Vertriebs-Talente wachsen nicht auf Bäumen: Im Interview mit TalentsConnect
Das nachstehende Interview erschien auf dem Blog von TalentsConnect http://blog.talentsconnect.com/vertriebs-talente-wachsen-nicht-auf-baumen/. Talents Connect ist die Plattform für Empfehlungen von Jobs UND Bewerbern. Jetzt testen: www.talentsconnect.com
Wer in der HR- und Recruiting-Branche unterwegs ist, kennt ihn: Der Crosswater Job Guide (www.crosswater-job-guide.com) ist eine echte Institution im Bereich der Jobbörsen-Analyse und berichtet schon seit über 13 Jahren über die Branche. Wir hatten die Gelegenheit, ausführlich mit Gerhard Kenk zu sprechen, dem Kopf hinter Crosswater.
Herr Kenk, seit rund 15 Jahren gibt es Online-Jobbörsen und Sie verfolgen die Entwicklung von Beginn an. Die ersten Websites dieser Art leisteten nicht viel mehr als eine reine Sortier- und Suchfunktion über herkömmliche Stellenanzeigen. Doch bis heute hat sich viel getan. Was sind in Ihren Augen die entscheidenden Entwicklungsschritte die es bis heute gab?
Gerhard Kenk betreibt seit Februar 2000 das Portal www.crosswater-job-guide.com.
Wenn die Einschätzung der ersten Online-Jobbörsen auf die enge Sichtweise der Funktionalität reduziert würde, so könnte man sicherlich von einer 1:1 Transposition der Stellenanzeigen in das neue Medium ausgehen. Doch die neuen Online-Jobbörsen hatten schon damals drei entscheidende Vorteile gegenüber Print-Medien:
1. Die Stellenanzeigen waren 24 Stunden, 7 Tage in der Woche abrufbar.
2. Die Stellenanzeigen konnten ohne geographische Einschränkungen von jedem Internet fähigen Gerät abgerufen werden.
3. Die Publikation der Stellenanzeigen wurde wesentlich kostengünstiger als bei den damals vorherrschenden Print-Anzeigen.
Alle drei Vorteile kombiniert versetzten schlussendlich dem Print-Stellenanzeigenmarkt den Todesstoß.
Die Entwicklungsschritte der Online-Jobbörsen erfolgten nicht revolutionär, sondern eher inkrementell. Die Funktionalitäten hinsichtlich Publikationsprozess, Such- und Matching-Technologie wurden Schritt für Schritt verbessert. Zusätzlich profitierten die Online-Jobbörsen vom Rückenwind der technologischen Entwicklungen des Internets und dem Leistungssprung der IT-Technologie bei Browsern, PC und neuerdings mobilen Endgeräten.
Dennoch führen laut einer Staufenbiel-Studie auch heute nur 14% aller Bewerbungen zu einem persönlichen Kennenlernen, nur 17% der Vorstellungsgespräche zu einer Einstellung und am Ende erfüllen nur 25% aller Neuanstellungen die Anforderungen der Unternehmen voll und ganz. Das sind keine erfreulichen Zahlen. Welche Potenziale wurden vielleicht verschlafen?
Die Statistiken und Erfolgsquoten im Bewerbungsprozess hängen von zwei Faktoren ab. Das “Publikationsmodell Pusteblume” ist dafür verantwortlich, dass Stellenanzeigen auf vielen Webportalen und Publikationskanälen (Karriereseite des Arbeitgebers, Jobbörsen, Spezialjobbörsen, Jobsuchmaschinen, RSS-Feeds oder Social-/Business-Netzwerken) publiziert werden und der heiße Wind des Fachkräftemangels facht dies noch weiter an. Dieser mengenorientierte Ansatz bewirkt aus Recruiter-Sicht natürlich auch einen quantitativ höheren Bewerbungseingang, in der Folge steigt die statistische Basis für Erfolgsquoten erheblich an.
Der zweite Faktor hat mit der Qualifikation der Kandidaten und der Passgenauigkeit der Bewerberprofile mit den Anforderungsprofilen zu tun – erschwerend ist dies in engen Arbeitsmärkten, die durch Fachkräftemangel, demografischen Wandel oder beides geprägt sind.
Verbesserungen im quantitativen und qualitativen Bewerbermanagement können in erster Linie durch eine präzisere Kandidaten-Zielgruppen-Orientierung erzielt werden. Dies führt zu einer zeitlichen und auch kostengünstigeren Handhabung der Bewerbungen.
Und wie geht’s weiter, in welche Richtung wird sich der Bereich des Online-Recruiting in den kommenden Jahren entwickeln? Erkennen Sie Trends, vielleicht einen Zug, auf den alle aufspringen wollen?
Der “Matching Score” zeigt, wie gut Bewerber und Unternehmen zusammenpassen.
Das Online-Recruiting wird sich aus meiner persönlichen Sicht der Dinge eher nach dem evolutionären Prinzip der Zellteilung, der konstanten Weiterentwicklung bestehender Technologien und Prozesse bei gleichzeitiger Koexistent multipler Webportale, Recruiting-Kanäle und Verfahren entwickeln. Konzentration und Konsolidierung werden keine entscheidende Rolle spielen, es sei denn, ein Start-up entwickelt einen wirklich revolutionären Ansatz, wie es den Google-Garagen-Gründern gelang und deren Entwicklung das Aus für die damals etwa 3.000 existierenden Suchmaschinen bedeutete.
Wir wollen mit Talents Connect eine klare Orientierung in einer frühen Phase des Bewerbungsprozesses geben, indem wir beiden Seiten schon vor dem Kennenlernen 20 relevante Fragen stellen. Halten Sie es für richtig, dass wir dabei den Schwerpunkt auf die Persönlichkeit und die Interessen des Bewerbers sowie die Arbeitsinhalte des Arbeitgebers legen? Insbesondere vor dem Hintergrund des viel zitierten Fachkräftemangels?
Eine vereinfachende Betrachtungsweise bei der Mitarbeiterentwicklung ist die Frage, ob ein Mitarbeiter sich verbessern kann oder nicht will. Entscheidend für den Erfolg ist also die Motivation des Mitarbeiters. Neue Kenntnisse und Fähigkeiten können – Motivation vorausgesetzt – leichter vermittelt werden, wenn die “Soft-Skills” und die Persönlichkeitsfaktoren passen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die “Halbwertszeit des Wissens” – besonders in Technologie-orientierten Branchen und Berufen – stetig kürzer wird mit der Konsequenz, regelmäßige Nachschulungen und Trainingsmaßnahmen durchführen zu müssen.
Sie sind einer der Initiatoren von “Deutschlands beste Jobportale”. Am letzten Test haben sich rund 22.000 Bewerber und mehr als 1.300 Arbeitgeber beteiligt. Was erwarten diese beiden Gruppen am ehesten von einem guten Jobportal? Liegen Bewerber und Personaler mit ihren Wünschen weit auseinander?
Gerhard Kenks “Crosswater-Job-Guide” und “Crosswater Systems” bieten einen Überblick über das Thema eRecruiting mit Jobbörsen, Gehaltsinformationen, Bewerbung, Pressestimmen und Analysen.
Bei dieser Frage fällt es mir schwer, mich kurz zu fassen, aber ich probiere es mal. Im Mittelpunkt der Bewerber- und Arbeitgeber-Umfrage stehen nicht einzelne Funktionalitäten der Jobportale, sondern die subjektive Zufriedenheit der Nutzer. Einschätzungen zur Suchqualität, dem Preis-/Leistungsverhältnis, der Wiederempfehlungsrate oder ähnlichen Faktoren dienen in der Summe letztendlich dazu, Jobportale mit einer hohen Zufriedenheitsquote zu identifizieren. “Zufriedene Mienen danken es Ihnen” – diese Weisheit aus der Klamottenkiste der Werbung gilt auch im #Neuland Internet. Wer zufrieden ist, sieht keine Veranlassung, das Jobportal zu wechseln und zu experimentieren.
“Mind the Gap”: Allerdings ist es für Personaler umso wichtiger, die Platzierung von Stellenanzeigen dort vorzunehmen, wo sich die richtigen – und zufriedenen – Kandidaten tummeln .
Wenn Sie der HR-Vorstand eines großen Versicherungskonzerns wären: Wie würden Sie die Recruiting-Strategie des Unternehmens ausrichten, um sich die besten Vertriebs-Talente zu sichern?
Gute Vertriebs-Talente wachsen nicht auf den Bäumen des Kölner Zoos. HR-Verantwortliche müssen deshalb auf der gesamten Klaviatur der Personalmaßnahmen spielen, um knappe und talentierte Vertriebsexperten zu gewinnen und zu binden. In erster Linie müssen die bereits getätigten Investitionen in das Human Capital gesichert werden, beispielsweise durch eine attraktive und kooperative Führungs- und Unternehmenskultur. Erfolgreiche Mitarbeiterbindung können Führungskräfte schnell an einer sinkenden Fluktuationsquote ablesen, aber auch Karrierechancen und Beförderungen dürfen nicht ausgeblendet werden.
Bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter ist Geduld erforderlich, eine mittelfristig angelegte Talent-Management-Strategie bietet hierzu die besten Chancen. Hier spielen das Employer Branding und attraktive Standortfaktoren eine wichtige Rolle.
Herr Kenk, wir danken Ihnen für das Gespräch!