Was erwarten Menschen in aller Welt von ihrem Job und ihrem Chef?
Ein Gastbeitrag von Christian Arno
Man arbeitet um zu leben und lebt nicht um zu arbeiten. Das sagt ein deutsches Sprichwort, obwohl (nicht nur) Chefs es offenbar manchmal anders sehen. Tatsächlich möchten auch bei uns die meisten Leute eine gewisse Erfüllung in ihrem Beruf erleben, sich darüber ein Stück weit definieren. Aber was erwarten sich Menschen in anderen Ländern von ihrem Arbeitsplatz und ihrem Arbeitgeber?
In allererster Linie hat man seinen Job, um leben zu können. Daher sollte er einigermaßen gut bezahlt sein. Wenn man schon einen erheblichen Teil seiner Zeit am Arbeitsplatz verbringt, sollte es dort angenehm sein – sprich: Die Kollegen sollten nett sein, so dass man sich schon morgens freut sie zu sehen. Das sind Ansprüche, die wohl in aller Welt an einen Arbeitsplatz gestellt werden, an dem man sich wohl fühlen soll.
Doch was erwarten sich Menschen noch alles von einem Arbeitsplatz, den man mag? Tatsächlich sind diese Erwartungen von Land zu Land, von Weltgegend zu Weltgegend doch zum Teil recht unterschiedlich. Wer daher im Ausland arbeiten möchte oder gar als Unternehmer eine Niederlassung in einem anderen Land gründen möchte, sollte sich ein wenig damit befassen, wie Menschen in anderen Ländern ihren Job, ihre Firma und ihren Chef sehen. Und vielleicht wird der eine oder andere, der das Arbeiten in einem fremden Land ausprobiert, sogar finden, das ihm die dortige Arbeitskultur besser gefällt als die in seinem Heimatland. Manchmal muss man dazu nicht einmal das eigene Land verlassen: So mancher Deutsche schätzt das entspannte und lockere Arbeitsklima, das oft auch in den deutschen Niederlassungen amerikanischer Unternehmen herrscht.
Darf man im Geschäft über Verwandte reden?
Manchmal wird auch bei uns der eine oder andere einmal bei der Arbeit von einem Onkel oder einer Cousine erzählen, aber wenn, dann eher Kollegen, mit denen er sich besonders gut versteht. Beim allgemeinen Smalltalk im Pausenraum hingegen, wird man, wenn überhaupt, höchstens berichten, wo man am Sonntag mit der Familie war, ansonsten eher über Fußball oder Firmendinge reden.
Anders ist das beispielsweise in Indien: Hier gehört es zum guten Ton, dass man sich auch nach dem Befinden der werten Verwandtschaft seiner Kollegen erkundigt und an deren Ergehen Anteil nimmt. Das mag damit zu tun haben, dass in ärmeren Ländern die Familie, auch im weiteren Sinne, noch mehr gilt und die Menschen herzlicher zueinander sind als in reichen Ländern.
Flexibilität und Loyalität
Bei uns in Deutschland galt bis vor einiger Zeit in vielen Fällen das Prinzip der lebenslangen Anstellung und man identifizierte sich mit der Firma. In Japan wird dieses Prinzip zumindest in großen Unternehmen sogar noch höher gehalten: Das geht soweit, dass es nicht nur firmeneigene Kultur- und soziale Einrichtungen, sondern sogar Firmenfriedhöfe gibt.
Anders sieht man das Verhältnis zwischen Firma und Mitarbeiter in den USA: Dort ist man zwar auch loyal zu seiner Firma – solange man dort arbeitet. Und das kann sich schnell ändern: Weder ist dort der Kündigungsschutz so ausgeprägt wie bei uns, noch haben Mitarbeiter Skrupel, Knall auf Fall zu kündigen, wenn ein anderer Boss mehr Geld bietet.
Auch geographisch sind USA-Amerikaner recht flexibel: Wer Leute aus den Staaten kennt, hat eventuell schon erlebt, dass sich diese auf einmal aus einer ganz anderen Ecke des Landes melden, weil sie aufgrund eines neuen Jobs umgezogen sind. Oder man erfährt von ihnen, dass sie zwar in Oklahoma wohnen, aber aus Maine stammen und schon in New Mexico, Oregon und Tenessee gelebt und gearbeitet haben.
Trotzdem gibt es auch in den USA Menschen, die länger bei einer Firma bleiben, genauso wie es in Europa Leute gibt, die einen Umzug für einen (besseren) Arbeitsplatz in Kauf nehmen. Hier werden wohl vor allem auch Aufstiegschancen beim Verbleib in der einen Firma gegen sofortige Verbesserungen durch einen Arbeitsplatzwechsel in abgewogen.
Mit der Firma die Welt kennenlernen
In Asien sind bei jungen Menschen internationale Unternehmen als Arbeitgeber sehr beliebt. Die jungen Leute erhoffen sich dort nicht nur interessante Aufgaben sondern auch Erfahrungen, die über die Landesgrenzen hinaus in die internationale Geschäftswelt gehen.
In Deutschland wollen die meisten Leute wohl doch im Prinzip immer noch ihren festen, vertrauten Arbeitsplatz an dem sie fünf Tage die Woche acht Stunden arbeiten. Zeitarbeitsfirmen oder gar Arbeit auf Abruf sind verpönt. Anders ist das in den Niederlanden: Dort haben viele Menschen kein Problem damit, bei „Uitzendbureaus“ zu arbeiten, wie die Leiharbeitsfirmen dort heißen, die aber besser bezahlen als bei uns.
Work-Life-Balance und individuelle Freiheit, wollen wir in Deutschland am liebsten durch kurze tarifliche Arbeitszeiten erreichen. In den Niederlanden hingegen wollen viele Firmen möglichst 24/7 erreichbar sein. Dafür arbeiten dort viele Leute, vor allem Frauen, nur Teilzeit und erhalten dadurch Freiräume für ihr Privatleben.
Über den Autor: Christian Arno ist Gründer und Geschäftsführer des internationalen Übersetzungsbüro Lingo24, der auf drei Kontinenten tätig ist. Folge Lingo24 auf Twitter @l24de.