Duale Studiengänge in Deutschland – eine überdenkenswerte Alternative für „sehr gute“ Abiturienten
Der duale Studiengang als alternatives Modell zum Studium oder der Ausbildung wird zunehmend beliebter bei Unternehmen und Abiturienten – dies belegen die Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung aus dem Zeitraum von 2006 bis 2011: Die Anzahl der dualen Studienangebote hat sich um mehr als 50 Prozent erhöht. Die Zahl der Studierenden erhöhte sich von rund 40.000 auf über 60.000 Personen. Die Anzahl der kooperierenden Firmen verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von 22 000 Unternehmen. Ein duales Studium wird in der Regel branchenübergreifend von mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen angeboten.
In den Bereichen Wirtschaft und Technik gibt es zahlreiche differenzierte duale Studiengänge. Für den Bereich Sozialwesen ist die Auswahl (noch) beschränkt. Das duale Studium führt meist in 6 Semestern zum Bachelor. Zurzeit gibt es noch wenige Studiengänge mit Master-Degree – beispielsweise mit den Abschlüssen Master in Business Management (M.A.), Governance Sozialer Arbeit (M.A.) oder Wirtschaftsingenieurwesen (M.Sc.) in Baden-Württemberg.
Für ein duales Studium bewirbt sich der Interessent direkt beim potentiellen Arbeitgeber. Dieser kooperiert fest mit einer akademischen Bildungseinrichtung – beispielsweise mit einer Berufsakademie (BA), Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) oder einer (Fach)hochschule. Einige Großunternehmen verfügen über firmeneigene universitäre Institutionen mit staatlich anerkanntem Studienabschluss. Auf Stellenportalen für den gehobenen Arbeitsmarkt wie beispielsweise Stepstone finden sich deutschlandweit Firmen, die ein duales Studium anbieten. Der Vorlaufzeitraum für eine Bewerbung beträgt in der Regel ein Jahr zum Sommer- oder Wintersemester. Potenzielle Bewerber sollten das dringend bedenken und sich daher langfristig auf die Bewerbung und das Bewerbungsverfahren einstellen.
Das duale Studium bietet drei Vorteile gegenüber einer Ausbildung oder einem Studium in Reinform:
- Die Studien- und Ausbildungsinhalte sind eng miteinander verklammert. Das duale Studium vermittelt fundiertes wissenschaftliches Rüstzeug. Die parallele Ausbildung in einem Unternehmen schafft Praxisnähe. Die Kombination beider Ausbildungsformen macht die Absolventen rasch vollumfänglich einsatzfähig am ersten Arbeitsplatz, da zeitintensive Einarbeitungszeiten stark reduziert werden können.
- Die Übernahmequote von Absolventen eines dualen Studiums ist hoch. Im auszubildenden Unternehmen eröffnet sich häufig ein direkter Berufseinstieg auf der Ebene des mittleren Managements.
- Studierende bekommen von dem Unternehmen, welches die Ausbildung übernimmt, eine Ausbildungsvergütung. Dies schafft einen zusätzlichen Anreiz zum Durchhalten.
Da ein Unternehmen in den Auszubildenden investiert, gibt es strenge Auswahlkriterien für die Bewerber. Gefordert ist meist ein überdurchschnittliches Abitur, konkret meint dies Noten im Einserbereich (aktuelle Zahlen aus 2014 sowie die Entwicklung der Abiturnoten seit 2006 kann in diesem Beitrag der FAZ nachgelesen werden)! Neben einer Höchstpunktezahl in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch kann sich der Bewerber profilieren, wenn er nachweisen kann, dass er bereits während der Schulzeit besondere Kompetenz in Wissensgebieten erworben hat, die für die Fachrichtung des gewählten Studiengangs von Bedeutung sind. Dies können beispielsweise zusätzlich erworbene Sprach-Zertifikate (TOEFL, Cambridge Certificate) oder eine erfolgreiche Teilnahme an Schülerwettbewerben wie „Jugend forscht“ oder „Jugend debattiert“ sein. Oft wird vom potentiellen Arbeitgeber für die Bewerbung nicht nur das Abiturzeugnis angefordert, sondern auch ältere Schulzeugnisse – mitunter ist sogar ein Blick auf den Mittleren Bildungsabschluss erwünscht. Hohe Fehlzeiten in der schulischen Vergangenheit, vor allem, wenn sie nicht mit Entschuldigungen belegt und im Bewerbungsgespräch schlüssig begründet werden können, erweisen sich dabei als K.O.-Kriterien.
Da die Anzahl der Bewerber für ein duales Studium die Anzahl der in Unternehmen verfügbaren Ausbildungsplätze weit übersteigt, werden in der Regel ergänzend zum Bewerbungsgespräch verschiedene psychologische Auswahltests zur Entscheidungsfindung herangezogen – beispielsweise Intelligenztests oder Konzentrations-Belastungs-Tests. Auch die Überprüfung der Allgemeinbildung mittels Multiple-Choice-Test oder einer moderierten Gruppendiskussion zwischen den Mitbewerbern sind üblich.