Recruiting 2012: 12 Vorhersagen
Ein Gastbeitrag von Wolfgang Brickwedde, Institute for Competitive Recruiting
„Die Zukunft hat viele Namen.
Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare.
Für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte.
Für die Tapferen ist sie die Chance.“ (Victor Hugo)
Will man die Zukunft des Recruitings nicht nur erleben, sondern (mit-) gestalten, gilt es, in diese Zukunft zu schauen. Sie ist keineswegs sicher, und es wird vieles anders kommen als man denkt, aber es zeichnen sich auch immer Trends, Chancen und Bedrohungen ab. Jeder im Recruiting sollte sich zumindest zum Ende dieses Jahres oder zu Beginn des neuen Jahres Gedanken darum machen, wie sich das Recruiting einerseits im eigenen Unternehmen und andererseits am Arbeitsmarkt verändern wird. Auch ich habe mir mal erlaubt, die meiner Meinung nach wichtigsten Trends für das Recruiting im Jahr 2012 aufzulisten. Vielleicht wollen Sie Ihre Gedanken mit meinen vergleichen…
Meine grundlegenden Überlegungen beruhen den weitergedachten Ergebnissen des ICR Recruiting Reports 2011 und auf den zwei zentralen Themen, die das personalwirtschaftliche Handeln zunehmend bestimmen werden: der Wettbewerb um Fachkräfte und Talente und der demographische Wandel. Denn Unternehmen können ihre wirtschaftlichen Ziele nur erreichen, wenn sie dafür stets die richtigen Mitarbeiter haben – gleichzeitig wird der Personalmarkt jedoch enger. Die zentralen Themen werden m.E. daher die Professionalisierung des Recruitments, um u.a. den Wertbeitrag darstellen zu können, eine individuellere und proaktivere Ansprache von potentiellen Kandidaten und eine Vereinfachung des Engagement- und Recruitingprozesses.
Lassen Sie uns beim Detailblick auf die Wertschöpfungskette im Recruitment ruhig von vorne beginnen:
1.Employer Branding – Ohne Talent Magnet keine Talente
Fast 60 % der Unternehmen sind lt. ICR Recruiting Report 2011 mit der Stärke ihrer Employer Brand unzufrieden. Nur 40% halten die Attraktivitätswirkung ihrer Arbeitgebermarke für gut oder sehr gut und haben damit einen „Magnet für Talente“, der Bewerbern hilft, zu verstehen, was das Unternehmen ausmacht und sie für das Unternehmen begeistert. Insbesondere der Mittelstand hat in diesem Feld noch einen großen Aufholbedarf. Für den Wettbewerb um Talente und den Aufbau von zukünftig überlebenswichtigen Talent Communities ist es allerdings auch für viele Großunternehmen noch keine gute Ausgangsposition. Unternehmen werden ihre Employer Brand nie vollständig kontrollieren können, aber sie können und müssen sie überwachen und beeinflussen.
2.Stellenbeschreibungen müssen nach Bewerberwünschen optimiert werden
Schlechte Stellenanzeigen führen zur Verringerung von Bewerberzahlen, beschädigen die Arbeitgeberattraktivät und frustrieren am Ende den Klienten, den Fachvorgesetzen. Mit der Güte ihrer Stellenbeschreibungen ist die Mehrheit der Unternehmen im Jahr 2011 lt. ICR Recruiting Report 2011 zufrieden und geben damit an, daß ihre Stellenbeschreibungen so präzise und gleichzeitig interessant sind, daß Bewerber selbstständig eine Selektionsentscheidung treffen können.
Bewerber sehen dies allerdings komplett anders. Bei den wichtigen Punkten Auffindbarkeit, Authentizität, textliche Gestaltung und Wahl des Jobtitels einer Stellenanzeige ergab eine Befragung in 2011, daß jeweils nur 5-10 % der Bewerber den Unternehmen Bestnoten in diesen Bereichen gegeben haben.
Wenn Arbeitgeber und ihre Recruiter sich dies zu Herzen nehmen und sich dabei auch gleichzeitig einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten Wollen, indem sie Bewerber nicht nur auf ihre Stellenanzeigen locken, sondern auch zum Bleiben und Bewerben bewegen, dann werden sie in 2012 Folgendes sicherstellen:
A. Stellenanzeigen müssen leicht auffindbar sein. Sie dürfen nicht tief in der Karrierewebsite versteckt sein. Eine Interessent, der die Anzeige nicht findet, kann sich auch nicht bewerben
B. Stellenanzeigen müssen authentisch sein. Für Bewerber ist ein neuer Job einige seltene und wichtige Entscheidung. Für ihre notwendige Selbstselektion ist die Glaubwürdigkeit der Angaben entscheidend. Zuviel „Marketingsprech“ wird als solches erkannt und schadet nur.
C. In der Unternehmensbeschreibung sollte ein Unternehmen darstellen was es speziell macht und was es von anderen unterscheidet. Nur die Angabe „Weltmarktführer in XY“ und „ein toller Arbeitgeber“ erfüllt diese Anforderung nicht.
D. Bei der Wahl der Jobtitel ist Zurückhaltung und Einfachheit angebracht. „Ingenieur für Ölplattformen“ ist leichter zu finden und damit zielführender als „ Fördern Sie mit uns die Energie für die Welt“.
E. Zur Aufgabenbeschreibung selber wünschen sich Bewerber ein klares Bild, was von ihnen erwartet wird, was sie erwartet und wie sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten konkret in die Aufgabe einbringen können.
3.Sourcing wird wettbewerbskritisch
Mit der Qualität des Suchens und Findens von potentiellen Bewerbern ist etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen lt. ICR Recruiting Report 2011 unzufrieden. Sie können also nicht von sich sagen: „Wir sourcen die besten Kandidaten. Unser Recruitingteam hat exzellente Kenntnisse über alle relevanten Quellen für Top Talente.“ Da dies einer der wettbewerbsentscheidenden Faktoren im Recruiting ist, wird hier eine Kompetenzerhöhung erste Priorität in 2012 sein.
4. Mitarbeiterempfehlungsprogramme („Mitarbeiter werben Mitarbeiter“) = Hausaufgaben für Recruitmentleitungen
Fast 2/3 der Unternehmen sind mit ihrem Mitarbeiterempfehlungsprogramm unzufrieden (sofern sie denn überhaupt eins haben, die meisten haben keins oder es liegt mal wieder in der Schublade) lt. ICR Recruiting Report 2011. Sie sehen damit die Herausforderung, ein Programm zu haben, das neben der Quantität auch die Qualität der empfohlenen Bewerber sicherstellt. Mitarbeiterempfehlungsprogramme sind ein vergleichsweise kostengünstiger und qualitative hochwertiger Recruitingkanal, der von vielen Unternehmen noch vernachlässigt wird. Die Königsdisziplin wird vielleicht schon 2012 die Kombination von Mitarbeiterempfehlungsprogrammen mit Social Media sein, d.h. geeignete Software gleicht, mit Erlaubnis des Mitarbeiters, die Profile seiner oder ihrer Social Media Netzwerkkontakte mit den aktuellen Vakanzen des Arbeitgebers ab und macht dann geeignete Vorschläge, die der Mitarbeiter dann mit einer Empfehlung an seine Kontakte weiterleitet. Gutgemachte Mitarbeiterempfehlungsprogramm können jetzt schon zwischen 40-50% aller Einstellungen generieren. Dieser Anteil ist durch die Kombination mit Social Media noch steigerungsfähig.
5. Recruiting wird proaktiver werden müssen
Mittels der passiven Recruitings ist nur ein geringerer Teil (ca. 15-20 %) des gesamten potentiellen Bewerbermarktes zu erschließen. Dies sind die „aktiv suchenden Bewerber“. Was macht ein Unternehmen, wenn sich kaum oder nicht die richtigen Bewerber auf eine Stellenanzeige melden? Weiter warten? Noch mal eine Anzeige schalten, in der Hoffnung, es werde sich schon etwas ändern, es war vielleicht Urlaubszeit, oder Sommer oder oder?
Einen bis zu dreimal so großen Teil (ca. 30-50%) des Arbeitsmarktes, die „latent suchenden Bewerber“ erreicht man auf diese passive Suchweise nicht. Latent suchende Bewerber zeichnen sich durch dadurch aus, dass sie einem Angebot durchaus positiv gegenüberstehen würden, wenn Sie denn gefunden und angesprochen werden würden. (Falls auch zukünftig auch proaktiver rekrutieren möchten, aber Sie noch nicht so genau wissen wie, sind Sie herzlich eingeladen zu den Intensiv-Workshops Proaktives Recruiting:“ Suchst Du noch, oder findest Du schon? – Mit aktivem Recruiting in Social Media gegen den Fachkräftemangel!“ Neue Termine in der DACH-Region und Teilnahmeinfos finden Sie hier)
In Zeiten des Kampfes um die richtigen Talente ist notwendig, aktiv auf die Suche nach Kandidaten zu gehen. Nicht erst im Jahr 2012 werden diejenigen Unternehmen erfolgreicher sein, die den Recruitingprozess umkehren. Statt abzuwarten, bis sich eine Vakanz auftut, analysiert die Recruitment-Abteilung die unternehmenskritischen Stellenprofile, sucht aktiv in allen entsprechenden Quellen darauf passende potentielle Bewerber, spricht diese an, versucht sie grundsätzlich für das Unternehmen, seine Ziele und seine Kultur, zu interessieren, qualifiziert die potentiellen Bewerber weiter und pflegt regelmäßige Kontakte, um über die beruflichen (und ggf. privaten) Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. Und wenn sich dann aus der Fachabteilung eine Vakanz ergibt, kann der Recruiter innerhalb kürzester Zeit, vorqualifizierte und kalibrierte Kandidaten vorstellen.
6. Recruiter 2.0 kommt mit großen Schritten
Um spätestens 2012 ein erfolgreicheres Recruiting betreiben zu können, benötigen Unternehmen neben dem o.a. Umdenken im Unternehmen auch einen neuen Typ von Recruiter: Den Recruiter 2.0
Dieser muß, um die wirklich guten und passenden Kandidaten zu gewinnen, auch proaktiv vorgehen können. Zu diesem Zweck muss der Recruiter sämtliche Rekrutierungsmöglichkeiten kennen und nutzen. Er muss seinen Markt und sein Business verstehen, damit er den Fachvorgesetzten als strategischer Partner aktiv unterstützen kann. Hierbei ist wichtig, dass der Recruiter nicht mehr nur die Rolle eines Dienstleisters einnimmt, sondern vielmehr als Berater agiert.
Neben diesen beratenden Tätigkeiten wird insbesondere der sichere Umgang mit dem Internet, insbesondere Web 2.0-basierten Anwendungen (z.B. Social Media Plattformen oder Blogs), sowie weiteren IT-Applikationen erwartet. Darüber hinaus muß ein Recruiter neueren Profils auch immer zur Hälfte ein Verkäufer sein, d.h. er „verkauft“ in enger werdenden Märkten den Arbeitgeber und den Arbeitsplatz ggü. den Bewerbern und die vorausgewählten Bewerber ggü. dem Fachvorgesetzten. Das notwendige Kompetenzprofil für einen Recruiter 2.0 finden Sie hier.
7.Erfolge im Recruiting werden gemessen
Beim Thema Erfolgsmessung im Recruiting tritt lt. Recruiting Controlling Report 2011 das grundlegende Problem auf, daß fast 75% der teilnehmenden Unternehmen nicht sagen können:
„Wir unterhalten ein Controllingsystem für Recruitment, dessen KPI über Effizienzmessungen hinaus die Qualität und Produktivität mißt und Verbesserungsfelder aufzeigt.“
Gleichzeitig halten mehr als 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen die Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding für wichtig oder sehr wichtig.
Diese Diskrepanz zwischen angegebener Wichtigkeit und tatsächlicher Umsetzung aufzulösen, ist die Aufgabe für das Recruiting 2012. Dabei muß nicht jedes Unternehmen das Rad neu erfinden. Ein Recruiting Controlling Standard (zehn benchmarkfähige KPI inkl. Definition, Beschreibung und Formeln) ist bereits 2011 vom queb e.V. (den meisten noch als dapm e.V. bekannt) entwickelt und vorgestellt worden und kann hier eingesehen werden.
8.Recruitment wird zentraler organisiert
Die häufigste Nutzungsform in der Organisation des Recruitments ist bereits 2011 eine vollständig zentrale Organisation. Leicht abgeschlagen auf dem zweiten Platz folgt die zentrale Bewerbererfassung und Vorauswahl mit anschließender dezentraler Finalauswahl unter Einbeziehung nur der Fachvorgesetzten, d.h. ohne Einbeziehung der Personal-referenten. Auf dem dritten Platz liegt die vollständig dezentrale Organisation vor der Mischung aus allen Organisationsformen. Schon im Vergleich zum Jahr 2010 konnten sich alle zentralen Organisationsformen in der Nutzung steigern. Da mit einer Steigerung der Zentralisierung sich die Zufriedenheit erhöht hat, gehe ich für 2012 von einer weiteren Zentralisierung des Recruitment aus.
9. Dezidierten, spezialisierten Recruitern gehört die Zukunft
Noch sieht es in 2011 so aus bei der Frage wer rekrutiert: Personalreferenten führen vor einer Mischung aus Fachvorgesetzten und internen Recruitern vor einer Mischung aus Personalreferenten und internen Recruitern gefolgt von dezidierten internen Recruitern.
Im Vergleich zu 2010 konnten allerdings nur die Nutzungsformen der dezidierten internen Recruiter und die Mischung aus internen und externen Recruitern signifikant zulegen, gleichzeitig zeigen diese beiden Formen auch die höchste Zufriedenheit, so daß ich für 2012 auch von einer weiter verstärkten Nutzung von dezidierten, auf das Recruiting spezialisierten HR-Mitarbeitern ausgehe. (Falls Sie dezidierte, spezialisierte Recruiter für Unternehmen suchen, bei www.recruitingjobs.de gibt es genug)
10.Social Media Recruiting wird erwachsener
Bereits das Jahr 2011 zeigte einen Trend es zu einer stärkeren Nutzung von Social Media für Recruiting und Personalmarketing. Es kam allerdings bereits zu einer ersten Ernüchterung hinsichtlich der nachprüfbaren Ergebnisse, möglicherweise verursacht durch den Ansatz „Wir wollen auch mitmachen, weil die anderen auch schon dabei sein“. Daher wird Social Media Recruiting im Jahr 2012 deutlich zahlen- und ergebnisgetriebener sein müssen, damit es seine Berechtigung ggü. anderen Recruitingkanälen nachweisen kann.
11.Einstellungsquellen: Personalberatungen in Überholgefahr
Welche Recruiting-Känale bringen die meisten Bewerber? Aus welchen Quellen speisen sich die meisten Einstellungen? Im Jahr 2011 erhielten die Unternehmen die meisten Bewerbungen über Online-Jobbörsen. Die unternehmenseigene Karriereseite folgt auf dem zweiten Platz. Eigene Mitarbeiter und Personalberatungen kommen auf die Plätze 3 und 4. Dieselbe Reihenfolge ergibt sich auch bei den Einstellungen.
Wo bleibt denn Social Media Recruiting ? Kamen in der letzten Studie 2010 über diesen Weg nur 7-8 % der Bewerbungen bzw. Einstellungen zustande, sind es diesmal 15 %, wenn man Business Netzwerke und Soziale Netzwerke zusammenzählt. Dies entspräche einer Verdoppelung und reicht bereits für den fünften Platz. Im Jahr 2012 werden die Personalberatungen sich bei der Rangliste der Einstellungkanäle warm anziehen müssen.
12.Recruitmentbudget: Für Social Media wird auch 2012 mehr Geld ausgegeben
Für Social Media (Business Netzwerke und Soziale Netzwerke) und Stellenanzeigen bei Onlinejobbörsen wollten die Unternehmen in 2011 mehr Geld ausgeben bei der Besetzung ihrer offenen Stellen. Weniger investieren werden Unternehmen in Stellenanzeigen in Printmedien, outgesourcetes Recruiting und externe Sourcing Dienstleister. Größere Unternehmen werden mehr in Social Media und weniger in Online-Jobbörsen investieren als kleinere und mittlere Unternehmen.
Weitere Themen, die Recruiter und Recruitingleiter/innen im Jahr 2012 im Auge behalten sollten:
Candidate Experience
Bewerber wurden von Unternehmen bisher nie so gut wie Kunden behandelt. Die Arbeitsmarktsituation lies dies auch bisher ohne negative Folgen zu. Wenn jetzt der Wettbewerb um Fachkräfte und Talente und der demographische Wandel ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, wird sich dies ändern müssen. Unternehmen und damit Arbeitgeber müssen, wenn Sie Talentmagnete bleiben oder werden wollen, den gesamten Personalbeschaffungsprozess mal aus Sicht der Bewerber anschauen. Die umgekehrte Frage „Was können wir tun, um die Bewerber möglichst abzuschrecken?“ kann schon jetzt viele “interessante” Aktivitäten in ihrem Personalbschaffungsprozess zu Tage fördern, die einer positive Bewerbererfahrung entgegenstehen. Diese gilt es in den nächsten Jahren schnellstmöglich zu reduzieren und die Bewerbung in einen als sehr positiv in Erinnerung bleibenden Prozess zu verwandeln.
Riskomanagement im Recruiting
Fast jedes Geschäftsfeld hat eine Risikomanagementstrategie. Wenn Recruiting näher an das Business heranrücken will, ist es auch Zeit, die Risiken im und für das Recruiting zu betrachten und für evtl. auftretende Probleme vorzusorgen. Es gilt, wirtschaftliche und rechtliche Risikofaktoren zu beleuchten, die Auftreten können, z.B. bei Veränderungen im Recruitingbedarf (nach oben und unten),bei Veränderungen in der Fluktuationsrate der aktuellen Mitarbeiter, bei qualitative Anforderungsänderungen bei den gesuchten Mitarbeitern aufgrund einer Produktänderung, bei steigender Reportingbedarf, bei Änderung des Recruitingmodells etc.
Informationsbeschaffung über den Wettbewerb und den Arbeitsmarkt
Ein Unternehmen, das im Wettbewerb um die Talent erfolgreich sein will, ist gut beraten, möglichst viel über den Arbeitsmarkt, die effizienten Recruitingkanäle, die Pläne der Unternehmen, die im Wettbewerb um dieselbe Zielgruppe aktiv sind und deren Ressourcen in Erfahrung zu bringen. Diese Daten sollten systematisch ausgewertet und aktuell gehalten werden, damit sie relevante Entscheidungen unterstützen können.
Welche Erkenntnisse könnten für ein Unternehmen jetzt interessant sein, um sich einen Vorteil im Wettbewerb um die Talente zu erarbeiten?
A. Arbeitsmarkt z.B. Daten über Angebot und Nachfrage
B. Recruitingkanäle: z.B. Welche Kanäle bringen Einstellungen pro Bewerbungen?
C. Aktivitäten der Wettbewerber: z.B. Wettbewerbsanalyse des Employer Branding
D. Aufstellung der Wettbewerber: z.B. Wieviele Ressourcen hat der Wettbewerb?
+++Ein guter Start um auf dem Laufenden zu bleiben im Recruitment kann schon die Abonnierung des ab 2012 neu erscheinenden Recruitment Buzz sein -Wissenswertes und Interessantes aus allen Bereichen des Recruitments: von Employer Branding und Personalmarketing über Sourcing bis hin zu Auswahl, Einstellung und Onboarding.+++
Mobile Recruiting
Mobile Recruiting steckt in Deutschland noch in sehr kleinen Kinderschuhen. Von ein paar Versuchen mit QR-Codes und Augmented Reality abgesehen hat bisher nur die App der Telekom, mit der sich Bewerber auch mobil nur mit ihrem Xing oder LinkedIn Profil bewerben können, eine gewisse Breitenwirkung gehabt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Smartphone-Nutzer (= potentielle Bewerber mit mobilen Zugangsmöglichkeiten) rasant und die Kosten für die mobile Breitbandnutzung sinken stetig. Arbeitgeber sind in 2012 gut beraten, zumindest den mobilen Traffic auf Ihrer Website zu monitoren, um ggf. ihre Kommunikation an die Nutzungsgewohnheiten der Zielgruppe anpassen zu können.
Gamification
Bayer und Daimler testen es schon: Recruiting über Browserspiele (z.B. fliplife). Unter der Überschrift “Vom Felgenpolierer zum Innovationsguru” kann man bei Daimler eine Ingenieurs-Karriere durchlaufen. Innerhalb der Daimler-Ingenieurkarriere ist das Prinzip das gleiche wie richtigen Jobs. Man bekommt je nach Karrierefortschritt verschiedene Projekte zur Bearbeitung vorgesetzt und muss sich dann sukzessive “hocharbeiten”. Potentielle Bewerber machen sich so über einen Zeitraum von 2-3 Monaten mit einem Zeitaufwand von ca. 30 Minuten mit einem Unternehmen vertraut. Darüber, ob diejenigen, die diese Spiele spielen, auch der Zielgruppe entsprechen, gibt es noch keine Daten. Auf jeden Fall belegt das Engagement von Daimler und Bayer einen Einstieg in das Feld der spielerischen Recruitingsformate. Die weiteren Fortschritte bleiben zu beobachten.
Beurteilung und Auswahl
Bei der Nutzung von eignungsdiagnostischen Tools jedweder Art (von Papiertest über ausgeklügelte Recruitainment Lösungen) gilt es, die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beobachten und ggf. in die eigene Auswahl einfließen zu lassen. In der nächsten Zeit sollte unbedingt ein Blick auf die Entwicklungen im Bereich Test von „Cultural Fit“ geworfen werden.
Bewerbermanagementsysteme oder rote Teppiche für Bewerber?
Durch die heutigen Bewerbermanagementsysteme, insbesondere durch die, bei denen man langwierige Formulare selber ausfüllen muß, entsteht eine Art von Festung. Die Unternehmen umgeben sich mit einer hohen (Stacheldraht bewehrten) Schutzmauer gegen die anstürmenden Bewerbermassen. Nur ein ganz geringer Prozentsatz schafft es, nach komplizierten Auswahlprozessen, ins Innere der Festung.
Nun wird die Welt sich allerdings durch Fachkräftemangel und demografische Entwicklung entscheidend ändern. Statt der Bewerbermassen draußen vor dem Tor, werden die Talente durch aufwändige Suchen identifiziert (Proaktives Recruiting) und eingeladen sich zu bewerben. Wenn die dann mit der hohen Festungsmauer inkl. Stacheldraht statt des erwarteten roten Teppichs empfangen werden, drehen Sie gleich wieder um…
Was kann ein Arbeitgeber tun, um nach wie vor die geeigneten von den ungeeigneten (ja, jeder paßt nicht auf jedes Stellenprofil) effizient zu unterscheiden und die gesuchten Talente nicht schon frühzeitig zu verschrecken?
Die Festungen müssen nicht unbedingt geschliffen werden. Zur effektiven Prozesssteuerung werden sie weiter benötigt. Wenn sie aber ergänzt werden durch „goldene Tore, die mit einem bestimmten Zauber belegt sind“ oder “ virtuelle rote Teppiche“, dann ist die Gratwanderung geschafft.
Wie kann so ein Goldenes Tor aussehen? Zunächst einmal geht es um Einfachheit und Entbürokratisierung. So sollte das Bewerbermanagement das Hochladen eines Lebenslaufes mit einem dazugehörigen Anschreiben ermöglichen. Diese beiden Dateien sollten dann durch eine Softwaremöglichkeit (genannt Parsing, technisch schon möglich) durchsucht und die relevanten Daten automatisch auf die entsprechenden Felder der Onlinebewerbung zugeordnet werden. Je nach Güte der Software muß der Bewerber dies noch einmal kurz kontrollieren und ggf. verbessern. Das war dann aber auch schon der Hauptteil der Bürokratie! Jetzt kommt das „Goldene Tor“, das mit einem bestimmten Zauber belegt ist. Es besteht in der simplen aber hochinteressanten, freiwillig zu beantwortenden Frage, was nach Meinung des Kandidaten/der Kandidatin die drei größten Herausforderungen für die Position sind und wie er/sie diese angehen würden.
Abschlußbemerkungen für das Jahr 2011:
Das Thema Talent ist auf der Agenda der Vorstände und Geschäftsführer immer weiter nach vorne gerückt. Auch die „berüchtigten“ Ratingagenturen schreiben das Thema Verfügbarkeit von Talenten neuerdings in das Pflichtenheft der Vorstände und weisen auf die direkte Verbindung zwischen Profitabilität und dem Erfolg in den Bereichen Recruitment und Retention hin. In einer Studie aus dem Jahr 2011 schrieb Moody‘s, dass eine effektive Fokussierung auf die Qualität in diesen beiden Bereichen „:
“den Marktanteil erhöhen, die Fähigkeit neue Mitarbeiter zu finden und zu halten, verbessern, die Fluktuation verringern und das finanzielle Ergebnis erhöhen kann.”
Diese Aussage unterstreicht die klare Verbindung zwischen Recruiting und Profitabiliät und hebt die Bedeutung für zukünftige Ratings hervor.
Diese Entwicklung ist einerseits gut, da Recruiting stärker ins Rampenlicht gerückt wird, andererseits steigen auch die Anforderungen an die Effektivität und die Erfolgsnachweise im Recruitment. Bevor der Vorstand, aufgeschreckt durch die neue Komponente in Ratingverfahren, zur Recruitingleitung kommt und nach Zahlen über die Wettbewerbsfähigkeit der Talentpipeline verlangt (…und zwar gestern!), sollte der Prozess und die Qualität des Outputs so schnell wie möglich proaktiv gestaltet werden. Nur so können Erfolge rechtzeitig auch in der internen Kommunikation nachweisbar und glaubwürdig „verkauft“ werden und der Vorstand kann diesen Punkt beruhigt abhaken und sich wieder anderen Herausforderungen zuwenden. Die Recruitmentverantwortlichen stehen also 2012 vor ganz besonderen Herausforderungen. Ich hoffe, daß meine 12 Vorhersagen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen behilflich sein können.
Wolfgang Brickwedde
Institute for Competitive Recruiting
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