Gelernt ist gelernt? Migranten haben die gleichen Kompetenzen wie Deutsche, wenn zuhause deutsch gesprochen wurde
Nürnberg. Personen mit Migrationshintergrund, die als Kinder zu Hause deutsch gesprochen haben, weisen ähnliche Fähigkeiten beim Lesen und Rechnen auf wie vergleichbare Deutsche. Migranten, die in der Kindheit nicht vorwiegend Deutsch gesprochen haben, schneiden in beiden Kompetenzbereichen dagegen deutlich schlechter ab als die Befragten aus deutschsprachigen Haushalten. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Grundlage der Studie sind Interviews und Tests mit 4.000 in Deutschland lebenden Personen zwischen 18 und 52 Jahren.
Bei vergleichbaren Voraussetzungen wie Schulabschluss und Ausbildung lassen sich dem IAB zufolge keine Kompetenzunterschiede zwischen Migranten, in deren Kindheit zu Hause deutsch gesprochen wurde, und der übrigen deutschen Bevölkerung feststellen.
Laut der IAB-Studie schneidet insgesamt ein Viertel der Bevölkerung beim Lesen und Rechnen unterhalb des Niveaus ab, das für eine problemlose Bewältigung des Alltags und eine erfolgreiche Teilnahme an der Arbeitswelt in modernen Gesellschaften erforderlich ist. Ein hohes Kompetenzniveau haben dagegen beim Lesen 20 Prozent und im Rechnen 30 Prozent. Frauen sind bei der Lesekompetenz etwas besser als Männer, diese liegen dafür bei den Rechen-Tests deutlich vorne.
Aus dem IAB-Kurzbereicht „Gelernt ist gelernt?“
Trotz dieser Einschränkung sollen nochmals einige zentrale Ergebnisse hervorgehoben werden. Neben den Alters- und Bildungsunterschieden sind hier insbesondere die Resultate zu den Migranten und ihren Nachkommen zu nennen. Bei diesen ist nicht so sehr überraschend, dass Personen aus fremdsprachigen Elternhäusern geringere Kompetenzen aufweisen als Personen aus deutschsprachigen Haushalten. Wichtig ist vielmehr, dass es darüber hinaus keine Effekte des Migrationshintergrunds gibt. Das heißt, deutschsprachig aufgewachsene Migranten schneiden nicht schlechter ab als die übrige deutsche Bevölkerung.
Weiter ist erwähnenswert, dass der soziale Hintergrund der Eltern sich nicht nur auf die Bildungschancen von Kindern auswirkt: Höher gebildete Eltern sind darüber hinaus in der Lage, ihren Kindern Vorteile zu verschaffen, die sich bis ins Erwachsenenalter in einem höheren Kompetenzniveau niederschlagen. Die bereits hinlänglich bekannten Nachteile, mit denen sich Kinder mit schwächerem Bildungshintergrund beim Bildungs- und Kompetenzerwerb konfrontiert sehen, schreiben sich demnach im Laufe des Lebens fort und erhärten die damit einhergehenden sozialen Ungleichheiten.
Aus Sicht der Arbeitsmarktforschung sei besonders bemerkenswert, dass nicht erwerbstätige oder arbeitslose Erwachsene geringere Lese- und Rechenleistungen aufweisen als Erwerbstätige. Ob sich allerdings Kompetenzen aufgrund von Arbeitslosigkeit vermindern oder ob es eher Personen mit geringeren Kompetenzen sind, die arbeitslos werden und bleiben, sei mit den vorliegenden Daten noch nicht abschließend zu beantworten. Dafür seien Wiederholungsbefragungen erforderlich, deren Ergebnisse aber erst in einigen Jahren vorliegen werden, erklärt das IAB.
Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2011/kb0511.pdf.
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
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