Jobcenter-Reform: Kommunen unterschätzen Umsetzung
Hamburg. Zusätzlich zu den bestehenden 69 Kommunen erhalten weitere 41 kreisfreie Städte und Landkreise die Möglichkeit, als „Optionskommune“ Langzeitarbeitslose und Hartz IV-Empfänger selbst zu betreuen. Die Umsetzung der SGB-II-Jobcenter-Reform wird für viele dieser Kommunen allerdings schwieriger als gedacht. Bei drei von vier Gebietskörperschaften ist beispielsweise noch zu regeln, wie sie die vielen Daten aus den Computersystemen der Bundesagentur für Arbeit in ihre eigene IT-Landschaft übertragen werden. Mehr als jede dritte Kommune befürchtet zudem Engpässe und Verzögerungen, weil sich zu wenig Mitarbeiter um die Umsetzung kümmern können. Das ergibt eine aktuelle Trendstudie von Steria Mummert Consulting.
Die Städte und Landkreise versprechen sich von der Jobvermittlung in Eigenregie wichtige Impulse, Langzeitarbeitslose umfassender zu betreuen und so mehr Menschen wieder in die Arbeitswelt einzugliedern. Dies soll durch passgenaue regionale Integrationsstrategien, eine Verzahnung mit anderen kommunalen Diensten sowie ein intensives Vermittlungs- und Fallmanagement für Empfänger von Arbeitslosengeld II erreicht werden.
Damit die Kommunen ihre neue Aufgabe erfüllen können, warten jedoch zunächst enorme Umstellungsarbeiten. Eine Großbaustelle ist die IT-Landschaft: 80 Prozent der Verwaltungsmanager bereitet vor allem die Ausstattung ihrer Sachbearbeiter mit der richtigen Fachsoftware sowie die Datenmigration Kopfzerbrechen. Dazu kommt die Eingliederung neuer Mitarbeiter, die von der Bundesagentur für Arbeit zu den Kommunen wechseln. Gleichzeitig sind die konkreten Arbeitsabläufe und Schnittstellen zu anderen Verwaltungsstellen zu organisieren – beispielsweise zum Jugendamt.
„Die Städte und Landkreise dürfen nun beweisen, dass sie es besser können als die Bundesagentur für Arbeit“, sagt Bernd Felder, Arbeitsmarktexperte von Steria Mummert Consulting. Dabei ist nicht zu unterschätzen, dass in kurzer Zeit viele unterschiedliche Akteure und Verfahrensabläufe neu aufeinander abgestimmt werden müssen – und das alles, ohne den normalen Verwaltungsbetrieb zu belasten. Bei sämtlichen Herausforderungen besteht für die Entscheider damit erheblicher Handlungsdruck, um alle Anforderungen gleichzeitig zu schaffen. Das Projektmanagement für die Umsetzung muss so organisiert werden, dass der Arbeitsalltag parallel funktioniert.
Hintergrundinformationen
Seit der Einführung des SGB II setzen so genannte Optionskommunen die Grundsicherung für Arbeits-suchende in Eigenregie, ohne die Bundesagentur für Arbeit, erfolgreich um. Nach einer Gesetzesänderung im SGB II steht nun für 41 weitere Städte und Kreise der Weg für ein eigenständiges Jobcenter offen. Ende letzten Jahres haben 78 weitere Kommunen Anträge auf Zulassung als Optionskommune gestellt. Die zuständigen Landesministerien haben nun 41 Kommunen im Rahmen eines Rankings ausgewählt und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Genehmigung vorgeschlagen. Steria Mummert Consulting hatte Ende März 2011 im Rahmen einer Trendstudie 41 von 78 Landkreisen und kreisfreien Städten zu ihrem Optionsantrag und den Herausforderungen bei der Umsetzung befragt.