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Ethical Leadership Assessment – Zukunft einer werteorientierten Personalauswahl

Sören Bachmann
Sören Bachmann

Die Berücksichtigung ethischer Aspekte in der Personalauswahl ist in den USA schon länger Gegenstand der Ethical-Leadership-Forschung und wird inzwischen auch in deutschen Unternehmen mit zunehmendem Interesse  diskutiert. Das Angebot an Verfahren wächst stetig, doch der Nutzen vieler Instrumente ist fraglich. Angesichts dieser Vielfalt steigt in den Personalabteilungen die Unsicherheit bei der Konzeption von Rekrutierungsprozessen.

Gleichzeitig konzentrieren sich die Debatten und Konzepte in dem Feld werteorientierter Führung stark auf Führungsfragen in bestehenden Organisationen und nehmen zumeist eine Top-Down-Perspektive ein. Über die Größe des Steuerungs- und Veränderungspotenzials von Führungskonzepten lässt sich sicherlich streiten; es liegt aber auf der Hand, dass der Personalauswahl als Basis von Führungsaufgaben eine entscheidende Bedeutung zukommt – und zwar im Bereich der werteorientierten Führung noch einmal in besonderem Maße. Allerdings ist das Feld des Ethical Leadership Assessment zurzeit noch durch eine große Unübersichtlichkeit und eine Vielzahl von Instrumenten gekennzeichnet.

Eine Sichtung vorhandener Instrumente der Personalauswahl und die Auswertung von Interviews mit Personalverantwortlichen aus Mittelstand und Konzernen, Personalberatern und Experten aus der Wissenschaft weisen auf drei zentrale Probleme eines werteorientierten Recruitings hin: Erstens werden die weitläufig positiv konnotierten Begriffe „Werte“ und „Ethik“ auch zur Rechtfertigung fragwürdiger Instrumente herangezogen. Zweitens erhöht ein Ethical Leadership Assessment das Risiko der Selbstrekrutierung. Und drittens neigen Unternehmen dazu, Compliance-Richtlinien und Maßnahmen der Unternehmenskommunikation mit einem stabilen Wertegerüst zu verwechseln.

 

Online-Tools für Erstselektion und Heim-Assessment: Die schwierige Suche nach dem passenden Instrument
Die Administration großer Bewerberzahlen und der Aufbau von Datenbanken etwa für Initiativbewerber haben zuletzt zu einem Ausbau von Online-Tools geführt, deren Funktionsumfang von der Eingabe üblicher Daten wie Lebenslauf und Bewerbungsschreiben bis zu Wissens-, Intelligenz- und Persönlichkeitstests reicht.

 

Solche Softwarelösungen sollen eine effiziente Erstauswahl ermöglichen. Das Verfahren wird von Dienstleistern als Baukastensystem je nach den Bedürfnissen des Unternehmens bereitgestellt, individuell angepasst oder nach spezifischen Vorgaben neu konzipiert. Die Beauftragung externer Dienstleister wird in vielen Fällen zwar als unnötiger Kostenfaktor angesehen (Frintrup/Schuler 2009), nimmt im Trend aber weiter zu (Obermann 2012).

 

Mit den Tools des E-Recruiting sehen sich Auszubildende und Berufseinsteiger besonders oft konfrontiert. Dass die Bearbeitung der Aufgaben am heimischen Computer erfolgt, also keine Kontrolle des Testteilnehmers stattfindet, beunruhigt in den Personalabteilungen niemanden. Den Kandidaten sei durchaus bewusst, dass Täuschung wenig Sinn mache – spätestens in der zweiten Auswahlrunde im Unternehmen fliege die Sache ohnehin auf.

 

Allerdings: Wer überhaupt zu den Online-Tests zugelassen wird, entscheidet in vielen Fällen ebenfalls eine Software. Personalabteilungen berichten diesbezüglich von positiven Erfahrungen. So seien neue Programme nicht mehr nur in der Lage, Bewerber nach Schul- und Studienabschlüssen, Noten und Qualifikationen zu sortieren. Auch ungewöhnliche Lebensläufe, die einen Kandidaten trotz nicht erfüllter formaler Anforderungen interessant machen könnten, würden identifiziert.

Über die tatsächliche Qualität einer solchen automatisierten Vorauswahl liegen jedoch kaum Erkenntnisse vor. Zudem ist zu bedenken, ob die von den Unternehmen angesichts der demografischen Entwicklung erwarteten rückläufigen Bewerberzahlen solche Lösungen zur Effizienzsteigerung weiterhin attraktiv erscheinen lassen.

 

Zukunftsfähig ist allemal der Aufbau von Bewerber-Datenbanken, die sozusagen an die Stelle der bisherigen Initiativ-Bewerbung treten: Interessenten hinterlegen ihr Profil, absolvieren darüber hinaus optional einige Online-Tests und erhalten dann automatisch eine Information, wenn eine passende Stelle ausgeschrieben wird.

(Aus: Ethical Leadsership Assessment: Zukunft einer werteorientierter Personalauswahl. Dr. Jürgen Meyer Stiftung)

Als zentrale Voraussetzungen für ein Ethical Leadership Assessment erweisen sich damit die Überzeugung vom (ökonomischen) Nutzen einer werteorientierten Unternehmensführung, die Verankerung der Unternehmenskultur und die Aufwertung der Personalabteilung zum Akteur der Unternehmensstrategie. Zudem wird gezeigt, dass ein werteorientiertes Recruiting nur als Teil eines langfristigen Gesamtkonzepts gelingen kann, zu dem begleitende Maßnahmen der Personalentwicklung ebenso zählen wie darauf abgestimmte Vergütungssysteme.

 

Evidenzbasierte Personalauswahl
Evidenzbasierte Personalauswahl

Die ersten Ergebnisse des Projekts sind in der im Dezember 2014 veröffentlichten Publikation „Ethical Leadership Assessment – Zukunft einer werteorientierten Personalauswahl“ dargestellt. Die Veröffentlichung soll ein erster Schritt sein, einen Überblick über bestehende Verfahren und die Perspektiven eines werteorientierten Personalmanagements in den Unternehmen zu schaffen. Zugleich führt die Publikation wichtige Fragen und Kontroversen zusammen, die nicht nur die Rekrutierung betreffen, sondern auch Bedingungen und Voraussetzungen für ein Ethical Leadership Assessment thematisieren. Dabei werden die Potenziale, aber insbesondere auch die Probleme und Risiken werteorientierter Personalauswahl erörtert. Mit der Publikation soll ein Anstoß für eine vertiefende Bearbeitung des Themas in Wissenschaft und Praxis gegeben werden.

 

 

Projektpartner
Ethical Leadership Assessment ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Dr. Jürgen Meyer Stiftung (www.juergen-meyer-stiftung.de).

 

Ansprechpartner

Sören Bachmann
Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik
soeren.bachmann@stiftung-wirtschaftsethik.de
040 / 878790570

 

Quelle: http://www.stiftung-wirtschaftsethik.de/projekte/bildung-forschung/ethical-leadership-assessment.html

1 Comment

  • Verschiedenste Studien belegen eine positive Korrelation von Unternehmenskultur und Performance der Unternehmung. Da die Kultur massgeblich durch die Mitarbeitenden bestimmt wird, ist es nur natürlich deren Werthaltungen entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken. Unserer Erfahrung nach birgt die Übereinstimmung von Unternehmenswerten und jenen von Mitarbeitenden grosse Potentiale die sowohl Unternehmung und Mitarbeiter dienen.

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