Nutzerstudie zu HR Trends 2019: Der Fachkräftemangel macht digitale Veränderung notwendig
Von Ines Bahr
Trotzdem verwalten die Personalabteilungen zahlreicher Kleinunternehmen ihr Personal noch immer mit Excel-Tabellen. Mit diesen Tabellen werden administrative Verwaltungsaufgaben wie die Urlaubsplanung abgewickelt. Solche Tätigkeiten kosten Personalabteilungen viel Zeit und bieten dem Unternehmen keinen Mehrwert.
Administrative und wiederkehrende Routineaufgaben können mit einem geringen Implementierungsaufwand von Softwareprogrammen übernommen werden. Dadurch erlangen Personaler mehr Zeit für wertvolle Aufgaben wie das Recruiting oder Talentmanagement. Diesen Bereichen kommen vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels immer mehr Bedeutung zu. Nur eine digitalisierte Personalabteilung kann insbesondere junge Talente für das Unternehmen gewinnen. Die Automatisierung von Routineaufgaben spielt in Personalabteilungen eine wichtige Rolle, um vermehrt an der Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu arbeiten. Treiber der Digitalisierung ergeben sich nicht nur durch technologische Innovationen, sondern auch durch veränderte Arbeitsformen, Geschäftsmodelle, Unternehmenskulturen und Kommunikationsstrukturen der Mitarbeiter.
Capterra initiierte eine Studie, um einen tieferen Einblick in die Methoden, Herausforderungen und Trends in der Personalverwaltung in deutschen KMU zu gewinnen. In der Studie zu HR Trends wurden 250 Teilnehmer befragt, die in Personalabteilungen tätig sind.
Highlights der Studie
- Knapp 30 % der Unternehmen nutzen keine spezielle Software zur Personalverwaltung und arbeiten mit manuellen Methoden wie Excel-Tabellen, E-Mail oder händisch.
- Nur 11 % der eingesetzten Software ist aus der Cloud.
- Der Hauptgrund für die Zurückhaltung bei den Nicht-Nutzern von Software ist die Angst vor hohen Kosten.
- Die Hälfte aller Nutzer von HR-Software sind an einer alternativen Lösung interessiert.
- Für 62 % der Unternehmen ist es wichtig, dass die verwendete Software aus Deutschland stammt.
Personalabteilungen setzen nicht auf die Cloud
Knapp 40 % der Personalabteilungen in deutschen KMU nutzen eine installierte Personalmanagement-Software (Excel nicht mit eingeschlossen) und 21 % eine unternehmenseigene Software. Lediglich 11 % der Unternehmen nutzen HR-Software aus der Cloud.
Diese geringe Anzahl an Cloud-Nutzern verwundert bei den vielen Vorteilen, die besonders HR-Software aus der Cloud bietet. Ein besonders wichtiger Faktor bei Cloud-HR-Software ist die Möglichkeit, ein Self-Service-Portal anzubieten. Bewerber können sich über das Internet einloggen und ihre Daten und Bewerbungsunterlagen selbst einstellen. Weiterhin haben Mitarbeiter auch von unterwegs aus Zugriff auf das Intranet des Unternehmens. HR-Software wird zunehmend wichtig, da Bereiche wie das Talentmanagement und digitale Personalakten an Bedeutung gewinnen. Manager und Teamleiter haben von überall aus Zugriff auf Mitarbeiterdaten, um diese zu aktualisieren oder um Feedback zu verfassen.
Ganze 28 % der Unternehmen nutzen keine spezielle HR-Software, sondern arbeiten mit manuellen Methoden wie Excel-Tabellen oder E-Mail-Programmen. Um Informationen zur HR-Softwarenutzung zu erhalten, haben wir in der Fragestellung Excel ausgeschlossen: In unseren bisherigen Studien machten wir die Erfahrung, dass Excel von deutschen Unternehmen als vollständige Software angesehen wird. Excel kann jedoch keine Aufgaben automatisieren und weist im Vergleich zu einer Personalsoftware entscheidend weniger Vorteile auf. Gerade die Nutzung von Excel-Tabellen und E-Mail-Clients führt häufig zu den Problemen, die in KMU auftreten. Themen wie Personalförderung und Talentmanagement sind Trends im Personalmanagement, die für jedes Unternehmen unabdingbar werden. Weiterhin ist es erfolgsentscheidend, mehr Zeit ins Recruiting zu investieren, um qualifiziertes Personal zu beschaffen. Der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt bekanntermaßen mit den Mitarbeitern. Softwareprogramme können Unternehmen in diesen Bereichen unterstützen und bieten vordefinierte Prozesse, die Unternehmen für sich anpassen und nutzen können.
Die größten Herausforderungen von Personalern spiegeln dies wider. Auf die Frage, was die größte Schwierigkeit in Personalabteilungen ist, nennt die eindeutige Mehrheit das Finden von qualifizierten Mitarbeitern. Im Folgenden fragten wir die Personalverwalter, die Software nutzen, welche Aufgabenbereiche mit der Software abgedeckt werden. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung und allgemeine Personalverwaltung wird mit 24 % am häufigsten genutzt, gefolgt von der Urlaubs- und Fehltageverwaltung mit 10 % sowie der Personaleinsatzplanung bzw. Schichtplanung mit 9 %.
Softwarenutzung hängt von Unternehmensgröße und Branche ab
Die Nutzung von HR-Software hängt stark von der Unternehmensgröße und dem Sektor ab. Im Gegensatz hierzu zeigen unsere Studienergebnisse zur Nutzung von CRM– und Projektmanagement-Software keinen Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Softwarenutzung. Die Verwaltung von Kunden und Projekten ist in allen Unternehmen essentiell und daher nicht von der Größe abhängig. Dies gilt jedoch genauso für das Personalmanagement.
In Startups und kleineren Unternehmen ist die Mitarbeiterverwaltung oftmals ohne Software machbar. Jedoch sind gerade in diesen wachsenden Unternehmen Recruiting-Lösungen wichtig, um Mitarbeiter zu akquirieren. Moderne HR-Lösungen bieten viel mehr als die klassische Personalverwaltung und Gehaltsabrechnung.
Die Studienergebnisse zeigen, dass in Unternehmen mit 101 bis 250 Beschäftigten zu 90 % HR-Software genutzt wird. In Unternehmen mit 1–5 Mitarbeitern liegt die Anzahl der Software-Nutzern dagegen nur bei 60 %. Der stärkste Einsatz von HR-Software findet sich in der Immobilienbranche, im Handel sowie in den Branchen Transport & Logistik, Landwirtschaft & Nahrungsmittel und Herstellung & Produktion.
Angst vor hohen Kosten ist der Grund für Zurückhaltung
Wir haben die Nicht-Software-Nutzer gefragt, was sie davon abhält, HR-Software einzusetzen.
Die eindeutige Mehrheit (27 %) nennt zu hohe Kosten als Hauptgrund gegen die Nutzung. 20 % der Personalverwalter geben an, für ihre Aufgaben und Zwecke keine Software zu benötigen. Vorteile, die Konkurrenten durch den Einsatz von HR-Software genießen, sind von außen oft schwer zu erkennen. Bisherige Prozesse funktionieren, wie sie sind, und die verpassten Vorteile und Zeiteinsparungen werden häufig nicht erkannt.
Weiterhin werden mit 12 % Schwierigkeiten bei der Anpassung an Unternehmensprozesse genannt. Die Implementierung und Prozessanpassung stellt für viele Unternehmen einen Grund der Zurückhaltung dar. Unternehmenseigene Softwarelösungen werden auf das spezifische Unternehmen und seine Prozesse zugeschnitten. Installierte Software oder Cloud-Lösungen dagegen sind meistens so aufgebaut, dass sie von einer breiten Masse an verschiedenen Unternehmen nutzbar sind. Daher müssen bei der Übertragung von Prozessen in die Software erst einmal alle Prozesse dargestellt und anschließend neu definiert, oft angepasst und folglich übertragen werden. Ohne eine Anpassung der Unternehmensprozesse an die Software kann diese nicht in bestmöglicher Weise genutzt werden.
Immerhin planen 15 % der Nicht-Nutzer, in Zukunft Software in ihrer Personalabteilung einzusetzen.
Wir wollten erfahren, wie das Interesse an (neuer) HR-Software bei Nutzern und Nicht-Nutzern aussieht. Der Softwaremarkt für Personalmanagement hat großes Potenzial und (neue) Lösungen sind sehr gefragt.
Knapp die Hälfte der Software-Nutzer sind an einer alternativen Software interessiert
59 % der Unternehmen sind bereit, in HR-Software zu investieren. Dabei verwundert, dass lediglich 15 % der Nicht-Nutzer daran interessiert sind, einmalig in eine Lösung zu investieren.
Im Gegensatz dazu scheinen 44 % mit ihrer bisherigen Lösung nicht zufrieden zu sein und geben an, in eine alternative Software investieren zu wollen. Lediglich knapp ein Viertel der Personalverwalter sind mit der verwendeten Lösung zufrieden und nicht an einer Alternative interessiert. Die Mehrzahl der Personaler sind dabei bereit, zwischen 11 und 50 Euro pro Nutzer und Monat für Software auszugeben.
Weiterhin wollten wir wissen, ob Personalabteilungen Unterstützung von externen Personalberatungsfirmen in Anspruch nehmen. 63 % der Unternehmen verwalten ihre ganzen Personalprozesse intern. 37 % werden im Recruiting und in der Lohn-und Gehaltsabrechnung unterstützt. Die Auslagerung von Prozessen an externe Firmen kann mitunter einen Grund für das Nicht-Interesse an Software darstellen.
Personalverwaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie Personaleinsatzplanung sind wie bei der Frage nach den meist genutzten HR-Aufgaben ganz oben dabei. Was bei dieser Frage auffällt, ist, dass Talentmanagement mit knapp 10 % an fünfter Stelle genannt wird. Das Interesse, in Talentmanagement zu investieren, ist in deutschen KMU also vorhanden. In der Realität wird das Talentmanagement jedoch viel weniger genutzt. Lediglich 5 % der Personaler geben in Frage 2 an, Talentmanagement in ihrer Software zu nutzen. Das liegt zum Teil auch daran, dass viele (vor allem ältere) HR-Lösungen den Bereich Talentmanagement nicht zur Genüge abdecken.
Bei arbeitsrechtlichen Vorgaben ist Vorsicht geboten
Für 62 % der Unternehmen ist es wichtig oder sehr wichtig, dass die verwendete Software aus Deutschland stammt. Ganze 38 % sehen diese Anforderung als nicht sehr oder überhaupt nicht wichtig an.
Bei Personalmanagement-Software ist in diesem Punkt jedoch Vorsicht geboten. Wenn ein deutsches Unternehmen HR-Software für Aufgaben verwenden möchte, die nicht aufgrund von Arbeitsgesetzen zwischen USA und Deutschland variieren (z. B. Zeiterfassung, Leistungsmanagement, Recruiting), kann eine amerikanische Software eingesetzt werden. Wenn die Software allerdings für etwas verwendet werden soll, das von Land zu Land aufgrund von Arbeitsgesetzen variiert (z. B. die Lohn- und Gehaltsabrechnung), sollte jeder in Frage kommende US-Anbieter sorgfältig untersucht werden. Unternehmen müssen überprüfen, ob für Deutschland spezifische Regulierungen in der Personal-Software zu vereinbaren sind.
Unternehmen sollten stets im Hinterkopf behalten, dass deutsche Cloud-Anbieter näher an den Feinheiten des deutschen Rechtssystems wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)sind. Weiterhin gibt es Unternehmensbereiche, auf die seit dem Inkrafttreten der DSGVO zum 25. Mai 2018 besondere Herausforderungen zukommen. Deutsche HR-Lösungen sind im Vergleich zu der amerikanischen Konkurrenz oft teuer, jedoch lohnt sich die Investition. In anderen Bereichen wie Projektmanagement oder Business Collaboration gibt es keinen eindeutigen Favoriten und die Entscheidung hängt von der persönlichen Präferenz des Unternehmens ab. Durch länderspezifische arbeitsrechtliche Vorgaben sieht das bei Personalmanagement-Software jedoch anders aus.
„Ich bin im Steuerberatungsbüro groß geworden. Da habe ich gelernt, was es in der Lohnbuchhaltung ausmacht, wenn die Steuergesetzgebung relativ zeitnah in die Software einfließt. Schon aus dieser Perspektive würde ich niemals eine amerikanische Software einsetzen, die keinen klaren Fokus auf Deutschland hat. Die Steuergesetzgebung in Deutschland ist fies. Sie ändert sich so schnell, dass man als Mensch gar nicht mithalten kann. Hier muss man auf die eingesetzte Software vertrauen können. Ich würde mich also immer für eine deutsche Software im Personalbereich entscheiden”, warnt Guido Bosbach, CEO von ZUKUNFTheute.net.
Home-Office auf dem Vormarsch
In 54 % der Unternehmen können Mitarbeiter von zu Hause arbeiten, wobei 13 % der Personalabteilungen planen, Home-Office in Zukunft zu erlauben.
Die Erwartungen an den Arbeitsplatz nehmen mit neuen technologischen Entwicklungen deutlich zu. In der Studie „Arbeitsplatz der Zukunft 2017“ von IDG Research Services wurden über 1.500 Unternehmen und Mitarbeiter zu ihren Vorstellungen zum „Arbeitsplatz der Zukunft“ befragt. Die Studienergebnisse zeigen, dass sich Mitarbeiter neue Arbeitszeitmodelle, Home-Office bzw. Remote-Arbeit sowie mehr Mobilität wünschen. Der Arbeitsplatz der Zukunft ist also flexibel und nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden, das übliche Büro und der feste Schreibtisch werden seltener.
Cloud-Software erleichtert die Zusammenarbeit unter Remote-Teams und die Kommunikation wird verbessert. In Unternehmen mit mehreren Niederlassungen vereinfacht Cloud-Software außerdem die Verwaltung und Zusammenarbeit untereinander erheblich.
Der Fachkräftemangel macht digitale Veränderung notwendig
Durch den Fachkräftemangel und die Schwierigkeit, geeignete Talente für das Unternehmen zu finden, wird Veränderung in Unternehmen notwendig. Bewerber geben sich mit der bloßen Aussicht auf einen gut bezahlten Job nicht mehr zufrieden. Hier kommt die Wichtigkeit von HR Trends wie Talentmanagement, Personalmarketing, Employer Branding, Home-Office, digitalen Strukturen und modernen Technologien ins Spiel. Unternehmen, die nicht digitalisiert sind, sind vor allem für junge Arbeitskräfte wenig interessant. Auch diese zu finden wird ohne eine digitalisierte Personalabteilung und den Einsatz von Software schwierig. Bewerber müssen dort angesprochen werden, wo sie sich auch bewegen – und das ist digital.
HR-Software muss her: Nicht-Nutzer scheuen hohe Kosten, Software aus Deutschland ist den meisten Personalabteilungen wichtig, diese ist jedoch meistens teurer als Lösungen von der Konkurrenz aus den USA. Die Investition lohnt sich jedoch. Deutsche KMU scheuen Cloud-Lösungen. Diese sind nicht unbedingt billiger als On-Premises-Software, die Kosten fallen allerdings auf einer monatlichen Basis an, was besonders für kleine und mittelständische Unternehmen entscheidend sein kann. Auch die Gefahr einer Fehlinvestition wird durch die Anschaffung von Cloud-Software deutlich reduziert. Die Hälfte der Unternehmen scheinen mit ihrer verwendeten HR-Software nicht zufrieden zu sein und sind an einer Alternative interessiert. Für moderne und kostengünstige Softwareanbieter, die sich an die Bedürfnisse von KMU richten, ergibt sich dadurch eine große Chance.
Weiterhin ist es wichtig zu bedenken, dass viele HR Trends die Nutzung von Software bzw. Cloud-Software voraussetzen. Themen wie künstliche Intelligenz, Predictive Analytics und Chatbots sind ohne Softwareeinsatz nicht möglich. Das Recruiting ist einer der HR-Bereiche, die das größte Potenzial für AI und Chatbots aufweisen.
Gartner schätzt, dass Kandidaten, die sich bei großen globalen Unternehmen bewerben, bis 2020 zu 20 % mit Chatbots vor Personalvermittlern in Kontakt treten werden.
Für kleine und mittelständische Unternehmen liegt bis dahin noch ein langer Weg, doch diese Veränderungen werden kommen.
Um die Daten für diesen Report zu sammeln, haben wir eine Online-Umfrage durchgeführt. Die Antworten stammen aus einer Stichprobe des Zielmarktes Deutschland. Die Umfrage wurde an 5066 Personen verschickt, woraufhin sich durch Screeningfragen 253 Teilnehmer für die Vervollständigung der Umfrage qualifiziert haben. Qualifizierte Teilnehmer sind berufstätig (vollzeitbeschäftigt, teilzeitbeschäftigt oder selbstständig), arbeiten in einem kleinen bis mittleren Unternehmen (1–250 Mitarbeiter) und sind in der Personalabteilung tätig.
Daniel Terzenbach neues Vorstandsmitglied der Arbeitsagentur
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