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Wo Arbeitgeber besonders attraktiv sein müssen

Die Fachkräfteengpässe haben stark zugenommen. Aktuell sind 79,5 Prozent aller offenen Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben. In vielen Regionen und begehrten Berufen können sich Fachkräfte ihren Arbeitgeber aussuchen. Der Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke durch Employer Branding wird für erfolgreiches Recruiting immer mehr zur Pflicht.

Wo Arbeitgeber besonders attraktiv sein müssen

Foto: iStock

Immer mehr Unternehmen berichten von Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung (Bossler et al., 2018). Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ist inzwischen das größte Hemmnis für die wirtschaftliche Aktivität der Unternehmen.

Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) berechnet regelmäßig die Engpassquote. Dieser Indikator beschreibt die regionale Fachkräftesituation auf dem Arbeitsmarkt. Die Engpassquote gibt an, welcher Anteil der offenen Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben ist (Malin et al., 2019). In Engpassberufen kommen weniger als 200 qualifizierte Arbeitslose auf 100 bei den Arbeitsagenturen gemeldete offene Stellen. Dies berücksichtigt, dass nur etwa jede zweite offene Stelle gemeldet wird (IAB, 2019). Stellen für geringqualifizierte Helfer bleiben bei der Berechnung der Engpassquote außen vor.

Zum 30.06.2019 lag die Engpassquote deutschlandweit bei 79,5 Prozent. Das bedeutet, dass die Unternehmen heute zum überwiegenden Teil Mitarbeiter suchen, die einen Engpassberuf erlernt haben. Das war früher anders: Im Jahr 2010 betrug die Engpassquote deutschlandweit nur 25,4 Prozent. Vor fünf Jahren war sie bereits auf 48,5 Prozent gestiegen. Ein großer Teil des Arbeitsmarktes ist demnach zu einem Bewerbermarkt geworden, in dem sich aktuell die Bewerber zunehmend den attraktivsten Arbeitgeber aussuchen können.

Die gestiegenen Engpassquoten gehen sowohl auf eine steigende Anzahl offener Stellen als auch auf eine sinkende Anzahl qualifizierter Arbeitsloser zurück. Außerdem fragen die Unternehmen andere Berufe nach als früher, ohne dass sich die Qualifikationen der verfügbaren Arbeitskräfte im selben Maße verändert hätten. Der Fachkräftemangel bei Technischen Produktdesignern etwa hat zwar zu deutlich gestiegenen Ausbildungszahlen geführt, der Bedarf kann dennoch weiterhin nicht gedeckt werden (Burstedde/Schirner, 2019).

Vielen Regionen fehlen Fachkräfte mit Ausbildung und Studium

Die Engpassquote unterscheidet sich nur wenig nach dem gesuchten Qualifikationsniveau: So sind bei Stellen für Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung 80,4 Prozent in Engpassberufen ausgeschrieben, bei Spezialisten mit Bachelor- oder Fortbildungsabschluss (bspw. Meister, Techniker) 82,0 Prozent und bei Experten mit Master oder vergleichbaren Qualifikationen 69,3 Prozent.

Es bestehen jedoch große regionale Unterschiede (siehe Grafik). Der Süden Deutschlands ist am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen. In Ostdeutschland war die Situation lange entspannter, in den letzten Jahren hat sich die Situation aber auch dort verschärft. Die niedrigste Engpassquote findet sich im Arbeitsagenturbezirk Berlin Süd mit 35,2 Prozent. Dort steht der Nachfrage der Unternehmen noch ein vergleichsweise großes Arbeitsangebot gegenüber. Die höchste Engpass­quote findet sich im Arbeitsagenturbezirk Schwäbisch Hall/Tauberbischofsheim in Baden-Württemberg. Hier sind 93,5 Prozent aller Stellen in Engpassberufen ausgeschrieben. In Regionen mit einer hohen Engpassquote stehen Arbeitgeber im besonders starken Wettbewerb um Fachkräfte.

Der Arbeitsmarkt unterscheidet sich stark nach Berufen

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt unterscheidet sich stark nach Berufen. Mit der interaktiven Karte (Link) zu diesem Kurzbericht lässt sich die regionale Fachkräftesituation für einzelne Berufsgruppen darstellen. Beispielsweise Spezialisten in medizinischen Gesundheitsberufen fehlen deutschlandweit – die Engpassquote liegt in 152 von 156 Regionen bei über 90 Prozent. Zu diesen Berufen zählen Fachkrankenpfleger und Physiotherapeuten. Sehr begehrt sind auch qualifizierte Fachkräfte für (Innen-)Ausbau und Informatik. In diesen Berufen konzentriert sich die Nachfrage der Unternehmen jedoch stärker auf einzelne Regionen. Beispielsweise gibt es in weiten Teilen Ostdeutschlands kaum offene Stellen oder Beschäftigte in IT-Berufen (Anger et al., 2019, 72). Weniger Besetzungsprobleme gibt es im Bereich der Kaufleute, insbesondere im Bereich der Unternehmensorganisation. Hier liegen die Engpassquoten in den meisten Regionen unter 30 Prozent.

Bürokaufleute sind daher vergleichsweise leicht am externen Arbeitsmarkt zu finden. So kommen bei den Büro- und Sekretariats-Fachkräften deutschlandweit 447 Arbeitslose auf 100 gemeldete offene Stellen. Das liegt auch daran, dass Kaufmann/-frau für Büromanagement nach wie vor der beliebteste Ausbildungsberuf ist (BIBB, 2019). Wer jedoch Fachkräfte mit Ausbildung in Sanitärtechnik, Rohrleitungsbau oder Bahn-Betriebsdienst sucht, muss schon ein besonders attraktiver Arbeitgeber sein – in diesen Engpassberufen kommen jeweils weniger als 40 Arbeitslose auf 100 gemeldete offene Stellen. Es müssen noch mehr Menschen für eine Ausbildung in diesen Berufen begeistert werden, damit die Lücken in Zukunft nicht noch größer werden. In anderen Berufen liegen hingegen nur regional begrenzte Fachkräfteengpässe vor, und schon die überregionale Rekrutierung innerhalb Deutschlands kann zum Erfolg führen – beispielsweise bei Köchen oder Fachkräften für Lagerlogistik (Burstedde et al., 2019).

Mit Employer Branding zur attraktiven Arbeitgebermarke

Besonders wirkungsvoll im Wettbewerb um knappe Arbeitskräfte ist eine starke Arbeitgebermarke. Unternehmen können diese durch einen strategischen Employer-Branding-Prozess aufbauen. Durch eine Unternehmens-, Zielgruppen- und Wettbewerberanalyse werden zunächst die eigenen Stärken und Schwächen identifiziert. Die Erkenntnisse aus diesem Prozess können zur Verbesserung des Arbeitsklimas beitragen und so die Mitarbeiterbindung erhöhen. Die eigenen Stärken als Arbeitgeber können als glaubwürdige Kernbotschaften formuliert und nach innen und außen kommuniziert werden. Eine starke Arbeitgebermarke vermittelt einen realistischen und lebendigen Einblick in die Arbeitswelt des Unternehmens und macht Bewerbern Lust auf mehr. Die passgenaue Ansprache verschiedener Zielgruppen ist dabei besonders erfolgversprechend (Stippler et al., 2019). Bietet ein Unternehmen beispielsweise flexible Arbeitszeiten an, sollte es klarstellen, welche Möglichkeiten sich daraus für unterschiedliche Beschäftigtengruppen ergeben: Für eine Pflegefachkraft ist es wichtig, dass sie an der Schichtplanung beteiligt wird, während es für einen Softwareentwickler eher relevant ist, inwiefern er Arbeitszeit und -ort frei wählen kann.

Beim Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung auf www.kofa.de erhalten Unternehmen Handlungsempfehlungen und Checklisten für ein erfolgreiches Employer Branding.

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