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Altenpfleger: Kein Streik – nur Abstimmung mit den Füßen

Antje Schrupp

Warum Angebot und Nachfrage in traditionellen Frauenberufen nicht funktionieren

Antje Schrupp hat bei piqb auf einen Bericht in ZEIT Online hingewiesen, der den Berufsstand der Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und Erzieherinnen desillisuoniert, aber realistisch darstellt. Wer in der Politik die „Soziale Gerechtigkeit“ einfordert, sollte auch erklären, weshalb Politik, Investoren und Gesellschaft das in der Pflegebranche nicht umsetzen.

Ginge es nach klassischen ökonomischen Mechanismen, müssten Krankenschwestern, Altenpflegerinnen, Erzieherinnen viel mehr verdienen als sie es tun. Denn sie sind Mangelware. 30.000 Pflegekräfte fehlen allein in Deutschland, auch der Markt für Erzieherinnen ist leer gefegt. Und trotzdem verdienen sie schlecht. Der angebliche „Fachkräftemangel“ ist in vielen Fällen also bloß die Unwilligkeit der Arbeitgeber, Marktpreise zu bezahlen.

Dieser Artikel geht für den Bereich der Altenpflege der Frage nach, warum das so ist. Da wäre einerseits die Tatsache, dass internationale Investoren deutsche Altenheime seit einiger Zeit als Kapitalanlage entdeckt haben. Doch das erklärt ja nur, warum sie die Löhne niedrig halten wollen – nicht, warum sie es können. Im zweiten Teil geht es dann um den wirklichen Grund: Die fehlende Bereitschaft von Pflegekräften, zu streiken und Druck zu machen, die viel mit der traditionellen Vorstellungen von Hilfe zu tun haben. Nicht nur sind diese Berufe nämlich „weiblich“, weil sie fast ausschließlich von Frauen ausgeübt werden (im Bereich der Altenpflege stellen sie 85 Prozent). Sie sind auch „weiblich“, weil ihr Image eines ist, das mit traditioneller Weiblichkeit assoziiert wird: sich für andere aufopfern, keine eigenen Ansprüche stellen.

Ja, Altenpflegerinnen streiken nicht, obwohl sie eine Super-Verhandlungsposition hätten. Sie stimmen aber mit den Füßen ab. Viele verlassen den Beruf, und sie empfehlen ihn nicht an andere weiter. Den Investoren ist es egal, sie pressen halt raus, was sie kriegen können, und ziehen irgendwann weiter. Die Leidtragenden sind die alten Leute. Und die Pflegekräfte, die noch ausharren. Klar ist: Der Markt wird die Care-Krise nicht regeln. Aber wer dann?

Lesen Sie den Artikel auf ZEIT Online:

http://www.zeit.de/2017/51/altenpflege-lohn-unterschiede-bezahlung-fachkraefte/komplettansicht

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