Sind semantische Suche und Matching der Königsweg im digitalen Recruiting?
Das Wort „Börse“ vermittelt seit ewigen Zeiten das Konzept, Angebot und Nachfrage eines bestimmten Produkts auszugleichen und zu einem angemessenen Preis zwischen den Marktteilnehmern zu vermitteln. Wenn es um Jobbörsen geht, ist ein solcher Ausgleich eigentlich in weiter Ferne, viele Marktteilnehmer tun sich schwer, Angebot von Bewerbern und Nachfrage von Arbeitgeber zusammen zu bringen.
Gerhard Kenk von Crosswater Job Guide sprach mit Dr. Sebastian Dettmers, Geschäftsführer bei Stepstone Deutschland über Herausforderungen, Matching Technologie und ob Recruiter sich mit Fuzzy Logic auskennen müssen.
- Crosswater: Weshalb ist es für Jobbörsen eine Herausforderung, Angebot und Nachfrage zusammen zu bringen?
Dr. Sebastian Dettmers: Eine große Herausforderung bei der Jobsuche ist die Sprache, denn alle unsere Produkte basieren letztlich auf Sprache. Stellenanzeigen und Lebensläufe bestehen aus Worten und Sätzen, häufig enthalten sie z.B. auch Bullet Points mit Stichworten oder Satzfragmente. Je nach Branche und Unternehmenskultur verwenden Stellenanbieter unterschiedliche Wörter, um ein Berufsbild zu bezeichnen und näher zu beschreiben. Auf der anderen Seite können auch die Suchanfragen sehr unterschiedlich sein. In dieser Masse an Informationen hilft eine intelligente Suchtechnologie Jobsuchenden und Recruitern, genau das richtige zu finden – sei es ein passender Job oder ein passender Kandidat. Aus diesem Grund investieren wir derzeit massiv in den weiteren Ausbau unserer Suchtechnologie StepMATCH.
- Im Technik-Jargon des digitalen Recruiting wird der Prozess als „Semantische Suche & Matching“ bezeichnet. Was verstehen Sie eigentlich darunter?
Semantische Suche und Matching bei StepStone bedeutet, dass unsere Suchtechnologie die Intention eines Suchbegriffs erkennt und automatisch alle passenden Stellen aus diesem Themenkomplex ausliefert – in einer nach Relevanz sortierten Ergebnisliste. Die semantische Suche berücksichtigt also alle Synonyme eines eingegeben Jobtitels. Noch besser wird die Treffergenauigkeit durch die Vorschlagsliste, die dem Kandidat aktiv Vorschläge zu seinen Suchbegriffen unterbreitet. Das erleichtert insbesondere denjenigen Kandidaten die Jobsuche, die mobile Endgeräte dafür nutzen, denn das Tippen lässt sich so auf ein Minimum beschränken. Die Mission unserer Suchtechnologie StepMATCH ist, jeden Jobsuchenden möglichst schnell und einfach zum passenden Job zu führen.
- Welche qualitativen und quantitativen Voraussetzungen müssen vorhanden sein oder geschaffen werden, damit der Matching-Prozess erfolgreich wird?
Die wichtigste Voraussetzung ist, dass sich der Recruiter in den suchenden Kandidaten hineinversetzt. Wie geht er bei der Jobsuche vor? Welche Suchbegriffe wird er benutzen? Genau diese Suchbegriffe sollten sich dann in der Stellenanzeige wiederfinden, damit sie gut auffindbar ist. Je mehr sprachliche Übereinstimmungen es gibt, desto höher wird sich die Anzeige in der Ergebnisliste wiederfinden. Und wir alle kennen es aus unserem eigenen Suchverhalten im Internet, z.B. bei Google: In der Regel interessieren wir uns nur für die Ergebnisse, die weit oben stehen. Genau wie Unternehmen also versuchen, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung über clevere Suchmaschinenoptimierung (SEO) weit oben in der Google-Trefferliste zu platzieren, sollten auch Recruiter vorgehen. Sie sollten bei ihrer Anzeigenformulierung also eine Art „Job-SEO“ berücksichtigen.
- In Stellenanzeigen bzw. Stellenanforderungsprofilen werden die wichtigsten Anforderungen aus Sicht des Arbeitgebers beschrieben. Das können Tätigkeitsbeschreibung, Jobtitel, Berufserfahrung oder Ausbildung sein. Sind das die einzigen Eigenschaften für einen erfolgreichen Matching-Prozess oder kommen noch andere Kriterien hinzu?
Damit Kandidaten die passende Anzeige direkt finden, kommt es vor allem auf die richtigen Formulierungen der von Ihnen genannten Eigenschaften an. Aber: Um diese Kandidaten dann auch wirklich für die Position zu begeistern und zu einer Bewerbung zu motivieren, sind weitergehende Informationen unerlässlich, also z.B. welche Vorzüge und Entwicklungsmöglichkeiten das Unternehmen seinen Mitarbeitern bietet und was die Unternehmenskultur ausmacht. Unsere aktuelle Trendstudie hat ergeben, dass die Stellenanzeige heute für fast 80 Prozent der Kandidaten die erste Anlaufstelle bei der Jobsuche ist. Arbeitgeber haben mit der Stellenanzeige eine hervorragende Gelegenheit, Aufmerksamkeit für ihre Arbeitgebermarke zu schaffen. Diese Gelegenheit sollten sie nutzen.
- Bewerber müssen für einen automatischen Matching-Prozess ebenfalls ihre relevanten Kriterien definieren – denn nur so kann ein Matching-Prozess funktionieren. Welche Herausforderungen zeigen sich hierbei in der Praxis?
Fachkräfte, die bei www.stepstone.de nach passenden Stellen suchen, wollen auf direktem Weg das passende Jobangebot finden – je schneller, desto besser. Die meisten nutzen die Schnellsuche mit den beiden Eingabefeldern „Was“ und „Wo“ auf unserer Startseite – in Zeiten der mobilen Jobsuche gilt das mehr denn. Am meisten genutzt wird die Suche nach dem Jobtitel und genau hier liegt auch eine der größten Herausforderungen. Wie bereits erwähnt, nutzen die Kandidaten für ihre Suche unterschiedliche Herangehensweisen und Begrifflichkeiten. StepMATCH hilft Jobsuchenden dabei, trotzdem schnell zu den passenden Jobangeboten zu gelangen.
- Müssen erfolgreiche Recruiter beim Matching jetzt Bool’sche Algebra und die Feinheiten der Fuzzy Logic, also der Logik der Unschärfe, lernen?
Nein, genau das nimmt StepMATCH den Recruitern ab. Wenn sich Stellenanbieter an den o.g. Tipps orientiert, erledigt StepMATCH automatisch den Rest. Das Jonglieren mit Eventualitäten, OR und AND entfällt für den Recruiter vollständig.
- Stepstone hat viel in innovative Technologie investiert – das Produkt „Stepmatch“ ist das Ergebnis dieser Entwicklung. Können Sie die Funktionsweise von „Stepmatch“ aus Sicht des Recruiters und aus Sicht des Bewerbers zusammenfassend schildern?
Auf den Punkt gebracht: Unsere Suchtechnologie sorgt für das optimale Matching von Unternehmen und Kandidaten, wir nennen das „Perfect Match“. Das tut sie, indem sie dem Kandidaten bei seiner Suche hilft: Tippfehler korrigiert, Alternativvorschläge zum Suchbegriff macht, automatisch Synonyme und englische Bezeichnungen für den eingegebenen Jobtitel berücksichtigt und so weiter. Das Alles mit dem Ziel, dem Kandidaten mehr wirklich passende Stellenanzeigen anzeigen zu können. Davon profitiert dann natürlich auch der Recruiter in Form von mehr passenden Bewerbungen.
- Können die Ergebnisse von Stepmatch auch von Bewerbern im Rahmen der Job-Agenten-Mails genutzt werden?
Ja, im Job Agenten – also der von den Jobsuchenden abonnierten E-Mail-Benachrichtigung mit passenden Jobangeboten – greift die gleiche Logik wie bei der manuellen Suche.
- Die Recruitingtechnologie verändert sich rasend schnell: Active Sourcing, Mobile, Recruiting, Stellenanzeigen im Liquid Design, 1-Click-Bewerbung, Matching: Was ist entscheidend für die zukünftige Wettbewerbsposition von StepStone?
Entscheidend ist und bleibt die Qualität des Bewerberrücklaufs. Arbeitgeber haben ein Ziel, wenn sie eine offene Stelle besetzen wollen: Den besten Kandidaten in der schnellstmöglichen Zeit zu finden. Genau deshalb fokussieren wir uns bei all unseren Aktivitäten immer auf genau dieses Ziel.
Vielen Dank Herr Dr. Dettmers für das Gespräch.