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Candidate Experience im Recruiting: Ist HR zu ängstlich?

Hanna Weyer, viasto
Hanna Weyer

Ein Gastbeitrag von Hanna Weyer, viasto.com

Achtung, Polemikgefahr! – Haben deutsche Recruiter Angst vor Neuem? Ich würde sagen, ja, obwohl ich es nicht mit Statistiken oder Studien stützen kann. Vielmehr greife ich auf meine Erfahrung zurück und möchte Ihnen im Folgenden ein Beispiel geben.   Ich hatte in der letzten Woche einen Einführungsworkshop bei einem internationalen Mittelständler. Anwesend waren zwei Mitarbeiter aus dem deutschen HR sowie zwei Mitarbeiter aus dem in Indien ansässigen HR. In Indien soll die Einführung zeitversetzter Videointerviews pilotiert werden.

Insgesamt ein cooles, wachsendes Unternehmen mit globalem Mindset und der richtigen Einstellung. Einführungsworkshop bedeutet, dass unsere neuen Kunden nicht nur in der Software an sich aufgegleist werden, sondern vor allem viel Input um prozess- und inhaltsbezogene Fragen Ihres Recruitings bekommen: Wo macht die Eingliederung des Videointerviews am meisten Sinn? Welche Fragen eignen sich im Videointerview?   Ein großer Baustein dabei ist auch stets die Frage: Wie wird eine positive Candidate Experience im Recruiting gesichert? Dafür erstellen wir Guidelines zur Kommunikation mit den Kandidaten.

In dieser Situation passierte dann etwas Außergewöhnliches. Dazu gleich mehr.   Deutsche Recruiter trauen ihren Kandidaten zu wenig zu Wenn wir unser Tool, hinter dem wir alle mit vollem Herzblut stehen, in der Öffentlichkeit vorstellen, kommen in 99% der Fälle als allererstes Bedenken wie: „Das würden unsere Kandidaten sicher nicht machen.“, „Ich kenne meine Kandidaten, für die wäre das nichts.“ oder „Ich glaube meine Kandidaten könnten mit der Technik gar nicht umgehen.“

Das macht mich nachdenklich. Sind es nur Bedenken auf Seiten der Recruiter oder könnte man eventuell den Begriff der Angst verwenden? Angst ist meist irrational. Rationale Argumente, die durch Studien gestützt werden wie:

  • „die Technikaffinität der Bewerber hatte in einer Studie der FU Berlin keinen Einfluss auf die Akzeptanz des Tools“
  • „unsere Kunden erleben eine durchschnittliche Drop-Out Rate von ca. 10% – ähnlich wie bei jedem anderen und herkömmlichen Recruitingschritt auch“

bleiben wirkungslos. Unsere Recruiter in Deutschland scheinen ihren Bewerbern nicht allzuviel zuzutrauen. Schauen wir mal zu den indischen Recruitern.

 

„I’m sure they’ll love it.“

Ich muss gestehen, es war mein erster Workshop mit indischen Teilnehmern. Erwartet habe ich eigentlich nichts Spezifisches. Daher war das Ergebnis umso überraschender: Zweifel hinsichtlich Bewerberakzeptanz? Nichts da!   „I’m sure they’ll love it.“ war der Kommentar des indischen HR Departments! Das ist toll. Noch dazu hatten die indischen Kollegen sogar schon vor dem Workshop ein eigenes Begrüßungsvideo aufgezeichnet, indem sich das gesamte zukünftige Team dem Bewerbers vorstellt!

Wirklich, wirklich cool. Zum Vergleich: Dem Aufzeichnen eines kurzen Begrüßungsvideos muss in vielen deutschen Abteilungen viel Überzeugungsarbeit vorangehen.   Durchschnitt oder Exzellenz? Jetzt müssen Sie sich entscheiden … Na klar, jetzt mag der ein oder andere sagen: „Fachkräftemangel gibt es in Indien ja auch nicht“ oder „Bei so einem flächenmäßig großen Land ist der Nutzen eines zeitversetzten Auswahlinterviews ja sofort ersichtlich.“

Natürlich. Aber ist das alles? Woran liegt es, dass zu viele deutsche Unternehmen so ängstlich scheinen? Liegt es an zu vielen schlechten Erfahrungen zum Thema Candidate Experience im Recruiting oder einfach nur an der Möglichkeit, etwas falsch zu machen, wenn man vom bekannten Wege abgeht?   Sind wir nicht längst an dem Punkt, wo sich die viel diskutierte Idee eines proaktiven, authentischen und lockeren Umgangs mit dem Kandidaten auch in der Realität sichtbar machen sollte?

Telekom, Bertelsmann, Vorwerk … die Mutigen haben die Nase vorne Ohne pathetisch werden zu wollen, gibt es natürlich auch leuchtende Beispiele am deutschen HR-Himmel, wie z.B. die deutsche Telekom (die mit uns 2013 den HR Excellence Award gewonnen hat), Bertelsmann oder Vorwerk, die von Ihren Erfahrungen mit uns übrigens auch auf der irecruit in Amsterdam berichtet haben).

 

Allesamt Unternehmen und Recruiter, die anpacken und keine Angst haben. Und denen genau dieses Vorgehen immer wieder erfolgreich genau die Mitarbeiterprofile einbringt, die sie suchen.   Wer wagt, der ermöglicht sich eben die Chance, etwas zu gewinnen.   Welche ungewöhnlichen oder sagen wir “neuen” Wege gehen Sie, um Ihren Bewerbern einen frischen Recruitingprozess zu ermöglichen?

 

Ihre Hanna Weyer

Hanna.weyer@viasto.com

www.viasto.com

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