Arbeitsmarkt

Entwicklungsland: Deutsche Konzerne entdecken erst jetzt Frauen für die Führung

Es gibt Bewegung an den deutschen Unternehmensspitzen: Rekordverdächtig viele Wechsel haben im vergangenen Jahr zu mehr neuen Frauen als sonst in den Vorständen der 160 deutschen Börsenunternehmen geführt. Es kommt also etwas in Bewegung – allerdings auf
extrem niedrigem Niveau, denn noch immer sind mehr als 90 Prozent der Vorstandsmitglieder Männer und nur 9,3 Prozent sind Frauen. Der Blick ins Ausland zeigt: Was Vielfalt in der Führung betrifft, ist Deutschland Entwicklungsland. Dass Frauen für die Führung entdeckt
werden, geschieht in Deutschland viel später als anderswo. Mehrere Frauen im Vorstand – in Deutschland noch die absolute Ausnahme – sind in amerikanischen, französischen und schwedischen Unternehmen längst die Norm.


Und es gibt im Ausland vieles zu lernen: vor allen Dingen eine inklusive Unternehmenskultur, in der Führungspersönlichkeiten mit unterschiedlichem Hintergrund gewollt sind und befördert werden. Damit die positiven Effekte von Vielfalt in der Führung wirksam werden können, braucht es mehr als 9,3 Prozent Frauen – es braucht mindestens 30, besser noch 40 Prozent. Und es braucht eine größere Bandbreite, was Ausbildung und Herkunft betrifft – Ostdeutsche beispielsweise sind in deutschen Vorständen so gut wie gar nicht vertreten.

Von dieser Vielfalt ist Deutschland noch weit entfernt. Es ist eine sehr träge Masse, die sich da gerade in Bewegung setzt – möge sie eine umso größere Kraft entfalten, wenn sie erst richtig in Gang gekommen ist!

Und dazu können alle beitragen, denn wenn – Unternehmen Frauen in der Führung weniger als Problem und mehr als Chance, als ungenutztes Potential sehen und aufhören, Frauen immer nur zu fördern, um sie stattdessen einfach zu befördern, – die Politik konsequenter die Weichen stellt, indem sie beispielsweise das Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form abschafft, zusätzliche »Vätermonate« beim Elterngeld einführt und im Öffentlichen Dienst vorbildhaft einen Frauenanteil von 40 Prozent in den
Führungspositionen durchsetzt, – eine kritische Öffentlichkeit ihre Macht nutzt und Chancengleichheit in den Unternehmen einfordert, ihre Arbeitsplatzwahl und ihr Konsumverhalten daran ausrichtet und damit das Thema ebenso auf die gesellschaftliche Agenda setzt wie es beispielsweise schon bei Nachhaltigkeit geschehen ist, wird es wesentlich schneller vorangehen als bislang.

Weiterlesen: Allbright-Bericht

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