Die aktuelle Lage der Jobbörsen in Deutschland
Jobbörsen erfreuen sich wieder eines Zuwachses bei den Stellenanzeigen. Doch der Wettbewerb durch die Suchmaschinen nimmt zu.
Von Gerhard Kenk. Eine kürzere Fassung dieses Artikels erschien im Personalmagazin (06/2010)
Bad Soden. Jobbörsen-Betreiber haben in den vergangenen Monaten erhebliche Investitionen in die Verbesserung ihrer Funktionalitäten, insbesondere der Suchfunktionen, getätigt. Zudem haben viele zusätzliche Funktionalitäten zur Verbesserung der Kandidaten-Services eingeführt. Die Liste der Jobbörsen, die einen Relaunch durchführten, ist lang und umfasst wichtige Marktteilnehmer wie die Bundesagentur für Arbeit, Monster, Stellenanzeigen. de oder StepStone.
Hinzu kommt mit dem „Laufbahner“ aus dem Süddeutschen Verlag eine völlig neue und neuartige Entwicklung eines Karriereportals. Dieses ist weniger auf die reine Publikation von Stellenanzeigen ausgerichtet, sondern stellt die mittelfristigen Karrierechancen von Kandidaten, also die berufliche Laufbahn, in den Vordergrund. Kern dieses Konzepts ist eine effiziente Matching-Logik, die Qualifikationsprofile von Kandidaten mit den Anforderungsprofilen der Arbeitgeber passgenau abgleicht.
Die Krux der Rumpelstilzchen-Transparenz
Schon die Gebrüder Grimm erkannten in ihrem 1812 publizierten Märchen, wer Gewinner einer Intransparenz beinahe geworden wäre. Rumpelstiltzchen war sich seiner Sache ziemlich sicher.
- „Heute back ich, morgen brau ich,
- übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
- ach, wie gut dass niemand weiß,
- dass ich Rumpelstilzchen heiß!“
Sein Wettgewinn sollte ihm die schöne Königstochter zuführen und in seiner Vorfreude machte er mit dem Outing seines Namens den entscheidenden Fehler.
Der Jobbörsen-Markt in Deutschland ist ziemlich unübersichtlich, über 1500 Jobbörsen und mehr als 40 Jobsuchmaschinen sind im Internet verfügbar, um Stellensuchende mit den idealen Karriere-Chancen in Kontakt zu bringen.
Dabei überlassen es die Jobbörsen-Betreiber den Personalern und Stellensuchenden, quantitative und vergleichbare Kriterien herauszufinden, welches denn für die richtige Zielgruppe die geeignete Jobbörse wäre. Die Anzahl der publizierten Stellenanzeigen erscheint auf den ersten Blick als ein vernünftiges Kriterium, umd zu erkennen, ob in einer Jobbörse genügend Stellenangebote vorhanden sind. Und schon hier beginnt die Krux der Transparenz. Einige Jobbörsen halten sich dezent zurück bei der Angabe der publizierten Stellenanzeigen, andere wiederum haben eine Suchblockade aktiviert und zeigen nur eine begrenzte Anzahl der gefundenen Stellenanzeigen an. Einige Jobbörsen wiederum gleichen eher einer Müllhalde des e-Recruitings, auf der achtlos und lieblos jede Menge Stellenanzeigen gesammelt und publiziert werden – Hauptsache viele Anzeigen. So wimmelt es dann von doppelten Anzeigen, Anzeigen der Zeitarbeitsvermittler oder veraltete Stellenanzeigen aus vorhergehenden Jahren.
Erst in Verbindung mit der Reichweite bzw. der Besucherfrequentierung einer Jobbörse lässt sich die Anzahl der publizierten Stellenanzeigen sinnvoll interpretieren. Doch auch bei der Reichweite knausern Jobbörsen-Betreibern mit Zahlenangaben. Wenn die Zugriffszahlen gut sind, wird schon einmal eine Pressemeldung veröffentlicht, andernfalls bleiben die Zahlen unter Verschluss. Und auch das branchenübergreifende Reichweitenmessverfahren von IVW zeigt, daß so gut wie keine Jobbörse in Deutschland sich dem Reichweitenwettbewerb mit konkreten Zahlen stellt.
Das IVW-Verfahren
Die Zugriffe auf Webseiten werden mit dem Skalierbaren Zentralen Messsystem (SZM) ermittelt. Das SZM arbeitet mit einem Zählpixel, das auf jeder Seite des gemessenen Angebots eingefügt ist. Über diesen Pixel ermitteln Zähl-Boxen in Echtzeit die Anzahl der von Nutzern abgerufenen Seiten (PageImpressions) sowie die Summe der einzelnen zusammenhängenden Nutzungsvorgänge (Visits). Die Daten der einzelnen Angebote werden in einem zentralen Kollektor zu Monatszahlen aggregiert und von der IVW veröffentlicht.Seit Einführung eines Kategoriensystems ( s. Anlage 2 „Kategoriensystem der Onlineangebote in der IVW“ zu den IVW-Richtlinien für Online-Angebote ) im Oktober 2004 ermittelt die IVW zu den einzelnen Online-Angeboten neben der Gesamtnutzung auch deren Zusammensetzung nach Seiteninhalten, die in sieben Hauptkategorien sowie rund 50 Unterkategorien aufgeschlüsselt wird.
Unter den Jobbörsen Deutschlands nimmt nur eine sehr überschaubare Zahl am IVW-Verfahren teil:
- Jobanova (Jobsuchmaschine)
- Jobmorgen (Jobbörse des Mannheimer Morgen)
- Kalaydo (Anzeigenportal und Stellenmarkt)
- Meinestadt.de (Regionales Städteportal mit Stellenmarkt)
- Stellen-Online.de (Jobbörse)
„Je nachdem welches Verfahren eingesetzt wird, kostet das die Jobbörse mehr oder weniger Geld“, so Rik Hülser, Business Director der HR-Kommunikationsagentur Aktor interactive. Als wichtigsten Grund für die unterschiedlichen Messmethoden sieht er aber den mangelnden Willen der Jobbörsen zur Transparenz.
„Je vergleichbarer die Zahlen werden, desto vergleichbarer werden natürlich die Jobbörsen, und das möchten diese nicht unbedingt.“ (Personalmagazin 06/2010)
Deshalb greift die von Crosswater Job Guide ermittelte Reichweite auf die Zahlen von Alexa.com zurück. Diese sind zwar in Fachkreisen in Bezug auf ihre absolute Präzision nicht unumstritten, allerdings sind sie in der Relation von Webseiten-Messungen durchaus zu Vergleichen nutzbar. Und sie bieten einen entscheidenden Vorteil: die Alexa-Reichweiten-Messungen sind öffentlich zugänglich und verfügbar.
Welche Kennzahlen sollte ein Personaler überhaupt kennen?
Michael Weideneder (Stellenanzeigen.de): „Zum einen gibt es Visits (Besuche auf einer Webseite), Page Impressions (Seitenabrufe) und Unique Visitors (Anzahl der individuellen Besucher in einem Zeitraum). Das sind die drei Kennzahlen, die für die Online-Branche insgesamt relevant sind. Relevant für die Kunden von Stellenbörsen ist zudem die Anzahl der Exposéabrufe pro Anzeige und die Zahl, wie oft die Anzeige in der Ergebnisliste angezeigt wurde. Diese beiden Kennzahlen senden wir unseren Kunden am Ende der Laufzeit per E-Mail zu.“ (Personalmagazin 06/2010)
Qualitative Kriterien sind noch Mangelware
Für die Beurteilung und Bewertung von Jobbörsen existieren noch nicht viele qualitative Kriterien. Erste Ansatzpunkte für die qualitative Betrachtungsweise liefern die Online-Umfragen von PROFILO Rating-Agentur und von CrossPro-Research. Beide Umfragen ermitteln die Zufriedenheit der Nutzer mit den Jobbörsen in Deutschland. PROFILO erhebt in jährlichen Umfragen unter Personalchefs die Kundenzufriedenheit aus der Sicht der Arbeitgeber. Die Crosspro-Reserch-Umfrage richtet sich hingegen an Stellensuchende, die dabei die allgemeine Zufriedenheit mit einer Jobbörse bzw. Jobsuchmaschine beurteilen können und auch die Suchqualität, d.h. die Treffergenauigkeit einordnen.
In der nachfolgenden Marktübersicht sind diese Kriterien zusammengefasst: Anzahl Stellenanzeigen, Reichweite, Kundenzufriedenheit der Arbeitgeber, Zufriedenheit der Stellensuchenden und ihre Einschätzung der Suchqualität. Diese Zahlen vermitteln eine gewisse Transparenz über den Jobbörsen-Markt in Deutschland. Allerdings dürfte es noch eine Frage der Zeit sind, bis Personaler und Stellensuchende auch eine entsprechende grössere Bandbreite von Jobbörsen bewertet haben.
Der Trend ist klar: Jobbörsen haben nicht mehr die alleinige Informationshoheit über ihr Branding, der Einfluss des Internets auf Kaufentscheidungen von Produkten und Dienstleistungen – auch im Recruiting – nimmt zu, wie Holger Schmidt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 6. Juli 2010 ausführte.
Mehr als 43 Millionen Menschen in Deutschland haben in den vergangenen zwölf Monaten ein Produkt im Internet gekauft, hat die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (Agof) errechnet.
Fast noch wichtiger: Vor dem Kauf haben sich schon 48,5 Millionen Menschen – das sind 98 Prozent aller Internetnutzer – über die Eigenschaften des Produktes im Netz informiert.
Wettbewerb durch Suchmaschinen
Die größte Konkurrenz für die Online-Jobbörsen kommt derzeit weder von Sozialen Netzwerken noch von Printmedien. Die Nutzung der Sozialen Medien für das Rekrutierung findet bislang hauptsächlich in intensiven Diskussionen statt. Empirische Untersuchungen über die Wirksamkeit des Recruitings über Soziale Medien sind noch Mangelware. Gegenüber Printmedien können sich die Jobbörsen-Betreiber mit Kosten- und Effi zienzvorteilen platzieren. Die größte Konkurrenz zeigt sich vielmehr bei den Jobsuchmaschinen, die mit einer großen Menge an Stellenanzeigen aufwarten und sich mit den klassischen Jobbörsen einen Wettbewerb um die effi zienteste Form der Publikation von Stellenanzeigen und der geeigneten Bewerber-Zielgruppenansprache liefern. Knapp 40 Jobsuchmaschinen gibt es derzeit in Deutschland.
Marken-Strategie
Das Marketing der großen Karriereportale ist nach wie vor auf eine „Branding“-Strategie ausgerichtet, das Marken-Image soll entscheidend zum Erfolg beitragen. Dies geht zu Lasten der Markttransparenz und es gibt keine geeignete Übersicht über die tatsächliche Zielgruppen und Nutzerprofile der mehr als 1.500 Jobbörsen in Deutschland. Die fehlende Markttransparenz hindert Arbeitgeber bei der effizienten Medienplanung.
Fehlallokierte Anzeigenschaltungen wirken sich jedoch nicht nur in vermeidbaren Ausgaben aus, sondern können hinsichtlich des Zeit- und Kostenrahmens (Time-to-hire, Cost-to-hire) die gesamte Recruiting-Kampagne eines Arbeitgebers gefährden. Entgangene Opportunitätsgewinne beim frühzeitigen produktiven Arbeitseinsatz der einzustellenden Kandidaten verschärfen das Problem einer ungenauen Medienplanung.
Auf der anderen Seite praktizieren Stellensuchende eine intensive Mehrfachnutzung von Jobbörsen, um sicher zu gehen, keine interessanten Inserate zu verpassen. Dies zeigen die Ergebnisse der Crosspro-Research Online-Umfrage für Stellensuchende über ihre Zufriedenheit mit Jobbörsen und Jobsuchmaschinen: Mehr als 92 Prozent der über 7.000 Umfrageteilnehmer bestätigen, dass sie bei der Stellensuche im Web bis zu sechs Jobbörsen gleichzeitig nutzen.
Die folgende Jobbörsen-Übersicht ist ein Auszug einer Marktanalyse, basierend auf der Anzahl der publizierten Stellenanzeigen und eines Ranking-Indikators über die Besucherfrequentierung eines Jobbörsen-Portals gemäß den öffentlich verfügbaren Messdaten von Alexa.com. Weiter werden Ergebnisse der aktuellen Kundenzufriedenheitsanalyse der Profilo Rating-Agentur GmbH aufgeführt, die aus Sicht der Personaler Ergebnisse einer Resonanzanalyse (quantitativer und qualitativer Bewerbungseingang) für einzelne Jobbörsen darstellen. Die aus der Umfrage von Stellensuchenden gewonnen Bewertungen der allgemeinen Zufriedenheit mit einer Jobbörse beziehungsweise deren Einschätzung über die erzielte Suchqualitäten ergänzen die Jobbörsen-Übersicht. Weitere Details der Jobbörsen-Marktanalyse können unter www.crosswater-systems.com eingesehen werden.
Unter den Anbietern finden sich allgemeine Jobbörsen, Jobsuchmaschinen sowie Spezial-Jobbörsen. Die Arbeitgeber-Zufriedenheit bemisst sich nach Schulnoten, die Nutzer-Zufriedenheit auf einer Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 4 (nicht zufrieden).
Zur Tabelle mit der Jobbörsen-Übersicht: >>>hier
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2 Comments
[…] Urvater Gerhard Kenk hat vor ein paar Tagen einen wirklich hervorragenden Artikel zur aktuellen Lage der Jobbörsen in Deutschland veröffentlicht. Der Artikel ist eine etwas längere Version eines Artikels, der bereits im Mai im […]
Sehr geehrte Recruiting Redaktion,
ich traue der angehängten Tabelle „jobbörsen-Übersicht“ selbst bei hellem Sonnenschein nicht über den Weg. Die Aussagen der Tabelle kann ich nicht verstehen. Ein Beispiel:
Auf „Platz 34“ steht „Biologie Jobs“ mit einer Jobanzahl von 3340 Anzeigen. Schaut man auf diese Jobseite und scrollt auf die letzte Seite (das sind weniger als 3 Klicks!), ist sofort erkennbar dass die Ausschreibungen von 2007 sind! D.h. 3340 Anzeigen in 3 Jahren…
Ich denke die Qualität dieser Liste ist stark verbesserungswürdig.
Mit freundlichen Grüßen
Tom Wiegand