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Geplante EU-Datenschutzverordnung schießt über Ziel hinaus

  • Datenschutzrecht muss moderner werden und praktikabel bleiben
  • Viele Vorschläge machen innovative Online-Dienste unmöglich
Dr. Bernhard Rohleder

Der Hightech-Verband BITKOM hat anlässlich des 7. Europäischen Datenschutztages vor einer Überregulierung aus Brüssel gewarnt. Nach der Vorlage eines Entwurfs für eine EU-weit einheitliche Datenschutzverordnung hatte das Europaparlament kürzlich Vorschläge für eine weitere Verschärfung vorgelegt. Aus Sicht der Hightech-Industrie verfehlen viele der geplanten Regelungen das Ziel, den Datenschutz zu modernisieren. „Der Schutz unserer Privatsphäre wird nicht dadurch besser, dass jede Datenverarbeitung mit bürokratischen Hürden versehen wird“, sagte BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

„Nach der geplanten Datenschutzverordnung werden viele bislang kostenlose Online-Dienste in Europa nicht mehr möglich sein.“ Der Grundsatz „Keine Datenverarbeitung ohne Einwilligung“ klinge zwar sinnvoll, sei in der Praxis aber kaum umzusetzen und schränke die Benutzerfreundlichkeit massiv ein. Das gelte zum Beispiel für die Einblendung von Werbung auf Webseiten oder Bonitätsprüfungen bei Bestellvorgängen im Internet.

 

Grundsätzlich unterstützt die ITK-Branche die Bemühungen der EU, den Datenschutz in Europa auf ein einheitlich hohes Niveau zu bringen. Dabei müsse aber verhindert werden, dass die Regelungen eine sinnvolle Nutzung von Daten zu stark einschränken oder unmöglich machen. „Mit der Digitalisierung von Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung werden die Datenmengen noch einmal steigen“, sagte Rohleder. „Der Wert digitaler Infrastrukturen liegt insbesondere in der sinnvollen, kontrollierten Nutzung dieser Daten. Ein zu enges Datenschutzkorsett macht jedoch innovative Dienste zum Wohl der Menschen und der gesamten Gesellschaft fast unmöglich.“ Besser sei es, Anreize zu schaffen, damit Daten so oft wie möglich nur anonymisiert oder verschlüsselt verarbeitet werden, um Missbrauch auszuschließen.

 

Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des BITKOM sind 93 Prozent der Internetnutzer in Deutschland der Ansicht, dass das Thema Datenschutz zunehmend wichtiger wird. 44 Prozent der Befragten meinen, dass ihre persönlichen Daten im Internet „eher unsicher“ sind, 15 Prozent sogar „völlig unsicher“. Immerhin 39 Prozent halten ihre persönlichen Daten dagegen im Internet für sicher oder sehr sicher. 35 Prozent haben aus Datenschutzgründen bereits Falschangaben im Internet gemacht. Die Hauptverantwortung für den Schutz ihrer Daten sehen Internetnutzer vor allem bei sich selbst: Gut die Hälfte (54 Prozent) der Internetnutzer ist der Ansicht, dass die Nutzer für den Schutz persönlicher Daten zuständig sind. 23 Prozent sehen die Verantwortung beim Staat, 13 Prozent bei den Datenschutzbeauftragten und nur 6 Prozent bei den Unternehmen. Rohleder: „Jeder muss seinen Beitrag zum Datenschutz leisten. Die Nutzer durch ein sorgsames und bewusstes Verhalten und die Unternehmen, indem sie ihre Angebote möglichst datenschutzfreundlich gestalten.“

Der BITKOM hat folgende Schwachpunkte in der geplanten EU-Datenschutzverordnung identifiziert:

  • Der Anwendungsbereich der Datenschutzverordnung droht auszuufern und Sachverhalte des täglichen Lebens und Wirtschaftslebens zu erfassen, die keinen Zusammenhang mehr mit dem eigentlichen Schutzzweck der Verordnung aufweisen.
  • Um die zahlreichen Einwilligungen für die Datenverarbeitung bei Online-Angeboten korrekt einzuholen, müssen aller Voraussicht nach mehr Daten erhoben werden als zuvor. Bislang funktioniert die Datenverarbeitung vielfach auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis unter Einsatz von Pseudonymen, zum Beispiel einer dynamischen IP-Adresse.
  • Arbeitnehmer werden auf freiwillige Leistungen ihrer Arbeitgeber wie zum Beispiel Aktien- oder Gesundheitsprogramme verzichten müssen, weil diese die dazu notwendigen Daten künftig nicht mehr legal verarbeiten können.
  • Rahmenbedingungen für Start-ups und die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle verschlechtern sich massiv aufgrund erheblicher Unsicherheiten über die künftige Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas wird in dieser Hinsicht erheblich beeinträchtigt.

 

Der BITKOM vertritt mehr als 1.700 Unternehmen, davon über 1.200 Direktmitglieder mit 135 Milliarden Euro Umsatz und 700.000 Beschäftigten. Nahezu alle Global Player sowie 800 Mittelständler und zahlreiche gründergeführte Unternehmen werden durch BITKOM repräsentiert. Hierzu zählen Anbieter von Software & IT-Services, Telekommunikations- und Internetdiensten, Hersteller von Hardware und Consumer Electronics sowie Unternehmen der digitalen Medien. Der BITKOM setzt sich insbesondere für eine Modernisierung des Bildungssystems, eine innovationsorientierte Wirtschaftspolitik und eine zukunftsfähige Netzpolitik ein.

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