewerbsstark nach vorn zu gehen.
Wie ein Coach muss das Personalcontrolling dabei das Ganze im Blick haben – die große Linie genauso wie die Details und die Chance, etwas zu bewegen. Das Personalcontrolling sollte in seiner neuen Rolle Stratege, Analytiker und Macher sein.
Als Stratege die große Linie ziehen
Ein guter Coach stellt zwei strategisch relevante Fragen: Welche Ziele haben wir? Und wie können wir sie erreichen? Daraus ergeben sich die Einkaufspolitik, die Budgetplanung, die Aufstellung, die Trainingspläne und anderes mehr.
Beide Fragen sollte auch ein Personalcontroller stellen – dem Top-Management genauso wie dem Business. Aus den Antworten ergeben sich die Themen, die ein Unternehmen vorantreiben, die entsprechenden Handlungsfelder von HR und „harte“ Schlüsselindikatoren, die das personalwirtschaftliche Handeln mit der Management-Agenda und der HR-Strategie verbinden.
Wer zum Beispiel eine Wachstumsinitiative fahren will, braucht ein leistungsstarkes Sales-Team. Doch sind die erforderlichen Leute bereits an Bord? Oder muss eine kompetente Mannschaft erst aufgestellt werden? Auf welche Programme kommt es dabei an? Und was kostet das Ganze? Ein strategisches Personalcontrolling stellt die richtigen Fragen und liefert für die Antworten die entscheidenden Daten.
Als Analytiker für Klarheit sorgen
Nur wer die Fakten kennt, kann sich nach ihnen richten – ohne Daten geht nichts. Ein erfolgreicher Coach kennt die Leistungswerte seines Teams sehr genau. Die Anforderungen an das Personalcontrolling sind hier groß: Es muss die relevanten personalwirtschaftlichen Steuergrößen definieren, valide Daten erheben und alles entscheidungsorientiert zusammenführen.
Die Informationen werden dann so miteinander verknüpft, dass sie in ihrem strukturierten Zusammenhang „Storys“ ergeben, die ganze Themenblöcke transparent machen. „Zählen“ und „erzählen“ – also einordnen, interpretieren und kommentieren – gehören zusammen.
Deshalb können Unternehmen auf Basis substanzieller Analysen nicht nur den Status quo ihres Personalsystems verstehen, sondern auch dessen Zukunft simulieren und Trends rechtzeitig erkennen: Die strategische Personalplanung, das Talent-Management oder ein risikosensitives Demografie-Management gewinnen eine belastbare Basis.
Als Macher etwas bewegen
Informationen sind kein Selbstzweck. Sie dienen dazu, etwas zu bewegen: Ein guter Coach kennt seine Strategie, unterlegt sie mit Fakten und leitet daraus Trainingseinheiten und taktische Spielpläne ab. Auch HR muss den entscheidenden Schritt vom Messen zum Machen gehen.
Die Strategie gibt dabei den Handlungsrahmen vor, und Mitarbeiterbefragungen helfen, ihn inhaltlich zu füllen. Denn sie klären, wo es aus Sicht der Mitarbeiter fehlt, damit sie sich im Sinne der Unternehmensziele und -werte erfolgreich engagieren können. Aus den erhobenen Daten kann HR Maßnahmen ableiten und im Zuge strukturierter Folgeprozesse umsetzen. Das Personalcontrolling wird dabei zu einem Impulsgeber und Chancen-Manager.
In der neuen Rolle sichtbar werden
Damit das Personalcontrolling in seiner neuen Rolle wahrgenommen und akzeptiert wird, muss es auch erlebbar und sichtbar sein. Das Personalcontrolling sollte sich dazu mit klaren Leistungsversprechen ins Spiel bringen. Es muss in Beratungsgesprächen, mit Reports („Dashboards“) und anderen Tools seinen Kunden einen echten Mehrwert bieten. Und es sollte über seine Erfolge reden.
So ergeben sich zahlreiche „Touchpoints“, die dem Personalcontrolling in der Wahrnehmung seiner Kunden ein attraktives Profil geben und gleichzeitig bereichsintern Identität stiften. Beides – Profil und Identität – machen das Personalcontrolling zu einer überzeugenden Marke im HR-Leistungsangebot.
Eine starke Position einnehmen
Erfolgreiche Coaches haben eine starke Position. Das Personalcontrolling sollte ebenfalls gut positioniert sein – also organisatorisch prominent eingebettet werden und als Stratege, Analytiker und Macher kompetent Verantwortung übernehmen.
Personalcontroller müssen dabei eine Menge können – gesucht sind strategisch denkende Profis, die analytisch fit sind und als ideenreiche Berater mit ihren Kunden auch auf neuen Wegen nach vorn gehen. Besonders wichtig ist jedoch der Mut des tatkräftigen Coaches, die neue Rolle lebendig werden zu lassen. Von „Erbsenzählern“ redet dann niemand mehr!
Der Autor:
Thorsten Ziemann (42) leitet das Personalcontrolling der Commerzbank AG in Frankfurt am Main. Er versteht Personalcontrolling als ganzheitliche Leistung, die an den strategischen Themen ansetzt, dazu entscheidungsorientierte Daten liefert und Impulse mit Business-Relevanz gibt. Entschieden plädiert Ziemann für ein neues Selbstverständnis des Personalcontrollings.