Arbeitsmarkt Automobilindustrie: Abkühlungssignale nach rasantem Aufschwung
München. Das Produktionsvolumen der deutschen Automobilindustrie wird im Durchschnitt des Jahres 2011 voraussichtlich um 11 bis 12% gewachsen sein, prognostiziert das ifo Institut. Nach den Berechnungen der ifo-Experten hat die Pkw-Produktionsmenge um rund 5,5% auf 5,85 Mio. Fahrzeuge zugenommen, zusätzlich werden die zunehmende Qualität und der Nutzfahrzeugbereich das Produktionsvolumen der Branche insgesamt deutlich steigern. Der Pkw-Export dürfte im Jahresdurchschnitt um rund 5% zunehmen. Allerdings wird sich der Auftragseingang der Automobilindustrie im Inland und im Export im weiteren Verlauf des Jahres nicht mehr expansiv, sondern eher seitwärts entwickeln.
Die Entwicklung 2012 ist wegen der Euro-Schuldenkrise und den Sanierungsbemühungen vieler öffentliche Haushalte, die insbesondere konjunktursensible Branchen wie der Automobilsektor betreffen, nicht abschätzbar. Das Potenzial für einen weiteren Nachfrageschub im nächsten Jahr sei jedoch vorhanden, sagen die ifo-Experten: Unter zyklischen Aspekten gibt es in den großen Industrieländerregionen (Westeuropa, Nordamerika) noch Luft nach oben, während in den wichtigsten Schwellenländern, etwa BRIC, der strukturelle Nachholbedarf unverändert groß ist. „In wieweit sich dieses Wachstumspotenzial realisieren lässt, wird erst nach dem Abklingen der Nervosität auf den globalen Finanzmärkten quantitativ abzuschätzen sein“, sagt ifo-Experte Reinhard Hild.
Günstige Einkommensentwicklung trotz niedriger Lohnquote
Bemerkenswert stark gewachsen ist im genannten Periodenvergleich auch die Bruttolohn-und -gehaltssumme (Entgelte6), die sich in der Automobilindustrie absolut um 12,5% und pro Beschäftigten um 10,8% erhöhte. Dabei bewegt sich die Automobilindustrie auch beim Durchschnittsentgelt für den Faktor Arbeit deutlich über dem gesamtindustriellen Mittelwert: Mit knapp 27 600 Euro pro Beschäftigten (Halbjahresangaben) liegt diese Größe in der Branche um 24% über dem Vergleichsniveau für das Verarbeitende Gewerbe insgesamt. Stark beeinflusst ist dieser Zuwachs der Lohn- und Gehaltssumme allerdings durch die erhöhte Zahl an geleisteten Arbeitsstunden: Hierbei kam es im Automobilbereich zu einem Zuwachs um insgesamt 6,8%, was einer Steigerung pro Beschäftigten geleisteten Stunden um 5,3% entspricht. Das Entgelt pro Stunde ist darum in der Automobilindustrie »nur« um 5,2% gestiegen (Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes: 2,6%). Mit 36,06 Euro liegt dabei das mittlere Stundenentgelt im Automobilbereich um 29% über dem gesamtindustriellen Durchschnitt von 27,95 Euro.
Trotz des relativ hohen Entgeltstandards liegt die Lohnquote (ohne Sozialkosten), also der Anteil der Bruttolohn- und -gehaltssumme am Umsatz), in der Automobilindustrie mit 11,2% (erstes Halbjahr 2011) um fast ein Fünftel (19,5%) unter dem Stand des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt (14,0%). Der zentrale Bereich der Industriegruppe, der Kraftwagenbau, weist sogar für die entsprechend abgegrenzte Lohnquote einen Wert von nur 9,2% auf. Die Ursachen für diesen unterdurchschnittlichen Personalkostenblock sind zum einen in den durch die Großserienfertigung gegebenen Rationalisierungspotenzialen und zum anderen in einer relativ niedrigen Fertigungstiefe (Wertschöpfungsquote) 7 zu sehen.
ifo Institut – Leibniz-Institut fuer Wirtschaftsforschung an der Universitaet Muenchen e.V.
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