Start frei zur Marktbereinigung der Online-Stellenbörsen?
von Gerhard Kenk (Crosswater Job Guide)
- Inhalt:
- Perfektes Timing
- 2 + 2 = 3
- Kundenbasis bei Grossunternehmen
- Das Imperium „Print & Ink“ schlägt zurück
- Steigflug in die Gewinnzone
Perfektes Timing
Der Handelsblatt-Journalist Christoph Stehr konnte zufrieden sein: gerade hatte er eine Analyse der Online-Jobbörsen abgeschlossen, mit der Schlussredaktion die letzten Feinheiten abgestimmt und eine treffende Schlagzeile für seinen Artikel „Online-Stellenmärkte: Monster greift an“ zur Veröffentlichung in Handelsblatt.com formuliert, da meldeten die US-Newsticker auf der anderen Seite des Atlantiks fast zeitgleich schon Vollzug: „Monster übernimmt Jobline“.
Monster’s Mutter, TMP Wordwide, eine der Top-10 Executive Search Firmen weltweit, setzt konsequent auf Wachstum und geographische Diversifikation. Das Übernahmeangebot von Monster sieht vor, Jobline International für insgesamt US-$ 115 Mio in Aktien zu übernehmen. Nachdem Jobline’s Board of Directors den Aktionären die Annahme des Übernahmeangebots empfohlen haben, stehen noch die üblichen Formalitäten und Genehmigungen aus.
Monster hatte im US-Heimatmarkt seine Marktführerposition zuletzt mit aufsehenerregenden Werbekampagnen gefestigt und konnte im letzten Jahr das europäische Niederlassungsnetz Schritt für Schritt ausbauen. Während in den USA jedoch durch dot.com-Krise und eine abschwächende Konjunktur weniger Stellenangebote plaziert wurden, konnte hierzulande Monster trotz intensiver Werbekampagnen noch nicht in die Spitze der deutschen Jobbörsen aufsteigen: Mit 4500 aktiven Stellenangeboten liegt Monster in Deutschland nicht unter den Top-20 der Jobbörsen (gemessen an den Stellenangeboten) wobei das Arbeitsamt, Versum und Jobpilot die ersten Plätze belegen. So verfolgt Monsters Muttergesellschaft TMP Worldwide die konsequente Strategie, das organische Wachstum durch Übernahmen von anderen Online-Stellenmärkte zu forcieren.
Tabelle 1: Marktanteile der Online-Stellenmärkte in Deutschland
2 + 2 = 3
Ob die Übernahme von Jobline auch ein voller Erfolg wird, bleibt zunächst abzuwarten. Die Übernahme-Untersuchungen („Due Diligence“) werden voraussichtlich auch erhebliche Überlappungen entdecken:
Das geografische Niederlassungsnetz von Monster in 16 Ländern ist zwar grösser als das von Jobline mit Vertretungen in 11 Ländern, doch insbesondere in den bevölkerungsstarken Ländern Europas (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Grossbritannien, Niederlande) sind beide Gesellschaften bereits vertreten.
Tabelle 2: Niederlassungsnetz international operierenden Online-Stellenmärkte
Land | Monster | Jobline | Jobpilot | Stepstone |
Australien | • | • | ||
Canada | • | |||
Hong Kong | • | • | ||
Indien | • | • | • | |
Korea | • | |||
Malaisia | • | |||
Middle East | • | |||
New Zealand | • | |||
Singapur | • | • | ||
Thailand | • | |||
USA | • | • | ||
Belgien | • | • | • | |
Czech Republik | • | |||
Dänemark | • | • | • | |
Deutschland | • | • | • | • |
Finnland | • | • | ||
Frankreich | • | • | • | • |
Griechenland | • | |||
Gross- Britannien |
• | • | • | • |
Irland | • | • | ||
Italien | • | • | • | • |
Luxembourg | • | • | ||
Niederlande | • | • | • | • |
Norwegen | • | • | • | |
Österreich | • | • | ||
Polen | • | |||
Portugal | • | |||
Schweiz | • | • | • | |
Schweden | • | • | • | |
Spanien | • | • | • | • |
Ungarn | • | |||
Summe: | 16 | 11 | 24 | 18 |
Auf Dauer müssen ebenfalls die unterschiedlichen technischen IT-Plattformen der beiden Stellenbörsen integriert und die umfangreichen Datenbanken konsolidiert werden. Hier wird die „Doublettenzählung“ zu Bereinigungsaktionen führen: Arbeitgeber werden ihre Stellenangebote nur noch in einer Datenbank plazieren und Bewerberprofile, die mehrfach bei Monster und Jobline hinterlegt sind, müssen bereinigt werden.
Kundenbasis bei Grossunternehmen
Sowohl Monster als auch Jobline haben gegenüber Jobpilot oder Stepstone eine schwächere Kundenbasis. Bei den DAX-30 Unternehmen verzeichnet Monster 11 Kunden, Jobline veröffentlicht Stellenangebote von 9 Gesellschaften, während Stepstone bei 24 und Jobpilot bei 29 Kundenbeziehungen eine gute Marktdurchdringung erreicht haben.
Tabelle 3: Aktive Kundenbeziehungen mit grossen Unternehmen (Basis: DAX Aktien-Index) in Deutschland (Stand: 30. Mai 2001)
Unternehmen | Monster | Jobline | Jobpilot | Stepstone |
Adidas-Salomon | • | |||
Allianz | • | • | • | • |
BASF | • | • | • | |
Bayer | • | • | • | • |
BayernHypo | • | • | ||
BMW | • | • | ||
Commerzbank | • | • | • | |
DaimlerChrysler | • | • | • | |
Degussa | • | |||
Deutsche Bank | • | • | ||
Dt. Lufthansa | • | • | • | • |
Deutsche Post | • | • | • | |
Dt. Telekom | • | • | • | |
Dresdner Bank | • | • | • | • |
E.ON | • | |||
EPCOS | • | • | ||
Fresenius | • | • | ||
Henkel | • | • | • | |
Infinion | • | • | • | |
Linde | • | • | ||
MAN | • | |||
Metro | • | |||
Münchner Rück | • | |||
Preussag | • | • | • | |
RWE | • | |||
SAP | • | • | • | |
Schering | • | |||
Siemens | • | • | • | • |
ThyssenKrupp | • | • | ||
Volkswagen | • | • | ||
Summe: | 11 | 9 | 27 | 24 |
Ob sich die Übernahme von Jobline durch Monster wirklich rechnet, bleibt abzuwarten. Bei einem Kaufpreis von 115 Mio US-$ wird jeder der 11.000 Jobline Kunden (Stand Dezember 2000) mit etwa 10.000 US-$ erkauft, hinzu werden die Jobline-Niederlassungen in Dänemark, Finnland, Norwegen, der Schweiz und Schweden, die bisher für Monster noch „Terra incognita“ waren, übernommen. Von den über 600.000 Bewerberprofilen (Stand Dezember 2000) dürften jedenfalls keine zusätzlichen Umsätze zu erwarten sein, da Bewerberprofile grundsätzlich kostenlos in den Datenbanken abgespeichert werden.
Das Imperium „Print & Ink“ schlägt zurück
Die Übernahme von Jobline durch Monster signalisiert in treffender Weise die Konsolidierung international operierender Jobbörsen. Doch dieser Prozess wurde auf nationaler Ebene bereits Anfang 2001 durch die Gründung von Versum AG, einer Gemeinschafts-Jobbörse deutscher Tageszeitungen, eingleitet. Zwar gab es immer wieder einzelne Übernahmen und Fusionen bei den vielen mittleren und kleineren Jobbörsen, doch nun meldet sich das Imperium der Printmedien zurück.
Jede neu gegründete Online-Jobbörse gefährdet das klassische Anzeigengeschäft der Zeitungen und Zeitschriften Schritt um Schritt und führt zwangsweise zu einer Erosion der Anzeigenpreise. Diesen Trend wollten klassische Printmedien, die noch keinen eigenen Online-Stellenmarkt betreiben, nicht mehr länger untätig ansehen und haben nach über einjähriger Vorbereitungsarbeit mit Versum eine eigene elektronische Stellenbörse eröffnet. Hinter dem Gemeinschaftsprojekt stehen die folgenden Medien-Unternehmen:
ads&news AG & Co. KG | |
Axel Springer Verlag | |
M. Dumont Schauberg / Zeitungsgruppe Köln | |
Medien Union | |
Münchener Zeitungs-Verlag | |
Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft | |
Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft | |
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck | |
Verlagsgesellschaft Madsack | |
Westdeutsche Allgemeine Zeitung |
Damit setzen diese Medien-Konzerne konsequent eine Multi-Channel-Strategie um: Durch Bündelung der regionalen und überregionalen Stellenanzeigen in einem Online-Stellenmarkt erreichen die Printmedien nicht nur eine Wiederverwendung der Stellenanzeigen in einem anderen Medium, sondern sie stellen damit auch einen ernsthaften Wettbewerber für die nahezu 30 regionalen Online-Stellenbörsen dar. Hier stehen Jobsintown mit 9 regionalen Jobbörsen, Stepstone mit regionalen Jobbörsen in allen Bundesländern (z.B. Bayern-Jobs) oder auch Job-Express, ein Franchise-Zusammenschluss von über 50 regionalen Personalvermittlern im Visier.
Im Rahmen dieser Marktbereinigung war es auch nur konsequent, dass die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck ihre bislang an Jobline Deutschland gehaltene Beteiligung von 45% an das schwedische Mutterhaus zurück gab.
Steigflug in die Gewinnzone
Betriebsaufgaben oder Firmenübernahmen sind nur unwillkommene Alternativen, die hoffnungsvollen Geschäftsmodelle einiger Online-Stellenmärkte der harten Realität anzupassen. Ganz anders reagiert Jobpilot: mit einer schon klassischen Kostenkontroll-Massnahme führt Jobpilot AG strengere „Sichtflugbedingungen“ konzernweit ein. Den Break-Even Punkt vor Augen, werden die Kosten um 15% reduziert und unnötiger administrativer Ballast abgeworfen, um für den Steigflug in die Gewinnzone getrimmt zu werden. „Nach dem erfolgreichen Aufbau des Unternehmens zu einem der führenden europäischen Karrierenetzwerke werden wir unsere Zusage einlösen und profitabel werden“, sagte Dr. Roland Metzger, Vorstandsvorsitzender der jobpilot AG.
Mai 2001