Managerinnen- und Expertinnen-Netzwerke machen Druck bei Frauenquote
Wiesbaden – Zum 100. Weltfrauentag haben sich Frauen Business Netzwerke in Deutschland zusammengeschlossen und fordern von der Politik mehr Druck auf die Unternehmen, um eine gleichberechtigte Präsenz von Frauen und Männern in Vorständen und Aufsichtsräten zu erreichen. Die seit Jahren folgenlosen Lippenbekenntnisse müssen endlich durch eine klare Zielvorgabe ersetzt werden, fordern die Managerinnen und Expertinnen. Ohne eine Frauenquote werde sich maßgeblich nichts bewegen.
Seit 2001 gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft. Zehn Jahre haben aber kaum messbare Veränderungen gebracht. Nur 3,2 Prozent der Top-200-Unter-nehmen haben 2010 nach der aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsfor-schung (DIW) einen weiblichen Vorstand. In den 30 Dax-Unternehmen sind vier von 186 Vorständen weiblich. Um Unternehmensziele zu erreichen und sie mit Nachdruck anzustreben, brauche es klare Zielvereinbarungen samt Konsequenzen bei Zielverfehlung. Bei jedem strategisch relevanten Unternehmensziel sei diese Festlegung völlig unstrittig. Bei der Besetzung von Führungspositionen in der Wirtschaft möchte man im Unverbindlichen bleiben und nenne das wirtschaftliche Freiheit. Die Frauen wollen aber nicht länger warten: deshalb fordern sie mindestens 40 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen in den Führungsgremien als Basis für erfolgreiches Wirtschaften. Da dies offensichtlich weder von alleine noch durch Selbstverpflichtungen funktioniere, müsse eine Quote her – und nur deshalb.
Gemeinsam stark sein
Mit dieser Forderung setzen sich die Businessnetzwerke gemeinsam in der Öffentlichkeit für die Sache der Frauen ein. Es geht ihnen dabei um Gleichstellung und um die Zukunftsfähig-keit der deutschen Wirtschaft. Zu den Netzwerken gehören djb (Deutscher Juristinnenbund), dib (deutscher ingenieurinnenbund) sowie die Initiative für mehr Frauen in Aufsichtsräten Nürnberger Resolution und Erfolgsfaktor Frau e.V. Mit ihrer Forderung wollen die Frauen auch deutlich machen, dass Unternehmenssprecher und Verbandsfunktionäre, die sich ständig in der Öffentlichkeit gegen eine Quote aussprechen, nicht in ihrem Namen und der schweigenden Mehrheit der Frauen sprechen, sagt Sieglinde Schneider, Initiatorin und aktive Netzwerkerin.
Die „Quotilden-Diskussion“ – die Quote befördere nur Frauen und nicht die Besten nach oben – halten die Netzwerkerinnen für haltlos. Nachweislich gibt es genügend gut ausgebildete und erfolgreiche Frauen. An der exzellenten Qualifizierung und Eignung scheitern Frauen nicht. Aber an fehlender Vernetzung, Unterstützung und Durchsetzungsfähigkeit in einer homosozialen Männerdomäne. „Wer keine Chance bekommt, kann sie auch nicht nutzen“, sagt Sieglinde Schneider. „Also muss man dafür kämpfen.“ Genau das ist das Ziel der koordinierten Aktion.
Umdenken und Vielfalt wagen
Es muss ein Umdenken in den Köpfen stattfinden, neben gezielten Programmen zur För-derung von talentierten Frauen, Netzwerken, Förderung durch männliche Mentoren und weibliche Vorbilder. Nur so können alte Klischees aufgebrochen und Mut zu mehr Vielfalt gemacht werden. Immer denselben Typus Manager einzustellen, ist der falsche Weg, das wissen alle. Und doch werden Strukturen mit einer ausgeprägt männlichen Kultur immer noch – häufig unbewusst – gefördert und Männer wie selbstverständlich bevorzugt. Dieses Gefüge muss hinterfragt und durchbrochen werden. Nach jahrelangen Fehlschlägen sind neue Wege einzuschlagen, die die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln.
Verbindlichkeit und klare Ziele setzen
Daher fordern die Frauennetzwerke eine gesetzliche Quote. Ganz im Sinne des Vorstoßes von Arbeitsministerin von der Leyen: Statt Freiwilligkeit muss Verbindlichkeit geschaffen werden, weil sich sonst nichts bewegen wird.
Wenn Führungskräfte die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen und des Standorts Deutschland im Auge haben, müssen sie mehr Frauen fördern. Dann wird es zum vorrangigen Ziel, Männer aus der Komfortzone herauszuholen und sie in die Pflicht für die Zukunft zu nehmen, sagen die Netzwerkerinnen. Und sie verbinden damit auch die Erwartung, dass sich durch eine grundsätzliche Einstellungsänderung auch positive Auswirkungen auf ein besser balanciertes Leben zwischen Arbeit, Freizeit und Familie ergäben – für beide Geschlechter.
Politik in die Pflicht nehmen
Mit diesem gesamtgesellschaftlichen Auftrag wenden sich die Netzwerkerinnen auch gemeinsam an die Politik: allen voran an die Bundeskanzlerin und die verantwortlichen Ministerinnen und Minister – ausdrücklich nicht nur an das Familienministerium. Zuvorderst wollen sie den Bundeswirtschaftsminister samt seinen Länderkollegen für die Quote gewin-nen, aber auch die Bundesbildungs- sowie die bereits engagierte Arbeitsministerin.
Die beteiligten Netzwerke
Deutscher Juristinnen Bund (djb), deutscher Ingenieurinnenbund (dib), Erfolgsfaktor Frau, sowie die Nürnberger Resolution für mehr Frauen in die Aufsichtsräte und Führungspositionen.
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Sieglinde Schneider | T 0611/ 40 80 610 | sieglinde.schneider@accente.de