Bewerbung

Fünf adrette KönigstöchterInnen

Gerhard Winkler, www.jova-nova.com
Gerhard Winkler, www.jova-nova.com

WARUM WIR?

„Mit ist aufgefallen, dass bei Ihren  Beispielanschreiben auf Ihrer Website sowie in „Die 100 besten Anschreiben“ der Bewerber niemals Bezug auf das neue Unternehmen nimmt. Man bringt zuerst die besten Argumente (Erfahrungen, Leistungen) vor, geht dann auf Studium und sonstige Kenntnisse (EDV, etc.) ein und rundet das Anschreiben dann mit einer Aufforderung zu reagieren ab.

Niemals allerdings beantwortet das Anschreiben, warum man denn ausgerechnet bei McKinsey, Berger, Boston, etc. arbeiten möchte, was genau an dieser Firma interessiert, was für ein Link zwischen deren Wertesystem oder anderen Essentials und den eigenen Qualis besteht, warum man ausgerechnet eine Karriere im Bereich „Internationale Kommunikation“ anstrebt, welche Erwartungen man an seinen künftigen Job hat … eben, warum man sich bewusst dazu entschied, genau DIESE Firma anzuschreiben. Natürlich geht es wieder in die Richtung haltlose Beteuerungen, Interessenvorgaukelung. Doch sind Sie nicht der Meinung, dass solche Inhalte ebenfalls in ein Anschreiben gehören, da es besonders im Consulting-Sektor eine große Anzahl an Firmen gibt, die diese Vorabinfo einfach als Standard verlangen?“ (C.J.)

Fünf adrette KönigstöchterInnen stellen Ihnen Fragen.

Die erste: „Was soll ich mit Dir anfangen?“

Die zweite: „Wie kann ich Dir vertrauen?“

Die dritte: „Wie kann ich sicher sein, dass Du zu mir hältst?“

Die vierte: „Warum gerade zu mir?“

Die fünfte: „Was habe ich von Dir?“

Eine der liebreizenden Personen ist sich ihrer Wirkung unsicher. Welche?

www.jova-nova.com
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Während Sie überlegen, ein paar Worte zum Anschreiben. Jobanbieter erwarten, dass ein Anschreiben diese fünf royale Fragen (und vielleicht noch einige mehr) beantwortet. Es geht einem Arbeitgeber immer um fachliche Befähigung, Zuverlässigkeit, Loyalität, Motivation/Identifikation, konkreten Nutzen.

Sobald ein Rekrutierer die Motivation des Bewerbers und seine Identifikationsbereitschaft obenan setzt, wünscht er nichts anderes als Marionetten.

Wenn er Loyalität über alles stellt, braucht er Soldaten.

Fokussiert er sich ganz auf die fachliche Befähigung, sucht er Experten und Profis.

Ist Zuverlässigkeit das Hauptkriterium, bedarf er vermutlich Wächter oder Kontrolleure.

Beurteilt er Bewerber allein anhand des konkreten Nutzens, wünscht er sich im Grunde Leibeigene oder Tagelöhner.

Egal, wie ein Jobanbieter tickt: Er schließt bevorzugt von der Faktenlage auf Ihre Eignung, auf Ihre Vertrauenswürdigkeit, auf Ihre loyale Gesinnung und auf Ihre Bereitschaft, seine geschäftliche Vision der Welt zu teilen.

Der Aufbau eines Anschreibens ergibt sich aus den Königsfragen des Jobanbieters

Was hast Du (für wen, in welcher Stellung) bislang geleistet?

Was bringst Du für Bildungsabschlüsse mit?

Was (an Wissen und Können) zeichnet Dich aus?

Wer bestätigt Deine Leistungsmerkmale?

Warum willst Du zu uns?

Was sind Deine Bedingungen?

Es gibt Situationen im Bewerberleben, wo die Frage „Warum wir? Weshalb willst Du ausgerechnet zu uns?“ dem Rekrutierer tatsächlich so sehr am Herzen liegt, dass er alle anderen Gesichtspunkte verdrängt. Vermeiden Sie wenn es geht, in eine solche Situation zu geraten. Oder überlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie mit mutmaßlichen  Ausbeutern ohne Selbstwertgefühl dealen.

Ansonsten gilt:

Liefern Sie den üblichen Schmonzes, wenn Sie annehmen, man will ihn hören – aber erst im letzten Drittel Ihres Vortrags.

Notieren Sie Ihr Eigeninteresse, wenn Sie einen handfesten egoistischen Bewerbungsrund haben.

Reduzieren Sie das Ganze auf eine kurze Höflichkeitsgeste oder lassen Sie Ihre Motivation ganz weg, wenn Sie ein ausgesprochen starker Bewerber sind.

Funktionieren Sie den Bewerbungsgrund zu einer Bekräftigung des Jobclaims um: „Lassen Sie uns im direkten Gespräch klären, wie ich meine Erfahrung als Drachentöter, meine Sicherheit im Umgang mit Zwergen und meine Kenntnis der Wiesen und Auen zum Wohl … einsetzen kann.“

Zurück zu den Ausgangsfragen. Auch das etwas ichschwache Königstöchterlein, sie war Absolventin der BWL mit Schwerpunkt Personalmanagement, fand es im Lauf der Zeit nicht weiter bemerkenswert, dass die kühnsten, geistvollsten und befähigsten Bewerber sich um eine Traineestelle gerade an ihrem Hof bemühten.

2009  Gerhard Winkler, jova-nova.com

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