Familienunternehmen: Wirklich die besseren Arbeitgeber?
Aktuelles Hochschulprojekt zeigt: Größere Familienunternehmen hinken als Arbeitgeber in allen Arbeitsdimensionen hinterher
Familienunternehmen gelten vielfach als die besseren Arbeitgeber. Ein gemeinsames Forschungsprojekt der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin sowie der Universität Trier zeigt jetzt: Im Hinblick auf größere Familienunternehmen ist dieses Bild möglicherweise ein Mythos. Für die Analyse haben Wirtschaftswissenschaftler beider Hochschulen rund 198.000 veröffentlichte Mitarbeiter-Bewertungen auf der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu.com ausgewertet.
Familienunternehmen sind die besseren Arbeitgeber. So zumindest sehen es die Familienunternehmen selbst. So hebt zum Beispiel eine Publikation der „Stiftung Familienunternehmen“ zu „Familienunternehmen als Arbeitgeber“ durchgeführten Umfrage unter Bewerbern hervor: Eine überwältigende Mehrheit ordne die „gute Arbeitsatmosphäre“ sowie einen „kooperativen Führungsstil“ eher Familien- als Nicht-Familienunternehmen zu. Doch hält das Bild einer Überprüfung stand?
Analyse von 788 Unternehmen
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben die Wirtschaftswissenschaftler Michael Graffius (HWR Berlin) und Christopher Hansen (Universität Trier) Mitarbeiter-Bewertungen von 788 größeren Unternehmen ausgewertet. Anschließend verglichen sie die Bewertungen von Familienunternehmen mit denen der Nicht-Familienunternehmen miteinander. Größere Familienunternehmen erzielen nach dieser Analyse im Mittelwert einen kununu-Score von 3,22, Nicht-Familienunternehmen von 3,37. Familienunternehmen stehen also nicht besser, sondern leicht schlechter dar. Zudem: In ausnahmslos allen Qualitätskriterien schnitten Familienunternehmen schlechter ab (siehe Tabelle). Die geringste Zufriedenheit ließ sich in den Kategorien Kommunikation, Karriere und Vorgesetztenverhalten feststellen.
Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen auf kununu
Mittelwert FU |
Mittelwert NFU |
|
Total Score |
3.22 |
3.37 |
Vorgesetztenverhalten |
2.97 |
3.16 |
Kollegenzusammenhalt |
3.65 |
3.80 |
Interessante Aufgaben |
3.49 |
3.60 |
Arbeitsatmosphäre |
3.18 |
3.35 |
Kommunikation |
2.84 |
3.03 |
Gleichberechtigung |
3.28 |
3.50 |
Karriere / Weiterbildung |
2.95 |
3.12 |
Gehalt / Sozialleistungen |
3.15 |
3.38 |
Arbeitsbedingungen |
3.29 |
3.46 |
Work-Life-Balance |
3.08 |
3.26 |
Image |
3.36 |
3.38 |
Umgang mit Kollegen 45+ |
3.57 |
3.63 |
Umwelt- / Sozialbewusstsein |
3.32 |
3.40 |
Größere Familienunternehmen: Definition
Die beiden Wissenschaftler haben für ihre Analyse die weit verbreitete Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (Bonn) angewendet: Als Familienunternehmen wurden solche Unternehmen identifiziert, die sich zu mehr als 50% in Familienbesitz befinden, und mindestens ein Familienmitglied im Management aufweisen. Die untersuchten Unternehmen erwirtschaften jeweils einen Jahresumsatz von mindestens 200 Millionen Euro.
Selbstbild „Mittelstand“
„Auch größere Familienunternehmen pflegen als Arbeitgeber das Selbstbild als ‚Mittelstand‘“, sagt Michael Graffius: „Sie schmücken sich mit den Attributen der Kleinen („Wir kümmern uns um unsere Mitarbeiter.“), obwohl die Strukturen längst andere sind.“ Sein Kollege Christopher Hansen ergänzt: „Auf der einen Seite mag es stimmen, dass der Kontakt zwischen Mitarbeitern und Unternehmensführung aufgrund einer langen gemeinsamen Zusammenarbeit oftmals persönlicher ist. Auf der anderen Seite sind viele Familienunternehmen aufgrund der hohen Machtkonzentration in der Person des Eigentümer-Managers aber auch sehr patriarchalisch geprägt.“ Zieht sich die Familie aus der operativen Leitung zurück, haben die beiden Wissenschaftler festgestellt, so werden die Unterschiede zwischen großen Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen wieder geringer.
Außendarstellung versus Innensicht
„Das Beispiel der größeren Familienunternehmen zeigt: In vielen Unternehmensorganisationen gibt es erhebliche Unterschiede zwischen dem kommunizierten Selbstbild und der Wahrnehmung der Mitarbeiter. Dadurch entstehen Bruchstellen in der Kommunikation“ , so Anne Juliane Wirth, Managerin Communications bei kununu. „Arbeitgeber können kununu nutzen, um solche Bruchstellen zu identifizieren, im Dialog die Gründe zu analysieren, an ihrem Angebot an Mitarbeiter und Bewerber zu arbeiten und ihre Kommunikation zu optimieren“, sagt Wirth.
Über kununu
kununu ist derzeit mit über 3,5 Millionen Bewertungen zu mehr als 900.000 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz die größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform in Europa. Was vor zehn Jahren als revolutionäre Start-up-Idee in Wien begann, veränderte das Verhalten, wie wir uns heute über Unternehmen und potenzielle Arbeitgeber informieren. Die kununu GmbH wurde 2007 in Wien gegründet, seit dem 1. Januar 2013 ist sie ein Tochterunternehmen der XING AG.