Der nationale Pisa-Test offenbart Deutschlands Mathe-Dilemma
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Diese Aufgabe ist ein Beispiel dafür, wie das Leistungsniveau deutscher Schüler beim IQB-Bildungstrend getestet wird. Die richtige Lösung ist übrigens Antwort c. Bei der Untersuchung handelt sich um eine Art Pisa-Test auf nationaler Ebene in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik. Geprüft wird, wie viele Schüler die von der Kultusministerkonferenz (KMK) festgelegten Mindest- und Regelstandards für den mittleren Schulabschluss erreichen oder verfehlen. Das IQB – das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, das an der Berliner Humboldt-Universität angesiedelt ist – testete dafür rund 45.000 Schüler der neunten Klasse aller Schulformen. Die Ergebnisse wurden am Freitag in Berlin vorgestellt.
In Mathematik erreichen oder übertreffen im bundesweiten Schnitt fast 45 Prozent der Neuntklässler ein Jahr vor dem mittleren Schulabschluss das Niveau, das von der KMK als Regelstandard anvisiert wird. 31 Prozent verfehlen es, schaffen aber immerhin das geforderte Minimum. Die restlichen 24 Prozent hingegen erreichen auch das nicht.
Nirgendwo Fortschritte in Mathe
Im Bereich Naturwissenschaften ist die Situation komplizierter. Hier wird zwischen Fachwissen und Erkenntnisgewinnung – vereinfacht gesagt dem praktischen Anwenden – unterschieden. In Biologie erreichen 71 Prozent das gewünschte Fachwissen, 60 Prozent die erwartete Erkenntnisgewinnung. In Chemie sind es 56 beziehungsweise 64 Prozent und in Physik 69 beziehungsweise 77 Prozent.
Insgesamt sind die Ergebnisse relativ stabil geblieben. Der Blick auf die einzelnen Bundesländer offenbart allerdings, dass die Kompetenzen zum Teil deutlich zurückgegangen sind. Dass das Niveau insgesamt nicht gefallen ist, liegt auch daran, dass zwei Flächenländer herausragende Ergebnisse erzielen. „Man muss einräumen, dass es einen erheblichen Vorsprung in Bayern und Sachsen gibt“, sagt Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-Württemberg.
In einigen anderen Bundesländern hingegen zeigen sich in allen untersuchten Bereichen negative Entwicklungen. So sank in Brandenburg und Sachsen-Anhalt der Anteil der Schüler, die den gewünschten Regelstandard erreichen, in allen Fächern.
Für die Länder seien die Veränderungen über die Zeit besonders bedeutsam, sagt Stefan Schipolowski, wissenschaftlicher Leiter des IQB-Bildungstrends, weil sie Hinweise darauf geben, ob die jeweilige Bildungspolitik auf dem richtigen Weg sei. Allerdings bedeutet der beobachtete Negativtrend nicht automatisch, dass die Schüler der fünf Länder im gesamtdeutschen Vergleich die schlechtesten Ergebnisse erzielen. Stattdessen gilt etwa für Brandenburg und Sachsen-Anhalt, dass das Ausgangsniveau 2012 hoch war und der Abfall seitdem besonders deutlich ist.
„Mädchen unterschätzen sich deutlich“
Anders ist es beim Beispiel Bremen: Die Ergebnisse im Land haben sich nicht besonders verschlechtert. Sie sind konstant schwach. So war der Anteil der Schüler, die in Mathematik das gewünschte Standard-Level erreichen, sowohl 2012 als auch 2018 deutschlandweit am niedrigsten. Zuletzt schafften nur 28 Prozent der Neuntklässler das von der KMK anvisierte Niveau.
Die Forscher betonen allerdings, dass es nicht um einen Wettlauf der Länder gehen sollte. Zu unterschiedlich seien die Bedingungen vor Ort. So kommen neben den drei Stadtstaaten inzwischen auch Baden-Württemberg und Hessen auf Anteile von Schülern mit Zuwanderungshintergrund von über 40 Prozent. An vielen Schulen hat sich auch die Zahl der Kinder mit Förderbedarf stark erhöht.