Erwerbseinkommen und Hartz-IV-Leistungsbezug: 60 Prozent der Aufstocker arbeiten Teilzeit
Nürnberg. Rund 1,3 Millionen Personen beziehen Arbeitslosengeld II, obwohl sie erwerbstätig sind. 60 Prozent der so genannten Aufstocker arbeiten dabei in einem Teilzeitjob mit weniger als 22 Stunden pro Woche. Der durchschnittliche Bruttostundenlohn der Aufstocker beträgt 6,20 Euro, geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
Die Forscher betonen: „Zunächst ist festzuhalten, dass Aufstocker bereits in Beschäftigung und damit sowohl näher am Arbeitsmarkt als auch an einer eigenständigen Existenzsicherung sind als Personen, die ausschließlich Grundsicherung beziehen.“ Aufstocker bleiben jedoch häufig für mehrere Jahre auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen, zeigt die IAB-Studie. Rund 60 Prozent der Aufstocker aus dem Jahre 2010 waren auch im Jahr danach Aufstocker.
Die Analyse lässt aber immerhin eine leichte Tendenz zur Aufwärtsmobilität erkennen: Es gab mehr Aufstiege als Abstiege. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die durch einen Job wenigstens zu Aufstockern wurden, war größer als die Zahl der Aufstocker, die ihren Job verloren. Zugleich war die Zahl der Aufstocker, die den Hartz-IV-Bezug vollständig überwinden konnten, größer als die Zahl der Erwerbstätigen, die neu auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen waren.
Vor allem fehlende berufliche Qualifikationen und schwere gesundheitliche Einschränkungen hindern am Verlassen des Leistungsbezuges. Zudem haben die Arbeitsmarktforscher in ihrer Studie festgestellt: „Geringfügige und befristete Beschäftigungsverhältnisse, Zeitarbeit oder niedrig entlohnte Tätigkeiten bahnen nur selten den Weg in eine ungeförderte Beschäftigung.“
Da die Mehrzahl der Aufstocker keiner vollzeitnahen Beschäftigung nachgehe, sei die Ausweitung ihres Arbeitsumfangs eine zentrale Stellschraube. Die IAB-Forscher schränken aber ein: „Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Aufstocker für eine vollzeitnahe Beschäftigung in Betracht kommen – sei es, weil sie Kinder oder ältere Personen selbst betreuen müssen oder weil sie aus gesundheitlichen Gründen dazu gar nicht in der Lage sind.“
Hinzuverdienst im SGB II
Erwerbstätige Empfänger von Arbeitslosengeld II dürfen einen Teil ihres Erwerbseinkommens als Freibetrag behalten, der verbleibende Teil wird auf die Leistungen angerechnet (§ 11b SGB II). Die Regelungen zum Hinzuverdienst bestimmen mit darüber, inwieweit es sich für Leistungsbezieher finanziell lohnt, eine Beschäftigung aufzunehmen. Ihre Ausgestaltung war daher häufig Gegenstand politischer Reformvorschläge. Die letzte Änderung trat zum 1.7.2011 in Kraft. Danach sind die ersten verdienten 100 € vollständig anrechnungsfrei. Darüber hinaus werden bis zu einer Grenze von 1.000 € 80 Prozent des Verdienstes angerechnet. Bei einem Verdienst von 1.000 € verbleiben also weitere 180 € (20 % von 900 €) beim erwerbstätigen Leistungsbezieher. Vorher lag die Grenze bei 800 €. Einkommen zwischen 1.000 € und 1.200 € werden mit 90 Prozent auf die Grundsicherungsleistungen angerechnet, bei erwerbstätigen Leistungsbeziehern mit Kindern erhöht sich die Grenze auf 1.500 €. Alle Verdienste über 1.500 € mindern den Leistungsbezug in vollem Umfang. Insgesamt erreicht ein erwerbstätiger Leistungsbezieher mit Kindern bei einem Einkommen von 1.500 € oder mehr einen Freibetrag von 330 € (100+180+50).
Die IAB-Studie im Internet: http://doku.iab.de/kurzber/2013/kb1413.pdf.
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
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