Kompetenzen sind Währung von heute: OECD-Strategie fordert Investitionen in Aus- und Weiterbildung
Berlin/Paris. Je schwächer grundlegende Fähigkeiten wie Lesen und mathematische Problemlösung ausgebildet sind, umso wahrscheinlicher finden sich Menschen in der untersten Einkommensgruppe, sind arbeitslos oder krank. Die “Skills Strategy” der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) appelliert daher an die Mitgliedsländer der Organisation, verstärkt in Grund-, Aus- und Weiterbildung zu investieren. Die Initiative, die diese Woche auf dem OECD-Ministertreffen in Paris diskutiert wird, möchte Regierungen dabei helfen, eine stabile Wirtschaft aufzubauen, die Beschäftigung anzukurbeln und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
In Deutschland verlassen heute 14 Prozent der Menschen bis 34 Jahre die Schule ohne Abschluss (in der Schweiz sind es 10, in Österreich 12 Prozent). Damit sind die Länder zwar besser als der OECD-Durchschnitt (19 Prozent), aber auch hier gibt es Gruppen, denen die grundlegenden Kompetenzen fehlen, um in modernen Gesellschaften zu bestehen. So sind Menschen mit gering ausgebildeten Basisfähigkeiten beinahe doppelt so häufig arbeitslos wie jene mit guten Grundlagen. Auch ist es 1,7 Mal so wahrscheinlich, dass sie zu den Geringverdienern gehören wie bei der gut gebildeten Vergleichsgruppe. Zudem sinken das generelle Vertrauen, die politische Urteilskraft und die Gesundheit je weniger die Kernkompetenzen ausgeprägt sind.
„Kompetenzen sind die Währung des 21. Jahrhunderts. Sie verändern Leben und sind der Motor der Wirtschaft“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Regierungen müssen in die Fähigkeiten investieren, die Menschen brauchen, um die Arbeit von morgen zu verrichten – und sie müssen das effizienter tun als bisher.“ Die Skills Strategy warnt davor, die öffentlichen Kassen gerade über Bildungseinschnitte zu sanieren. Bildungsausgaben seien eine Investition in die Zukunft und hätten daher Priorität.
Die Strategie soll dabei helfen, ein Paradoxon aufzulösen, das seit einigen Jahren verstärkt zutage tritt: Auf der einen Seite ist die Arbeitslosigkeit seit der Krise in vielen Ländern auf einem Höchststand, auf der anderen Seite berichten Arbeitgeber rund um den Globus über Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. Die Strategie schafft einen Rahmen, der es Ländern ermöglicht, ihre Stärken und Schwächen zu analysieren und zeigt individuelle Wege auf, um die Kompetenzen von Jugendlichen und Erwachsenen auszubauen und mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes in Einklang zu bringen.
Unter anderem empfiehlt sie:
- Arbeitgeber und Gewerkschaften stärker in die Aus- und Weiterbildung einzubeziehen;
- Den Wandel der Arbeitsmärkte zu beobachten und Bildungs- und Trainingsangebote besser auf aktuelle Bedürfnisse abzustimmen;
- Hindernisse für lebenslanges Lernen abzubauen, das heißt verständlicher über Bildungsangebote zu informieren, gezielte Berufs- und Karriereberatung einzusetzen, Programme flexibel zu gestalten und Finanzierungswege aufzuzeigen;
- Die Arbeitskräftemobilität innerhalb einzelner Länder und über die Grenzen hinweg zu erhöhen;
- Unternehmertum von klein auf zu fördern und Sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zu helfen, vorhandene Fähigkeiten besser zu nutzen
Teil der Skills Strategy ist auch der sogenannte PIAAC-Test, der die Kernkompetenzen von Erwachsenen international vergleicht. PIAAC erfasst die Fähigkeiten von jeweils mindestens 5000 Menschen aus 26 Ländern und liefert dadurch einen Überblick über grundlegende Fähigkeiten von Arbeitskräften weltweit. Die ersten Ergebnisse dieses Tests werden im Oktober 2013 durch den OECD Skills Outlook präsentiert.
Bereits heute geht ein Webportal der OECD an den Start, das mit Hilfe der Pearson Foundation Kompetenz-Daten aus 40 Ländern interaktiv aufbereitet: http://skills.oecd.org.
Weitere Informationen: Schwerpunkte der OECD Skills Strategy (pdf, 3MB)