Umgang mit Karriere-Flops: Nicht angenommen, nie richtig angekommen
Berlin, 15.8.2009. Ein Gastbeitrag von Bewerbungsratgeber Gerhard Winkler
„Die neue Arbeit nahm ich voller Elan auf. Im Büro herrschte jedoch um mich herum eine gespenstische Ruhe. Der Teamleiter, der mich einarbeiten sollte, hatte stets viel um die Ohren. Seine rechte Hand war eine recht launische Person, und ich hatte stets das Gefühl, ihr auf die Nerven zu gehen. Mit den anderen Kolleginnen und Kollegen kam ich sehr gut klar. Doch was die Chefs betrifft, fühlte ich mich einfach nicht willkommen.
Das hatte zur Folge, dass ich mich immer mehr zurückgezogen habe und die mir gestellten Aufgaben möglichst ohne viel Rückfragen erledigen wollte. Das ging dann oftmals schief.
Es kam, wie es kommen musste: ordentliche Kündigung nach drei Monaten. Wie das Zeugnis ausfällt, kann ich noch nicht einschätzen. Allerdings wurde mir versichert, dass mir keine Steine in den Weg gelegt werden.
Natürlich habe ich den einen oder anderen kapitalen Fehler begangen. Durch die ständige Kritik fühlte ich mich jedoch überfordert und war am Ende kaum noch motiviert. Ich spiele mit dem Gedanken, diese kurze Zeit in meinen zukünftigen Bewerbungen nicht zu erwähnen und sie mit einer vorherigen, zweimonatigen Arbeitslosigkeit zu verschmelzen. Oder soll ich mit diesem Betriebsunfall in meiner Karrierebilanz so souverän wie möglich umgehen? (O.H)
– Sie sind irgendwo eingestiegen. Der Job hat gefloppt. Das Arbeitszeugnis steht noch aus. Sie sind guten Glaubens, dass es nicht wirklich vernichtend ausfällt. Sie sehen diese etwas beschämende Episode durchaus selbstkritisch, im Gespräch mit anderen Jobprofis oder wenn Sie mit einem Karriereberater reden. Am liebsten möchten Sie das Ganze aber nicht nur abschreiben, sondern auch komplett vergessen. Und nicht nur das. Sie wollen es ungeschehen machen.
Sie stehen vor Ihren zwei nächsten Fehlern.
1. Fehler: Nichts aus dem Trauerspiel zu lernen.
2. Fehler: Ihre 3-monatige Joberfahrung durch eine fiktive Phase der Joblosigkeit zu kaschieren
Rekapitulieren wir, was passiert ist:
- Man hat Sie nicht bemerkt. Also haben Sie sich unsichtbar gemacht.
- Man hat nicht mit Ihnen gesprochen. Also sind Sie verstummt.
- Man hatte keine Zeit für Sie. Deshalb haben Sie sich die Zeit mit Kollegen vertrieben.
- Sie fühlten sich nicht willkommen. Folglich haben Sie sich mehr und mehr verabschiedet.
- Sie haben ohne Rückendeckung, ohne Peilung, ohne Anleitung, ohne Feedback und ohne jede Fortune gearbeitet.
- Ihr Fehler war zu hoffen, dass man Ihre Anfängerfehler verzeiht und Ihre fehlende Courage nicht bemerkt.
Abwesende Vorgesetzte sind jedoch nicht geistesabwesend.
Ihr Versäumnisse und Vergehen wurden am Ende der Einarbeitungszeit für Sie grausam, aber buchhalterisch korrekt aufaddiert. Die Bilanz ernüchtert Sie selbst. Aus olympischer Perspektive – dort oben weilen bekanntlich die Götter und Arbeitgeber – erscheint es als völlig irrelevant, wie Ihre Flops zustande kamen. Mit mehr Einsatz und Fürsorge des Vorgesetzten wäre das Schlimmste vielleicht vermeidbar gewesen. Dass Sie 12 Wochen lang weitgehend unberaten vor sich hingearbeitet haben ist aber bloß ein Versäumnis mehr.
Halten Sie vom ersten Tag an Ihre Vorgesetzten informiert – selbst, wenn Sie es gewohnt sind, selbständig zu arbeiten. Verfassen Sie am Wochenende einen schriftlichen Bericht und mailen Sie ihn Ihrem Boss, auch wenn Sie dazu nicht aufgefordert wurden. Halten Sie die Schwierigkeiten, aber auch die Erfolge und Leistungen des Tags für sich selber schriftlich fest. Bitten Sie Ihren Vorgesetzten schriftlich um einen Gesprächstermin, wenn man Ihnen auf Anfrage keinen geben will.
Vorgesetzte obstruieren bisweilen, konterkarieren sogar Ihre Bemühungen. Chefs sind oft mit sich selbst beschäftigt oder sie surfen auf golf.de oder sie halten Sie vom ersten Tag an für falsch gecastet und des Führens nicht wert. Wer weiß, was hinter der Tür zum Chefbüro passiert. Doch wenn Sie diese Tür nicht aufkriegen, kriegen Sie bis zum vorhersehbaren schlechten Ende auch keinen Fuß in das Unternehmen.
Väter verabschieden sich. Valuten vaporisieren. Verantwortliche verweigern sich vollinhaltlich. Ihr Vorgesetzter hat für Sie vorhanden zu sein. Punktum. Erlauben Sie ihm nicht:
- Ihnen keine ordentliche Arbeit zu vergeben
- mit Ihnen keine Ziele zu vereinbaren
- Ihnen keine Zeitvorgaben zu setzen
- Ihnen nicht die notwendigen Mittel zu bewilligen
- Ihnen keine ausreichende Unterstützung zu gewährleisten
- Ihnen nicht ausreichende Kompetenzen einzuräumen
- Ihre Rolle im Team nicht klar zu definieren
- Ihre Zuarbeiter nicht zum Zuarbeiten zu verpflichten
- Ihnen Rat und Fürsorge vorzuenthalten.
Es gibt für einen Neuankömmling kein probates Mittel gegen den Chef, der ungerührt mies führt oder Sie an der Nase herumführt oder Sie ungeführt ins Ungefähre und damit ins Probezeitdesaster laufen lässt. Organisationen tendieren im Konfliktfall dazu, den Vorgesetzten zu halten und den Untergebenen zu feuern. Falls der Vorgesetzte dauerhaft blockiert, informieren Sie nach einigen Versuchen eben dessen Vorgesetzten. Zur glaubwürdigen Darstellung Ihrer Lage brauchen Sie Ihre Aufschriebe und Mailduplikate. Vielleicht lenkt ein direkter Vorgesetzter in der Folge ein und nimmt seine Fürsorgepflicht wahr. Ganz sicher sind Sie aber im Besitz von Belegen und Dokumenten, die Ihnen im Kündigungsfall, der meist auch einen Konflikt um ein korrektes und positiv formuliertes Arbeitszeugnis nach sich zieht, von echtem Nutzen sein werden.
Fazit:
Sie haben ein Recht darauf, ordentlich geführt zu werden. Fordern Sie das ein. Sichern Sie sich vor allem dann ab, wenn Sie fürchten oder voraussehen, dass man Sie in der Probezeit fallen lässt. Halten Sie dazu die erforderlichen Prozesse ein.
Und was die Idee betrifft, drei Monate Job einfach durch 12 Wochen Jobsuche zu ersetzen: Es spricht durchaus für Sie, wenn jemand Sie eingestellt und 90 Tage lang beschäftigt hat. Es spricht absolut nicht für Sie, wenn keiner Sie in diesen 90 Tagen einstellen wollte. Sie erklären viel leichter, weshalb es letztendlich nicht geklappt hat, als weshalb es überhaupt nicht klappen wollte.
2009 Gerhard Winkler,
jova-nova.com
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