Agiles Arbeiten – nur selten möglich?
Kurzes Update statt stundenlanger Meetings, schnelle mündliche Absprachen statt E-Mail-Flut: Unternehmen und Mitarbeiter suchen nach neuen Modellen der Zusammenarbeit. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass nicht einmal zehn Prozent der Unternehmen in Deutschland agil arbeiten. Woran liegt das?
Besonders Führungskräfte sind in der Pflicht, mehr eigenständiges Arbeiten und damit auch eine Fehlerkultur zuzulassen.
Dr. Walter Jochmann, Geschäftsführer bei Kienbaum
Mitarbeiter wollen Verantwortung übernehmen
Die Ergebnisse der Studie zeigen: Je agiler die Strukturen sind, desto innovativer und leistungsfähiger nehmen sich Unternehmen wahr. Eine Grundvoraussetzung solcher Strukturen ist es, starre Hierarchien aufzubrechen, um Mitarbeitern insgesamt mehr Verantwortung zu übertragen. 61 Prozent aller befragten Fachkräfte wünschen sich genau diese flachen Hierarchien, die allerdings laut den Beschäftigten in zwei Drittel der Unternehmen keine Realität sind.
Ein ähnliches Ergebnis gibt es bei der Frage, wie sehr Fachkräfte auch ohne Führungsverantwortung eigenständig Entscheidungen treffen können: Nur gut jeder Vierte erhält diese Möglichkeit. Dasselbe gilt für das Erleben einer offenen Fehlerkultur. Zudem werden lediglich 16 Prozent der Mitarbeiter dazu ermutigt, neue Ideen auszuprobieren.
“Wenn alleine eine kleine Anzahl an Vorgesetzten Entscheidungen für die Mehrheit der Mitarbeiter trifft, macht das ein Unternehmen nicht nur langsam, sondern es gefährdet auch oft den Erfolg”, sagt StepStone Geschäftsführer Dr. Sebastian Dettmers. “Unternehmen können den Anforderungen der Digitalisierung nur dann gerecht werden, wenn sie Ziele klar kommunizieren und ihren Mitarbeitern das Vertrauen entgegenbringen, Mittel und Wege selbst zu wählen, um die Ziele zu erreichen. Dabei ist klar: Solche Prozesse nachhaltig zu verändern, braucht Zeit und passiert nicht über Nacht.”
Führungskräfte haben andere Wahrnehmung als Mitarbeiter
Geht es um agile Strukturen und Arbeitsmethoden, haben Führungskräfte im Vergleich zu Fachkräften eine teils völlig andere Wahrnehmung: Lediglich 14 Prozent aller befragten Vorgesetzten gaben an, ihre Mitarbeiter bei Entscheidungsfindungen außen vor zu lassen. Auch mit Blick darauf, Anreize für die Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen zu schaffen, fällt die Bewertung der Führungskräfte anders aus – 71 Prozent sagen, sie motivieren ihre Mitarbeiter aktiv, neue Ideen auszuprobieren. Über 60 Prozent machen ihren Mitarbeitern laut eigener Aussage klar, dass Fehler ein hohes Lernpotential haben.
„Die Ergebnisse unterstreichen, dass agiles Arbeiten in Deutschlands Unternehmen noch nicht vollständig zum Arbeitsalltag gehört“, sagt Dr. Walter Jochmann, Geschäftsführer bei Kienbaum. „Besonders Führungskräfte sind in der Pflicht, mehr eigenständiges Arbeiten und damit auch eine Fehlerkultur zuzulassen. Nur so können Unternehmen dynamischer auf ständige Veränderungen im Markt reagieren.“
Über die Studie „Agile Unternehmen – Zukunftstrend oder Mythos der digitalen Arbeitswelt?“ (Veröffentlichung am 10.02.2020)
In dieser Studie untersuchen die Managementberatung Kienbaum und die Online-Jobplattform StepStone den Veränderungsgrad von Unternehmensstrukturen und die Bedeutung von Agilität im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt. Für die Studie haben StepStone und Kienbaum im ersten Quartal 2019 eine Online-Befragung durchgeführt, an der rund 10.000 Fach- und Führungskräfte teilgenommen haben.
Aktuelle StepStone Studien rund um die Themen Recruiting, Employer Branding, Arbeitsmarkt und Führung finden Sie kostenlos zum Download unter: https://www.stepstone.de/e-recruiting/studien/