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Soziales Unternehmertum: Selbstverbesserung oder gewiefte Selbstvermarktung?

Unternehmen sind nicht nur auf die Verbesserung ihrer Produkte und die Maximierung ihrer Gewinne ausgerichtet, sie tragen auch Verantwortung für die Gestaltung unserer Gesellschaften in Gegenwart und Zukunft – insbesondere im Hinblick auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Die vom Neuburger Gesprächskreis und der Universität Passau organisierte Veranstaltungsreihe „Wissenschaft trifft Praxis“ stellte am 14. Januar das Thema „Unternehmertum und soziale Verantwortung“ in den Mittelpunkt. Zu Gast waren Martin Rudolf Brenninkmeijer, Mitglied im Vorstand der C&A Foundation, und Prof. Dr. Rodrigo Isidor, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre IV: Human Resource Management and Intrapreneurship der Universität Bayreuth.

Im Format „Wissenschaft trifft Praxis“ beschäftigen sich jeweils eine Praktikerin oder ein Praktiker und eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler aus ihrer Perspektive mit einem zukunftsweisenden Thema und treten anschließend in Diskussion miteinander.

Die beiden Vorsitzenden des Neuburger Gesprächskreises, Universitätspräsidentin Prof. Dr. Carola Jungwirth und Dr. Fritz Audebert, mit den Referenten Martin Rudolf Brenninkmeijer (r.), Prof. Dr. Rodrigo Isidor (Mitte) sowie Moderatorin Barbara Motschenbacher. Foto: Universität Passau

Martin Rudolf Brenninkmeijer, Mitglied der fünften Generation der Unternehmerfamilie Brenninkmeijer, zeigte sich als Praktiker in seinem Vortrag überzeugt von der bedeutenden Rolle von Unternehmen für die Gesellschaft und das Gemeinwohl. Er führte dieses Thema am Beispiel der C&A Foundation aus, die vor 30 Jahren als Unternehmensstiftung in Brasilien gegründet wurde; 1996 und 2011 folgten Standorte in Mexiko und Europa. „Die globale Modeindustrie berührt mehr als 150 Millionen Menschen jeden Tag. Diese große Reichweite hat das Potential, um das Leben vieler Menschen zu verbessern“, betonte Brenninkmeijer, der als Mitglied im Vorstand der C&A Foundation tätig ist. Um dieses Ziel zu erreichen, gelte es, die Veränderung einer ganzen Branche mitzuprägen und mit sozialen und ökologischen Methoden zu beschleunigen. Für diesen nicht linear verlaufenden Prozess seien starke Organisationen, Netzwerke und langfristig ausgerichtete Partnerschaften gefragt, um experimentieren, lernen und adaptieren und die heute Marginalisierten gleichberechtigt einbinden zu können.

Prof. Dr. Rodrigo Isidor hinterfragte in seinem Vortrag die Motive von Social Entrepreneurship aus wissenschaftlicher Perspektive. Seiner Einschätzung nach steht Gewinnerzielung nicht im Widerspruch zu sozialem Handeln, da erzielte Gewinne es Unternehmen ermöglicht, sich selbst zu tragen und ihre Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern und zu erweitern. So könnten gleichzeitig Gewinne für das Unternehmen als Nutzen für die Gesellschaft erzielt werden.

Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigte Isidor an drei Unternehmen beispielhaft auf: Die Agentur Grünschnitt, die Menschen aus dem Autismus-Spektrum in den ersten Arbeitsmarkt integriert; den Hersteller shoemates, der nachhaltig produzierte Schuhe verkauft und pro verkauftem Paar ein weiteres Paar an Schulkinder in Afghanistan spendet, sowie die Suchmaschine ECOSIA, die mit ihren Werbeeinnahmen Wälder aufforstet. „Bei der Frage, ob etwas als sozial gut ist oder schlecht empfunden wird, hängt von der Sichtweise ab“, erläuterte der Wirtschaftswissenschaftler. „Bei der deontologischen Sichtweise ist soziales Handeln nur gut, wenn es aus Überzeugung getan wird. Die konsequentialistische Sichtweise bewertet hingegen lediglich das Ergebnis des Handelns.“ Insgesamt habe der Druck aus der Gesellschaft auf Unternehmen, sozial und nachhaltig zu handeln, in den letzten Jahren enorm zugenommen.

Die folgende Diskussion wurde moderiert von Barbara Motschenbacher, Beraterin für Unternehmensentwicklung und Vorsitzende des AlumniClub – Ehemaligenverein der der Universität Passau e.V. Das Publikum beteiligte sich rege und stellte zahlreiche Fragen, die von den beiden Referenten auch noch beim anschließenden Empfang im Foyer beantwortet wurden.

 

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