Warum? Eine Wutbewerbung
Wenn Bewerberberater Gerhard Winkler (jova-nova.com) wütend wird, weil sich Bewerber so „angepasst“ und unterwürfig präsentieren, kommt kein lautes Schreien von seinen Lippen. Im Gegenteil.
Er hackt dann seine scharfsinnige Meinung mit verbissener Mine in die Tastatur seines Facebook-Posts. Was dabei rauskommt? Eine Anleitung zur Selbstachtung der Bewerber.
WARUM?
Warum, warum, warum muss man, wenn man sich wie Sie für einen weit unter allem Standard bezahlten, üblicherweise bloß befristeten Job in der Sparte Wir-Tun-Gutes-mit-Jugendlichen bewirbt, warum muss man da sein Bewerbungsschreiben immer mit Emo-Talk, Sozialindustrie-Slang und Super-Idealismus-Statements anreichern?
Nehmen Ihre Bewerbung irgendwelche Gesinnungsprüfer entgegen? Checken die tatsächlich, ob man sein Anschreiben auch mit „sozial schwierig“, „indivduell fördern“, „Zugang erleichtern“, „sich positiv einbringen“ etc. gespickt hat?
Klar, man bemerkt Ihre gute Absicht, aber da bleibt dann halt nicht mehr viel darüber zu merken, was Sie eigentlich selber konkret unternommen, bewirkt und geleistet haben.
Ihr Anschreiben ist dabei auch noch unsäglich lang. Das kommt davon, wenn man dem Jobanbieter das süße Gift der uneigentlichen Rede einflößt. Das kommt aber auch deswegen, weil Sie unbedingt Ihre bisherigen Arbeitgeber in ihrem segensreichen Tun wortreich erklären müssen. Falls da wirklich jemand so weit ab von der Hauptstadt agiert, dass er noch nie was von F*** gehört hat, dann kann er doch googeln, für wenn Sie gejobbt haben!
Am korrektesten finde ich Ihr „Schülerinnen und Schüler (im Folgenden Schüler)“. Das nutzt Ihren Neuntklässlern und der Gesellschaft insgesamt immens, wenn man sich in seinem Anschreiben gendermäßig all inclusive gibt.
Die Schülerinnen, denen Sie zu einer beruflichen Ausbildung jenseits der Friseurin verholfen haben, werden Ihnen wohl nicht böse sein, wenn Sie in einem Bewerbungsschreiben alle Ihre betreuten Lernenden einfach unter Schüler firmieren.
Sie reden ja mit Ihrem Anschreiben nicht Ihre Schülerinnen und Schüler direkt an. Sie informieren bloß ein paar Geschäftsführerinnen und den gelegentlichen Geschäftsführer darüber, für wen Sie sich bisher pädagogisch eingesetzt haben.
Sie machen Ihre Arbeitgeber bedeutend. Sie machen Ihre Arbeit gesellschaftlich relevant. Sie sichern Ihre Wortwahl ab. Für mich klingt das ziemlich traurig. Sie trauen nicht dem guten Ruf Ihrer Arbeitgeber. Sie denken nicht, dass Ihre Arbeitsleistung schon genug für sich spricht. Und Sie fürchten den Zorn der Gleichstellungsbeauftragten.
Quelle: Facebook Post